Deutschland

Vermummte greifen Rathaus in Berlin an - linksradikale Internet-Plattform berichtet live

Lesezeit: 2 min
23.01.2021 14:15  Aktualisiert: 23.01.2021 14:15
Vermummte sind ins Rathaus des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg eingedrungen. Die linksradikale Internet-Plattform „Indymedia“ berichtete live.
Vermummte greifen Rathaus in Berlin an - linksradikale Internet-Plattform berichtet live
Juli 2016 in Berlin: Linke und Linksextreme demonstrieren. In der Rigaer Straße werden Bengalische Feuer abgebrannt. (Foto: dpa)
Foto: Maurizio Gambarini

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Wie die „Berliner Morgenpost“ berichtet, überrannten am Freitagvormittag rund 10 bis 15 Männer und Frauen den Sicherheitsdienst und drangen bis vors Büro von Bau-Stadtrat Florian Schmidt (Grüne) vor. Weil der jedoch nicht anwesend war, hinterließen sie Flugblätter und bedrängten eine Angestellte. Bevor die Polizei eintraf, gelang den Verdächtigen die Flucht.

Pikant: Die eigentlich verbotene Internet-Plattform „Indymedia“ berichtete von dem Geschehen sozusagen live. Ein gestern um 11.51 Uhr veröffentlichter Text auf „de.Indymedia.org“ trägt den Titel: „Jetzt: Intervention im Rathaus Friedrichshain-Kreuzberg“. Im Text heißt es: „In diesem Moment verschaffen sich einige Menschen Zugang zum Rathaus Friedrichshain-Kreuzberg … .“

Weitere Passagen aus dem Text (Rechtschreibfehler nicht korrigiert):

  • „Eine Erklärung an Jene, die sich die Finger an uns verbrennen wollenund an Alle, die mit uns kämpfen werden.“
  • „Dies ist ein Aufruf, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass jederzeit der TagX eintreten kann.“
  • „Die Opposition, wie die Abgeordneten Wansner und Dregger von der Berliner CDU, sind einfache Feinde.“
  • „An ihrer Seite (die Berliner Regierungsparteien – Anm. d. Red.) stehen weite Teile der bürgerlichen Presse, allen voran der RBB, dessen Team einst die Feindschaft in der Rigaer Straße zu Massenmedien und ihrer Hetze zu spüren bekam, was das reaktionäre Treiben ihrerseits noch verstärkte.“
  • „Unsere Kämpfe hören nicht an diesen Haustüren auf und wir stehen mit jenen zusammen, die in dieser Stadt und überall auf der Welt gegen Staat und Kapital rebellieren und für eine solidarische und selbstorganisierte Welt kämpfen. Wir rufen unsere Freund*innen und Gefährt*innen deswegen dazu auf, sich bereitzuhalten, dass weitere Angriffe unserer Feinde auf die rebellischen Strukturen folgen werden, um diese entsprechend zu beantworten.“

Hintergrund: Es geht um das besetzte und festungsartig ausgebaute Haus in der Rigaer Straße 94, in dem Mitglieder eines „alternativen Wohnprojekts“ leben. Das Objekt wird vom Verfassungsschutz als Teil der linksradikalen Szene betrachtet. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Streit zwischen den Besetzern und den Behörden um den Brandschutz des Gebäudes gegeben. Bemerkenswert ist, dass der Zielperson der gestrigen Aktion, dem grünen Bau-Stadtrat Florian Schmidt, in der Vergangenheit von Teilen der Politik und Teilen der Presse immer wieder eine viel zu große Nähe zu den Autonomen vorgeworfen wurde. Der liberale „Tagesspiegel“ schreibt:

Es geht um Lebensgefahr bei Notfällen in dem Haus, aber auch Gefahren für die Nachbarhäuser, wenn es brennt, die Retter aber nicht in die Rigaer 94 hineinkommen. Doch ganz so eilig scheinen es die Beteiligten nun doch nicht zu haben.

Rückblick: Schmidt und Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann, die für die Grünen ins Abgeordnetenhaus strebt, haben über Jahre die Bauaufsicht des Bezirksamts daran gehindert, Hinweisen auf Brandschutzmängeln nachzugehen – obwohl es um Leib und Leben geht und die Bauaufsicht bei Gefahr zum Einschreiten gesetzlich gezwungen ist. Nachweislich wurde die Innenverwaltung über die Faktenlage getäuscht.“

Fakt ist, dass Teile der Berliner Politik und Verwaltung – vor allem in den Stadtteilen Friedrichshain-Kreuzberg sowie Neukölln – bekannt dafür sind, ein hohes Maß an Verständnis für autonome Subkulturen an den Tag zu legen und bei Gesetzesverstößen gerne mal ein Auge zuzudrücken. Bleibt abzuwarten, wie sich das Verhältnis zwischen den beiden Seiten nach den gestrigen Vorfällen weiter entwickelt.

Der Angriff aufs Rathaus war am gestrigen Freitag übrigens nicht der einzige Vorfall in Berlin, bei dem man von einem politischen Zusammenhang ausgehen darf. Laut einer Pressemitteilung der Berliner Polizei wurde der Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, als er um 3.30 Uhr in der Rigaer Straße aus seinem Privatwagen stieg, von einer fünfköpfigen Gruppe attackiert, mit einem Messer bedroht, in die Rippen getreten und mit einem Nothammer auf den Kopf geschlagen. Weiterhin raubten die Täter Handy, Jacke und Geldbörse des Mannes und zerstörten sein Auto.

Darüber hinaus schlugen unbekannte Täter laut der Berliner Grünen-Fraktionsvorsitzenden Antje Kapek die Scheiben Ihres Büros sowie der Büros der beiden grünen Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz sowie Daniel Wesener ein.

Die DWN haben in den vergangenen Wochen bereits mehrmals vor linksradikalen Aktionen gewarnt und darauf hingewiesen, dass der Staat und seine Institutionen vor der Gefahr die Augen verschließen.


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