Finanzen

Milliarden werden zurückgehalten: EU-Staaten üben Verrat am Mittelstand

Über den Europäischen Garantiefonds sollten kleine und mittlere Unternehmen Finanzhilfen bekommen. Sollten ...
10.03.2021 14:47
Lesezeit: 1 min
Milliarden werden zurückgehalten: EU-Staaten üben Verrat am Mittelstand
Schon Dagobert Duck war geizig. (Foto: dpa) Foto: Boris Roessler

Der zu Beginn der Corona-Krise vereinbarte „Europäische Garantiefonds“ für kleine und mittlere Unternehmen hat bisher nur wenig geholfen. Bis zu 200 Milliarden Euro sollte das Instrument mobilisieren, doch wurde bis Ende Januar nur ein Finanzierungsvertrag über 100 Millionen Euro gezeichnet. Das sei die neueste verfügbare Zahl, so die Europäische Investitionsbank EIB.

Hintergrund sind monatelange Verzögerungen bei der Gründung des neuen Fonds, der im April 2020 als Teil eines 540-Milliarden-Pakets von den EU-Staaten verabredet worden war. Die Idee war, dass die EU-Staaten den Garantiefonds mit 25 Milliarden Euro bestücken und dass die EIB damit Unternehmenskredite absichert - vor allem für den Mittelstand. So sollten bis zu 200 Milliarden Euro an Liquidität mobilisiert werden. „Rasch geeignete Hilfe“, versprach EIB-Präsident Werner Hoyer im Mai 2020.

Doch dauerte es nach Angaben der EIB bis Juli, bis ausreichend Kapital durch die nötige Zahl von Mitgliedsstaaten gezeichnet war. Anschließend verzögerte sich die beihilferechtliche Freigabe durch die EU-Kommission, weil Anträge einiger beteiligter EU-Staaten fehlten. Deutschland lieferte dieses Papier nach Angaben der EU-Kommission erst am 20. November. Am 14. Dezember erteilte die Brüsseler Behörde die letzte Genehmigung.

Erst danach konnte die EIB Finanzierungsverträge abschließen. Projekte bewilligte das zuständige Gremium allerdings bereits seit Oktober - bis Ende Januar waren es nach EIB-Angaben Vorhaben für 6,3 Milliarden Euro. Durch die vom Fonds abgesicherten Kredite erhofft man sich Investitionen für insgesamt 50,6 Milliarden Euro. Diese «Hebelung» entsteht, wenn private oder andere öffentliche Geldgeber mit einsteigen.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber kritisierte den langen Vorlauf. «Die Mitgliedstaaten zeigen gern mit dem Finger auf Brüssel, wenn ein Projekt nicht vorangeht», so der Finanzfachmann. «Bei den EIB-Coronahilfen wäre schnelle Abhilfe möglich gewesen, wenn einige Mitgliedstaaten sich nicht wochenlang Zeit gelassen hätten, um ein Dokument zu unterzeichnen. Die Mitgliedstaaten lassen die betroffenen Unternehmen hier komplett im Regen stehen.»

Das 540-Milliarden-Paket vom April 2020 hatte noch zwei weitere Elemente: Das Programm „Sure“ sollte mit bis zu 100 Milliarden Euro helfen, Kurzarbeitergeld in den EU-Staaten zu finanzieren. Die Summe bei „Sure“ ist inzwischen nach Angaben der EU-Kommission weitgehend ausgeschöpft. Gar nicht genutzt wurde hingegen die damals eingerichtete Corona-Kreditlinie beim Eurorettungsfonds ESM. Bis zu 240 Milliarden Euro stehen als Kredit für Gesundheitskosten zur Verfügung. Es sei noch kein Antrag gestellt worden, bestätigte der ESM jetzt auf Anfrage.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Steuern, Deutschlandticket, Musterung – die Änderungen 2026 im Überblick
27.12.2025

2026 bringt spürbare Änderungen bei Lohn, Rente, Steuern und Alltag. Manche Neuerungen entlasten, andere verteuern Mobilität oder...

DWN
Panorama
Panorama Keine Monster, keine Aliens: Prophezeiungen für 2025 erneut widerlegt
27.12.2025

Düstere Visionen und spektakuläre Vorhersagen sorgen jedes Jahr für Schlagzeilen – doch mit der Realität haben sie meist wenig zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen E-Mail-Betrug im Mittelstand: Die unterschätzte Gefahr im Posteingang – und welche Maßnahmen schützen
27.12.2025

E-Mail-Betrug verursacht im Mittelstand mehr Schäden als Ransomware. Stoïk, ein auf Cybersecurity spezialisiertes Unternehmen, zeigt,...

DWN
Technologie
Technologie China überholt Europa: Wie europäische Energieprojekte den Aufstieg befeuerten
27.12.2025

Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zum Aufbau der chinesischen Industrie beigetragen, ohne die langfristigen Folgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hoffnung auf den Aufschwung: Kann 2026 die Wirtschaftswende bringen?
27.12.2025

Nach mehreren Jahren der Stagnation und anhaltend schlechter Stimmung in vielen Branchen richtet sich der Blick der deutschen Wirtschaft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelspolitik ist von Unsicherheit geprägt: Experten erwarten weniger Investitionen
27.12.2025

Die Unsicherheiten in der Handelspolitik lassen die Investitionen schrumpfen und führen zu Wachstumsverlusten. Zölle schaden der...

DWN
Finanzen
Finanzen KI-Blase: Warum der Hype um die Nvidia und Co. gefährlich werden könnte
27.12.2025

Die weltweite Euphorie rund um künstliche Intelligenz treibt Aktien wie Nvidia und Microsoft in immer neue Höhen und heizt die Diskussion...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflationskrise USA: Warum 2026 zum gefährlichsten Jahr werden könnte
26.12.2025

Die Warnung eines führenden Ökonomen zeichnet ein düsteres Bild für die USA. Die Rückkehr einer hartnäckigen Inflationswelle könnte...