Das internationale Währungssystem wurde in den vergangenen zwei Jahrhunderten nahezu durchgehend von einer einheitlichen Leitwährung dominiert. Bis zum Ersten Weltkrieg dominierte das Pfund Sterling. Die Phase zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg stellte einen Wettkampf zwischen dem Pfund Sterling und dem Dollar dar. Doch der Dollar konnte sich nach dem Zweiten Weltkrieg dank des Bretton-Woods-Abkommens (unterzeichnet am 27. Juli 1944) zur Schaffung eines internationalen Währungssystems mit dem Dollar als Leitwährung am Ende durchsetzen.
„Heute macht die Dominanz des Dollars die Vereinigten Staaten zum Bankier der Welt. Als solches genießt das Land nach den Worten von Valéry Giscard d'Estaing exorbitante Privilegien und trägt exorbitante Pflichten. Direkt oder indirekt ist es der herausragende Lieferant von sicheren und liquiden Vermögenswerten für den Rest der Welt, der Emittent der dominierenden Währung der Handelsrechnung, die stärkste Kraft in der globalen Geldpolitik und der Hauptkreditgeber der letzten Instanz“, so der IWF-Ökonom Emmanuel Farhi, der am 23. Juli 2020 verstarb. Wenige Stunden vor seinem Tod nahm er an einem Treffen der „Expertenkommission des französischen Präsidenten für die großen wirtschaftlichen Herausforderungen“ teil. Er hatte zuletzt als Berater für öffentliche Entscheidungsträger und französische Institutionen, für die Banque de France und weitere Notenbanken fungiert, berichtet der Ehrenvorsitzende der „Toulouse School of Economics“ (TSE), Jean Tirole.
Farhis war ein Verfechter eines multipolaren Währungssystems, ohne eine einzige Weltleitwährung. „Die Lehre für unsere Zeit ist, dass internationale Investoren mit dem Aufkommen von Konkurrenten zum Dollar einen Ort haben, an den sie gehen können, wenn sie sich entscheiden, den Dollar aufzugeben (…) Insgesamt wird es einige Zeit dauern, bis sich die Vorteile des Währungswettbewerbs bemerkbar machen. In der Zwischenzeit sollten sich Anleger auf eine möglicherweise ungeordnete Übergangsphase zu einem multipolaren internationalen Währungssystem vorbereiten“, so Farhi in seinem Artikel vom Juni 2019 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem multipolaren System“. Er propagierte einen baldigen Übergang zu einem neuen internationalen Währungssystem mit dem Euro und dem Renminbi als Konkurrenzwährungen zum Dollar.
Allerdings lag Farhis Vorschlag offenbar ein Wunschdenken zugrunde. Denn der Dollar ist aus nachvollziehbaren Gründen Leitwährung, was auch den Bankern bekannt ist. Die DZ Bank wörtlich: „Die Dominanz des US Dollar ist natürlich nicht grundlos entstanden. Die USA sind die weltgrößte Volkswirtschaft und der wichtigste Exportmarkt für fast alle Länder dieser Welt. Damit lässt sich auch die heimische Währung als Zahlungsmittel aufzwingen. Gleichzeitig hat die USA mit den US Staatsanleihen einen sicheren und fast unendlich tiefen Kapitalmarkt, der für alle Größenordnungen und Belange als Transaktionsplatz und auch als Sicherer Hafen dienen kann. Die Gefahr, dass die Vereinigten Staaten ihre Schulden nicht bedienen können, ist verschwindend gering, da sich die Regierung fast ausschließlich im US Dollar verschuldet. Für die EZB und die Regierungen im Euroraum ist dieses Übergewicht des US-Dollar natürlich ein strategischer Nachteil. Jedoch sprechen die Fakten weiterhin nicht dafür, dass der Euro in den nächsten Jahren deutlich an Bedeutung gewinnt. Alleine die Tatsache, dass es – aus guten Gründen – keine Euro-Anleihen gibt, setzt dem Euro als Reserve- und Leitwährung klare Grenzen. Wenig hilfreich ist zudem auch, dass der Euroraum am Weltmarkt ein Nettoexporteur ist. Auch wenn viele im Euroraum es sich anders wünschen: Die fundamentalen und systemischen Voraussetzungen für die Etablierung des Euro als Leitwährung fehlen und werden auch in den kommenden Jahren nicht vorhanden sein. Dies werden die USA weiterhin strategisch zu nutzen wissen, und in der restlichen Welt wird man sich – wie auch in den letzten Jahren – damit zu arrangieren haben.“
China fährt hingegen einen aggressiven Kurs gegen den Dollar. Es ist zwar richtig, dass die Bedeutung des Renminbi weltweit steigt. Allerdings zu langsam, „um dem Dollar als Leitwährung gefährlich zu werden. Laut dem Internationalen Währungsfonds ist der Anteil der auch als Renminbi (RMB) bekannten Währung in den weltweiten Reserven seit 2016 nur von ein auf zwei Prozent gestiegen. In Peking versucht man nun, mit Bau-Initiativen dem Yuan einen ,Weg in die globalen Handelsverträge‘ zu ebnen.“
Viel wahrscheinlicher ist das Eintreten eines anderen Szenarios. Nach der Corona-Krise könnte der digitale „IMF Coin“ die neue Leitwährung der kommenden Epoche werden. Der „IMF Coin“ wird voraussichtlich an den US-Dollar gekoppelt sein, der durch Gold gedeckt sein könnte. Doch um dieses Ziel zu erreichen, muss zunächst das weltweite Fiat-Geld in Form von Krediten vernichtet werden, heißt es in einer umfangreichen Analyse der Deutschen Wirtschaftsnachrichten (Mehr HIER).
In einer wichtigen Erklärung hatte die IWF-Chefin Georgieva im Oktober 2020 mitgeteilt: „Heute stehen wir vor einem neuen Bretton Woods-Moment“.