Unternehmen

Corona-Schub bleibt aus: Mittelstand hinkt bei der Digitalisierung weiterhin hinterher

Viele hatten gehofft, dass die Pandemie endlich die notwendige Digitalisierung des Mittelstandes vorantreibt. Doch ist dies nur eine Hoffnung geblieben, wie aus dem aktuellen KfW-Digitalisierungs-Barometer hervorgeht.
18.03.2021 17:01
Lesezeit: 2 min

Die Corona-Pandemie hat im vergangenen Jahr zwar einen kleinen Schub bei der Digitalisierung im deutschen Mittelstand ausgelöst. Doch dürfte diese Bewegung nicht von Dauer sein. Darüber hinaus werden die deutschen Unternehmen damit kaum ihren Rückstand aufholen, den sie im internationalen Wettbewerb mit der ausländischen Konkurrenz haben. Vielleicht droht sogar eine Spaltung des Mittelstandes.

Das sind wesentliche Kernaussagen, die sich aus dem aktuellen KfW-Digitalisierungsbarometer ergeben.

Bis Januar 2021 hat jedes dritte kleine und mittlere Unternehmen seine Digitalisierung ausgeweitet (33 Prozent). Wie die Förderbank berichtet, waren Digitalisierungsmaßnahmen ein wichtiges Hilfsmittel, die negativen Auswirkungen der Corona-Krise zu bewältigen. Dies lässt sich daran ablesen, dass vor allem Unternehmen, die spürbar – aber nicht existenziell – von der Krise betroffen sind (41 Prozent) und mit einer langen Krisendauer rechnen (39 Prozent) ihre Digitalisierungsanstrengungen ausgeweitet haben.

Ein Drittel der Firmen macht gar nichts, und strategisch bedeutsame Projekte werden verschoben

Diese Nachricht ist jedoch nur vordergründig eine gute, denn sie bedeutet zugleich, dass es sich bei den durchgeführten Vorhaben um schnell umsetzbare und kurzfristig wirksame Projekte handelt. Dagegen ist davon auszugehen, dass langfristige und strategisch bedeutsame Vorhaben aufgrund der angespannten finanziellen Lage häufiger zurückgestellt wurden. Und: Ebenfalls ein Drittel (33 Prozent) der Mittelständler hierzulande hat 2020 unverändert keine Digitalisierungsmaßnahmen durchgeführt. Auch das zeigt, dass die Digitalisierung während der Corona-Pandemie kein Selbstläufer ist.

Die Ergebnisse der aktuellen Analyse von KfW Research geben somit wenig Anlass zur Hoffnung, dass die deutsche Wirtschaft perspektivisch bei der Digitalisierung gegenüber ihren internationalen Wettbewerbern aufholt. Aktuell erreicht Deutschland bei der Verbreitung digitaler Technik in der Wirtschaft im internationalen Vergleich allenfalls einen Platz im Mittelfeld.

Zuletzt hatten in den Jahren vor Corona die Digitalisierungsanstrengungen im Mittelstand hierzulande abgenommen, wie die repräsentative Analyse von KfW Research auf Basis des KfW-Mittelstandspanels belegt: In den Jahren 2017 bis 2019 setzten nur noch drei von zehn mittelständischen Unternehmen ein Digitalisierungsvorhaben um (minus zehn Prozentpunkte gegenüber der Vorperiode 2016 bis 2018). Die Anzahl der Mittelständler mit abgeschlossenen Digitalisierungsvorhaben nahm um 380.000 auf gut 1,1 Millionen Unternehmen ab.

Im Corona-Jahr 2020 haben nun vor allem große Mittelständler (50 und mehr Beschäftigte) mit einem Anteil von 58 Prozent ihre Digitalisierungsanstrengungen ausgeweitet. Unter den kleinen Unternehmen (unter fünf Beschäftigten) beträgt dieser Wert dagegen nur 32 Prozent. Besonders aktiv sind darüber hinaus die Mittelständler, die Forschung und Entwicklung betreiben - und zwar haben hier 54 Prozent ihre Aktivitäten vergrößert. Setzen sich diese Trends fort droht eine Spaltung des Mittelstands.

„Die Digitalisierung ist ein Hoffnungsträger für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in breiten Teilen der Wirtschaft und für das Wiederanspringen der Produktivitätsentwicklung. Für den Mittelstand gilt es, mit dem erwarteten Abflauen der Krise im weiteren Verlauf dieses Jahres das Momentum bei der Digitalisierung weiterzuführen und über Homeoffice und Videokonferenzen als neue Errungenschaften hinauszugehen“, sagt Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. Die Firmen müssten nun strategische Digitalisierungsvorhaben angehen und diejenigen Eigenschaften, die sich in der Krise als vorteilhaft erwiesen haben – wie Flexibilität, Initiative und Unternehmergeist – auch langfristig sichern und weiterentwickeln. Dies dürfe vielen Unternehmen schwerfallen.

„Die angespannte Liquiditätslage und der im Verlauf der Krise gestiegene Verschuldungsgrad dürfte die Durchführung entsprechender Projekte im Nachgang der Krise erschweren. Zudem ist durch die Pandemie bei vielen Unternehmen sicherlich auch der Wunsch nach Erhöhung der Krisenfestigkeit gestiegen. Um diesem Zielkonflikt aus Krisenresilienz und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit entgegenzusteuern, sind nun Investitionsanreize für die digitale Transformation und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen nötig. So kann es gelingen, die notwendige Transformation hin zur Digitalisierung zu bewerkstelligen, international den Anschluss zu behalten und die Wachstumschancen zu nutzen", erklärte Köhler-Geib.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin 2026: Droht der nächste Crash oder ein neuer Reifegrad des Marktes?

Wie sich Bitcoin im Jahr 2026 verhalten wird, lässt sich nicht eindeutig voraussagen. Was sich jedoch belastbar analysieren lässt, sind...

 

 

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...

DWN
Finanzen
Finanzen KGHM-Aktie aktuell: Warum der Kupfer-Boom jetzt zur globalen Gefahr wird
16.12.2025

Die Kupferpreise steigen schneller als jede Prognose und die KGHM-Aktie jagt von Rekordhoch zu Rekordhoch. Doch Analysten preisen nun...

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten für Ukraine? Europäer bieten Schutztruppe an
16.12.2025

Eine Schutztruppe für die Ukraine? Bundeskanzler Merz und europäische Staatschefs haben einen Plan vorgestellt. Doch wie reagieren die...

DWN
Politik
Politik Bundestag Offline: Internet-Ausfall im Bundestag - kein russischer Cyberangriff
16.12.2025

Das Computernetzwerk des Deutschen Bundestags war flächendeckend ausgefallen. Da das Problem ungefähr zeitgleich mit dem Besuch des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rückstand bei Bezahlung: Frauen verdienen weiterhin weniger als Männer
16.12.2025

Hartnäckig hält sich der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. Nur ein Teil der Lohnlücke ist erklärbar.