Die in der Eurozone zirkulierende Geldmenge ist auch im Januar weiter deutlich angestiegen. Wie aus jüngst veröffentlichten Daten der Europäischen Zentralbank hervorgeht, stieg die breit gefasste Geldmenge M3 zwischen Dezember und Januar um 12,5 Prozent an. Bereits im Dezember war sie gegenüber November um 12,4 Prozent angestiegen. Bei der Geldmenge M3 handelt es sich praktisch um das gesamte Gelduniversum von den liquiden (Bargeld, Sichteinlagen ) bis zu den langfristig gebundenen Geldern (Termin- und Spareinlagen, Geldmarktfonds und Bankschuldverschreibungen usw.).
Der starke Anstieg ist mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte bemerkenswert. Nur einmal, im November 2007, gab es mit damals 12,6 Prozent einen stärkeren monatlichen Anstieg der Geldmenge M3.
Der jüngste starke Anstieg der umlaufenden Geldmenge begann im März 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie, als die Zuwachsraten von einem Niveau von etwa 5 Prozent schnell in den zweistelligen Prozentbereich stiegen. In den Jahren davor lagen die Steigungsraten der umlaufenden Geldmenge seit etwa Herbst 2014 bei 3 bis 5 Prozent pro Monat, in der Phase zwischen Herbst 2009 und Herbst 2014 sogar nur bei meist 1 oder 2 Prozent, wie aus detaillierten Datensätzen der EZB hervorgeht.
Das Volumen der Kreditvergabe der Geschäftsbanken an die privaten Haushalte wuchs im Januar um 3 Prozent. Das Wachstum der Kreditvergabe an Unternehmen legte um 7 Prozent zu.
Bargeld boomt
Den stärksten Anstieg registrierte die EZB wie auch schon in den vergangenen Monaten bei der Geldmenge M1. Diese ist eine Teilmenge von M3 und bildet die zirkulierenden Bestände von Bargeld sowie von schnell verfügbarem Tagesgeld ab. Hier gab es im Januar einen Anstieg von 16,4 Prozent nach 15,6 Prozent im Dezember 2020.
Die Nachfrage nach Münzen und Scheinen sowie nach Tagesgeld scheint seit Ausbruch der Pandemie enorm hoch zu sein.
Schaut man sich die detaillierten Zahlenreihen zur Geldmenge M1 an, stellt man fest, dass lange Zeit der Januar 1999 mit einem Zuwachs von 14,7 Prozent Rekordhalter beim monatlichen Wachstum war. Sowohl der Dezember als auch der Januar übertrafen diese Hürde mit 15,6 Prozent und 16,4 Prozent nun deutlich.
Grafik: Entwicklung der Geldmengen M1 und M3 (Quelle: Europäische Zentralbank)
Folgt die Inflation der Geldmenge?
Ein Treiber der Entwicklung ist die seit Langem extrem lockeren Geldpolitik der EZB, welche unter anderem durch Käufe von Staatsanleihen seit Jahren Liquidität ins Bankensystem spült. Zudem erhalten die Banken des Euroraums extrem günstige Langfristkredite (TLTROs), welche in letzter Instanz Notkredite darstellen.
Dazu schreibt die Wirtschaftswoche: „Die Anleihen wandern also vom Staat über die Banken in die Bilanz der EZB. Im Gegenzug fließt frisch gedrucktes Geld der EZB über die Banken an den Staat. Der reicht es in Form von Transferzahlungen, Überbrückungshilfen, Subventionen und Unternehmensbeteiligungen an Unternehmen und Bürger weiter. Entsprechend kräftig sind die Sichteinlagen der Privaten bei den Banken gewachsen, im Januar lag die Rate bei mehr als 17 Prozent. Die Kredite der Banken an den Staat – im Januar legten sie um 23 Prozent zu – trugen so 8,3 Prozentpunkte zum Wachstum von M3 bei. Im Kern finanziert die EZB also die Corona-Rettungspakete mit der Notenpresse, auch wenn die EU-Verträge dies verbieten.“
Bislang hatte sich das von der EZB und anderen Zentralbanken aus dem Nichts geschaffene Geld hauptsächlich im Finanzcasino der Börsen-, Anleihe- und Derivatemärkte niedergeschlagen und dort für Rekordbewertungen gesorgt. Seitdem jedoch die Rohstoffpreise stark angezogen haben, dürfte auch die Inflation in der Realwirtschaft deutlich steigen.
Das starke Wachstum der liquiden Geldmenge M1 kann vor diesem Hintergrund als Indiz dafür gelten, dass die Geldvolumen langsam in die Realwirtschaft einsickern. Andererseits dürfte der deutlich gestiegene Bargeldumlauf auch dem Umstand geschuldet sein, dass viele Bürger Bargeld als Krisenschutz horten, welches per definitionem nicht in den Wirtschaftskreislauf gelangt.
Wie auch immer, die EZB hatte schon vor Monaten klargestellt, dass sie künftig eine über der Zielmarke von 2 Prozent liegende Inflation für eine nicht näher definierte „längere Zeit“ tolerieren werde. Zudem sind die gigantischen Schuldenberge, welche Staaten, Unternehmen und Haushalte seit der Finanzkrise von 2008 aufgenommen hatten, nur noch mithilfe der Inflationierung – also der Entwertung der Verbindlichkeiten durch Kaufkraftverlust der Währungen – einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen.