Wirtschaft

Arktische Kältewelle: Der Bau fällt als Konjunkturtreiber aus

Die anhaltend kalten Temperaturen haben die Arbeit auf vielen Baustellen zum Erliegen gebracht. Ökonomen blicken skeptisch auf das erste Quartal.
08.02.2021 14:41
Aktualisiert: 08.02.2021 14:41
Lesezeit: 2 min

Schnee, Eis und Frost drohen der von der Corona-Pandemie ohnehin gebeutelten deutschen Wirtschaft zuzusetzen. Mit dem Wintereinbruch steige die Gefahr eines Konjunktureinbruchs im laufenden ersten Quartal, da nun auch die besonders betroffene Baubranche als Stütze ausfallen dürfte, sagen Chefvolkswirte voraus. "Die Wetterkapriolen werden jetzt den Bausektor mindestens im Februar fast zum Erliegen bringen", sagte ING-Chefökonom Carsten Brzeski am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. "Mit Lockdowns, chinesischem Neujahr und dem Winterwetter wird die deutsche Wirtschaft einem Wachstumseinbruch nicht noch mal entkommen können." Im Schlussquartal 2020 war sie überraschend um 0,1 Prozent gewachsen, weil höhere Bauinvestitionen zusammen mit steigenden Exporten den Corona-bedingten Konsumeinbruch wettmachten.

Ähnlich beurteilen das die Experten der Berenberg Bank. Grob geschätzt könne der Wintereinbruch das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Quartal um bis zu 0,2 Prozent vermindern, sagte Chefvolkswirt Holger Schmieding. "Aber noch ist es etwas früh, sich dort auf präzise Zahlen festzulegen", sagte der Konjunkturexperte. "Sollte der Winter auch in der zweiten Hälfte Februar ähnlich frostig sein, könnte der Effekt etwas größer ausfallen." Allerdings könnten solche Verluste anschließend innerhalb weniger Monate wieder aufgeholt werden.

Auf dem Bau ruht die Arbeit

"Viele Baustellen sind aktuell stillgelegt", sagte Heinreich Weitz, beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) verantwortlich für volkswirtschaftliche Grundsatzfragen. Unter den frostigen Temperaturen im teils zweistelligen Minusbereich leidet vor allem der Tiefbau. "Beton gießen oder Asphalt aufbringen – das geht bei den Temperaturen nicht", sagte Weitz. "Auch das Ausheben von gefrorener Erdschicht ist kaum möglich, ebenso das Mauern." Der Innenausbau könnte hingegen fortgesetzt werden - besonders an Gebäuden, in denen schon Fenster eingesetzt worden seien.

Bereits im Januar klagte jedes zweite Unternehmen des Bauhauptgewerbes über witterungsbedingte Beeinträchtigungen. Ein Jahr zuvor waren es lediglich 27 Prozent. "Der Wert dürfte mit dem Kälteeinbruch im Februar noch einmal deutlich gestiegen sein", sagte Weitz. Im ersten Quartal dürfte die Bauproduktion daher unter den Witterungsbedingungen leiden. "Aber die ausgefallene Produktion kann im Frühjahr und Sommer nachgeholt werden", sagte der Experte. "Wir rechnen nach wie vor mit einer Stagnation der Bauproduktion im Gesamtjahr 2021, nachdem es 2020 trotz Corona ein ordentliches Plus gegeben hat."

Optimistisch ist der HDB auch deshalb, weil einige Regionen aktuell vom Frost nicht betroffen sind. "In Bayern und Baden-Württemberg etwa sind die Temperaturen ja deutlich milder", sagte Weitz. "Die Wetterscheide zieht sich quer durch Deutschland."

Es bleibt eiskalt

Schnee und Eis haben auch zum Wochenanfang Auto- und Bahnfahrern in weiten Teilen Deutschlands das Leben schwer gemacht - und in den nächsten Tagen bleibt es eisig. In immer weniger Regionen wird es zumindest tagsüber frostfrei sein, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Montag vorhersagte.

Demnach klettern die Temperaturen an diesem Dienstag nur noch südlich der Donau über die Null-Grad-Marke. Ab Donnerstag sollen die Höchstwerte dann in ganz Deutschland "im Eisfach-Bereich" von minus 1 bis minus 9 Grad verharren, wie DWD-Meteorologe Martin Jonas ankündigte. Wer mit dem Auto unterwegs ist, sollte sich also weiterhin auf rutschige Straßen gefasst machen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Einzelhandel Insolvenzen: Wie sich die Branche gegen den Niedergang stemmt
05.12.2025

Der Einzelhandel rutscht tiefer in die Krise, während Traditionsmarken reihenweise fallen. Trotz leicht verbesserter Konjunkturdaten...

DWN
Politik
Politik Europa prüft Alternativen für Ukraine-Finanzierung: Umgang mit russischem Vermögen bleibt offen
05.12.2025

Europa ringt um einen verlässlichen finanziellen Rahmen für die Ukraine, während politische Verzögerungen den bisherigen Ansatz ins...

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: Positiver Analystenkommentar von JPMorgan und Silberstreifen am Cloud-Horizont
04.12.2025

SAP und Salesforce senden an den Börsen neue Signale: Während JPMorgan der SAP-Aktie frische Impulse zuschreibt, ringen Anleger bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Schott Pharma-Aktie: Zähe Nachfrage nach Glasspritzen – Pharmazulieferer Schott Pharma schaut vorsichtig auf 2026
04.12.2025

Die Schott Pharma-Aktie ist am Donnerstag nachbörslich unter Druck geraten, Anleger beäugen den Ausblick des Mainzer Pharmazulieferers...

DWN
Politik
Politik Die EZB blockiert: Streit um EU-Pläne für eingefrorene russische Vermögenswerte
04.12.2025

Die EU ringt um einen Weg, die finanziellen Belastungen des Ukrainekriegs abzufedern, doch zentrale Institutionen setzen klare Grenzen. Wie...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Moskau: Trump-Gesandte führen Gespräche mit Putin
04.12.2025

Die Gespräche zwischen Washington und Moskau rücken die Suche nach einer realistischen Friedenslösung wieder in den Mittelpunkt der...

DWN
Politik
Politik EU Ermittlungen: Staatsanwaltschaft nimmt Büros von Kaja Kallas ins Visier
04.12.2025

Die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft rücken den Umgang mit sensiblen EU-Mitteln und institutionellen Abläufen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic Probleme: Kundenfrust wächst trotz neuer Produkte
04.12.2025

Trade Republic wirbt mit Innovationen, doch viele Kunden erleben etwas anderes. Die Beschwerden zu Ausfällen, Support und Handelbarkeit...