Das Volumen an geliehenem Geld, mit dem Anleger Aktien kaufen, hat im Februar den höchsten jemals von der US-amerikanischen Aufsichtsorganisation FINRA registrierten Umfang erreicht.
Wie aus FINRA-Dokumenten hervorgeht, beliefen sich die Ausleihungen auf mehr als 813 Milliarden Dollar. Ein Jahr zuvor, im Februar 2020, hatten die Schulden noch 545 Milliarden Dollar betragen.
Bei diesen Ausleihungen („Margin Debt“) handelt es sich um Schulden, welche Investoren bei Brokern aufnehmen und die sie mit dem Wert ihres gegenwärtigen Aktien-Portfolios teilweise absichern. Steigen die Preise am Aktienmarkt, wird das Portfolio wertvoller und der Anleger kann noch mehr Geld gegen sein Portfolio beim Broker aufnehmen. Kommt es hingegen zu einem Einbruch am Markt , kann es geschehen, dass der Anleger vom Broker aufgefordert wird, Geld nachzuschießen, weil der Wert des Portfolios die vom Broker geforderte Absicherungssumme unterschreitet. Der Anleger muss in einem solchen Fall Aktien verkaufen, um das verlangte Geld bereitstellen zu können. Er verkauft also in einen ohnehin fallenden Markt und verstärkt dadurch den Verkaufsdruck weiter.
Zu bedenken ist, dass das von der FINRA überblickte Segment der Ausleihungen nur einen Bruchteil der weltweiten Margin Debt-Bestände abbildet. Deutliche Tendenzen bei den FINRA-Datensätzen gelten aber als Indikator für die Entwicklungen am globalen Gesamtmarkt.
Margin Debt ist nicht günstig
Zu bedenken ist weiterhin, dass die Broker hohe Zinsen auf die Ausleihungen veranschlagen. Wie der auf Finanzthemen spezialisierte Blog Wolfstreet berichtet, sind insbesondere geringe Summen teuer.
So berechne der Broker Fidelity seinen Kunden für Ausleihungen unter 25.000 Dollar 8,325 Prozent Zinsen, bei Schulden zwischen 50.000 und 99.999 Dollar sinken die Kosten auf 6,875 Prozent. Bei Ausleihungen von einer Million Dollar oder mehr sinkt der Zinssatz auf 4 Prozent. Die Großbank Morgan Stanley veranschlagt 7,75 Prozent für Ausleihungen unter 100.000 Dollar und 3,375 Prozent für Schulden über 50 Millionen Dollar.
„Der historische Anstieg der Margin-Schulden in den vergangenen Monaten ist nur ein weiterer Indikator dafür, wie hyper-spekulativ und unbedacht die Mega-Blase geworden ist. Allerlei neue Theorien werden derzeit ins Feld geführt um zu erklären, warum Fundamentaldaten und Bewertungen bedeutungslos geworden seien und warum die Preise aller Wertpapieren zum Mond steigen werden, egal was passiert“ resümiert Wolfstreet.
Funktion als Krisen-Indikator umstritten
Umstritten ist, inwieweit Höchststände beim Margin Debt als Indikator bevorstehender Bärenmärkte dienen können. Wahrscheinlich besteht eine gewisse Korrelation, aber eine direkte Signalwirkung oder sogar zeitliche Voraussagen lassen die Ausleihungen nicht zu.
Dem Hedgefondsmanager Michael Burry zufolge werden Umschwünge im Aktienmarkt für gewöhnlich von Höchstständen bei den Ausleihungen angezeigt – so etwa im Jahr 2000 und im Jahr 2008. Burry kritisierte zuletzt in einem Twitter-Tweet, dass das Problem in den vergangenen Monaten von zwei weiteren Faktoren verschärft worden sei: dem steigenden Anteil an Investoren, den unerfahrene Hobby-Anleger im Markt repräsentieren sowie von der steigenden Bedeutung passiver Index-Fonds, welche ohne genaue Prüfung der Unternehmen und ihrer Geschäftsmodelle die Portfolien ihrer Kunden eins zu eins an der Gesamtzusammensetzung von Aktienindizes orientieren – und dadurch mit der Zeit zu einer sich selbst verstärkenden Hausse am Markt beitragen. Verschleiert werde die Situation zudem noch durch Optionsgeschäfte auf Aktien, welche ihrerseits wiederum massiv auf Pump betrieben werden, zitiert das Portal Money & Markets Burry.