Politik

Papst Franziskus landet in Bagdad, beginnt historische Reise durch den Irak

Als erster Papst überhaupt besucht Franziskus den Irak. Die viertägige Reise durch das von Krieg und Krisen gebeutelte Land hat es in sich.
05.03.2021 14:53
Aktualisiert: 05.03.2021 14:53
Lesezeit: 2 min

Mit einem historischen Besuch im Irak hat Papst Franziskus langjährige Hoffnungen der leidgeprüften Christen des Landes erfüllt. Zum Auftakt seiner viertägigen Reise rief der 84-Jährige Iraks Führung am Freitag auf, allen religiösen Gruppen Rechte und Schutz zu gewähren. Es ist der erste Besuch eines Oberhaupts der katholischen Kirche im Irak.

Franziskus erklärte bei einem Empfang mit Staatschef Barham Salih im Präsidentenpalast, es sei von entscheidender Notwendigkeit, alle politischen, sozialen und religiösen Gruppen zu beteiligen und die Grundrechte aller Bürger zu garantieren. «Niemand darf als Bürger zweiter Klasse angesehen werden», erklärte er. Zugleich forderte eine Ende der Gewalt. «Die Waffen sollen schweigen», rief er. Blick auf die Corona-Pandemie mahnte er, diese Krise sei vor allem ein Aufruf, «unsere Lebensstile, den Sinn unserer Existenz zu überdenken».

Franziskus war nach der Landung am Flughafen von Regierungschef Mustafa al-Kasimi empfangen sowie mit Musik und traditionellen irakischen Tänzen begrüßt worden. Kirchen des Landes ließen zur Ankunft ihre Glocken läuten. Außerhalb des Flughafens versammelten sich Gläubige und schwenkten Fahnen des Irak. Viele Menschen standen trotz der Corona-Pandemie dicht gedrängt.

Der Besuch wird begleitet von scharfen Sicherheitsmaßnahmen. So wurden in Bagdad zahlreiche zusätzliche Kontrollpunkte errichtet. Wegen einer dreitägigen vollständigen Ausgangssperre waren die Straßen der Hauptstadt am Freitag weitestgehend menschenleer.

Die immer wieder verfolgte christliche Gemeinde in dem überwiegend muslimischen Land ist in den vergangenen Jahrzehnten stark geschrumpft. Vor allem in den von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kontrollierten Gebieten litten die Christen und andere religiöse Minderheiten. Einst lebten mehr als eine Millionen Christen im Irak. Heute sind es nach Schätzungen noch 250 000 bis 400 000.

In den letzten Jahrzehnten habe der Irak «unter den Katastrophen der Kriege, der Geißel des Terrorismus und konfessionellen Konflikten gelitten», sagte Franziskus. «All das hat zu Tod, Zerstörung und Trümmern geführt, die immer noch sichtbar sind.» Besonders seien die Jesiden zu nennen. Die religiöse Minderheit war vor allem von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) massiv verfolgt worden.

Staatschef Salih sagte, die Reise sei Beweis für die Sorge des Papstes um das Land. «Ihre Anwesenheit erfüllt die Iraker mit Stolz.» Christen in der Region hätten viel Leid erfahren und Krisen erlebt, die sie zur Auswanderung gezwungen haben, erklärte er weiter. Ohne Christen sei die Region aber nicht vorstellbar. Ein Erfolg werde sich erst dann einstellen, wenn eine Rückwanderung ohne Zwang beginne.

Franziskus erklärte, er sei dankbar, dass dieser lang erwartete und ersehnte Besuch möglich sei. Zugleich appellierte er an die Gemeinsamkeit der Religionen. «Gott lasse uns als Brüder und Schwestern gemeinsam unterwegs sein», sagte er.

Später am Freitag stand für den Papst ein Besuch der Bagdader Kathedrale Sajjidat-al-Nadscha («Unserer Lieben Frau der Erlösung») auf dem Programm. Die Kirche war 2010 Ziel eines blutigen Angriffs des Terrornetzwerks Al-Kaida. Damals wurden mindestens 50 Gläubige getötet.

Im Mittelpunkt der Reise steht für den Papst der interreligiöse Dialog. Er will bis Montag unterschiedliche Landesteile bereisen. Gespannt blicken viele auf das Treffen am Samstag mit dem wichtigsten schiitischen Geistlichen des Landes, Großajatollah Ali al-Sistani. Am Sonntag reist er zu Gemeinden in die nordirakischen Städte Mossul und Karakosch. Der Papst hatte 2019 die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) besucht und dabei auch den hohen religiösen Vertreter des sunnitischen Islam, Großimam Ahmed al-Tajjib, getroffen.

Franziskus besucht den Irak in einer Zeit, in der sich die Corona-Pandemie wieder verschlimmert. In dieser Woche war die Zahl der täglichen Neuinfektionen weiter gestiegen. Der Irak gehört zu den Länder der Region, die am stärkten von der Pandemie getroffen werden. Auch die Sicherheitslage hatte sich zuletzt wieder verschärft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...