Deutschland

Pandemie und Einsamkeit: Auslastung in Jugend-Psychiatrien explodiert

Die Pandemie legt Defizite offen, die zuvor bekannt gewesen sind. Die Familien sind nicht mehr intakt und die Menschen in Wirklichkeit einsam. Das Ergebnis: Psychiatrien erleben einen großen Zustrom von Kindern und Jugendlichen.
05.04.2021 12:45
Aktualisiert: 05.04.2021 12:45
Lesezeit: 1 min

Paul Plener, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Wiener Universitätsklinik, sagt in einem aktuellen Interview mit der „Zeit“: „In den Kinder- und Jugendpsychiatrien hat sich bereits Anfang des Jahres gezeigt, dass die schweren psychiatrischen Symptome angestiegen sind. Im Jänner waren wir im AKH Wien, aber auch in vielen anderen Kliniken deutlich überbelegt.“

Auf die Frage, ob Jugendliche abgewiesen wurden, weil die Psychiatrie überbelegt war, sagte Plener: „Ja. Es kam zu einer Art Triage – nicht nur bei uns im AKH, sondern auch in den anderen Kinder- und Jugendpsychiatrien in Österreich. In unserem Fach gibt es generell wenige Plätze, wir sind auch zu Normalzeiten gut ausgelastet. Im Jänner war der Ansturm an Patienten dann so groß, dass wir überlegen mussten, wer stationär behandelt werden kann und wer nicht. Wir haben natürlich jeden versorgt, der versorgt werden musste, aber viele Jugendliche mussten sehr lange warten – oder warten immer noch auf einen Platz.“

Am 23. März 2021 sagte eine Tübinger Pandemie-Expertin im Gespräch mit der „BILD“, dass die Jugendpsychiatrie in Tübingen so voll wie nie zuvor sei. „Die Belastungen in Folge der Corona-Pandemie äußern sich vermehrt in psychischen Beschwerden. Kinder und Jugendliche entwickeln u.a. Versagensängste, Depressionen, Aggressionen, Hygienezwänge und Essstörungen. Praxen und Akutkliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie verzeichnen seit dem Lockdown eine deutliche Zunahme bei Anmeldungen und Notfällen“, berichtet „Neurologen und Psychiater im Netz“.

Das „RND“ hatte zuvor berichtet: „Der Leiter der Tübinger Kinder- und Jugendpsychiatrie Tobias Renner sagt, dass psychische Störungen mit schwerem Verlauf seit dem vergangenen Sommer erheblich zugenommen hätten und mehr Aufmerksamkeit bräuchten. ,Aktuell zählen wir bei uns einen enormen Anstieg des Versorgungsbedarfs‘, sagt Renner. Der Austausch mit Kollegen anderer Einrichtungen habe zum selben Ergebnis geführt – alle Plätze belegt, keine Luft nach oben. Die schon vor der Pandemie sehr hohe Auslastung in Tübingen sei im letzten Quartal des vergangenen Jahres explodiert, erzählt Renner. Ein Vielfaches an Notfällen und Notaufnahmen habe sich schon im vergangenen Sommer abgezeichnet.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...