Der Journalist Ansgar Graw schreibt in seinem Buch „Die Grünen an der Macht: Eine kritische Bilanz“ (Seite 118 ff.): „Niemand hat die Absicht, eine Ökodiktatur einzurichten! Das versichert Ralf Fücks, einst Grünen-Vorsitzender und heute Chef der von ihm und seiner Frau Marieluise Beck gegründeten Denkfabrik Zentrum Liberale Moderne. Er halte das ,für einen kompletten Irrweg‘, sagt der auf Modernisierung und Innovationen setzende Fücks nach einer Interview-Unterstellung von taz-Autor Peter Unfried, ,der alte Traum mancher Ökolinker‘ sei ja ,die Ökodiktatur‘ Niemand? ,Ökodiktatur? Ja bitte!‘ titelte im Januar 2019 die linke Wochenzeitung Freitag. Und lockte in der Unterzeile: ,Tempolimit, Flugverbot, Kohleausstieg: Hartes Eingreifen rettet den Planeten‘ (…) von Hans-Joachim Schellnhuber, bis 2018 Direktor des von ihm gegründeten Potsdam-Instituts für Klimaforschung und in dieser Zeit wichtigster Klimaberater von Kanzlerin Angela Merkel, stammt der Vorschlag, das Parlament um einen nicht demokratisch gewählten Zukunftsrat zu ergänzen. ,Eine Idee wäre, dass man im Parlament eine bestimmte Anzahl von Sitzen vorhält für Menschen als Anwälte künftiger Generationen. Die hätten dann möglicherweise ein Vetorecht bei Gesetzen, die in nachweisbarer Weise Rechte und Chancen unserer Nachkommen betreffen würden‘, so Schellnhubers Vorschlag. Der Wissenschaftler hat sicher keine Ökodiktatur im Sinne. Aber die Umsetzung seiner Idee würde eine graduelle Aushebelung der parlamentarischen Demokratie bedeuten. Diese ,Anwälte‘ gingen schließlich nicht aus allgemeinen und gleichen Wahlen hervor, sondern müssten nach bestimmten Kriterien vorausgewählt, mithin positiv diskriminiert werden. Bernhard Gesang, Professor für Philosophie und Wirtschaftsethik an der Universität Mannheim, hat in einem sehr ähnlichen Vorschlag angeregt, ,Anwälte der Zukunftsinteressen schon jetzt mit einem Stimmrecht auszustatten und ihnen Mitwirkungsmöglichkeiten in den Entscheidungsgremien zu geben‘. Und weiter: ,Solch ein Rat sollte sich aus von Nichtregierungsorganisationen und Forschungsinstituten nominierten Kandidaten zusammensetzen und direkt von den Bürgern oder vom Parlament gewählt werden‘.“
Gesang zufolge sollten diese Vertreter ein „parlamentarisches Rede- und möglicherweise ein aufschiebendes oder vollständiges Vetorecht“ haben.
Diverse Medien greifen die Problematik bereits auf. Auf „RTL.de“ wird gefragt: „Brauchen wir in der Klimakrise eine Ökodiktatur?“
„Heise.de“ fragt: „Auf dem Weg in die Ökodiktatur?“
Der „Klimareporter“ hatte zuvor getitelt: „Freiheit oder Ökodiktatur?“
„Buch über Rückzug des Rechtsstaats – Ex-Verfassungsrichter warnt vor ,Ökodiktatur‘“, titelt „topagrar“.
Mittlerweile sind auch Analysten der Deutschen Bank hellhörig geworden. Die Akademie Bergstraße wörtlich: „Nun ist es ausgerechnet ein Volkswirt der Deutsche Bank Research, Eric Heymann, der moniert, dass es keine ,ehrliche Debatte‘ über den europäischen Grünen Deal und das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 gibt. Wenn die EU-Kommission behaupte, niemand solle auf dem Weg zur Klimaneutralität auf der Strecke bleiben, so gleiche dies ,einer Quadratur des Kreises‘. Heymann skizziert eine Megakrise, die alles Bisherige in den Schatten stellt und zu ,spürbaren Wohlfahrts- und Arbeitsplatzverlusten‘ führen würde. Nüchtern stellt er zudem fest: ,Ohne ein gewisses Maß an Ökodiktatur wird es nicht gehen‘. Der Analyst fordert dazu auf, nicht nur abstrakt über Klimaschutz zu sprechen, sondern vielmehr die Konsequenzen ganz konkret durchzudeklinieren, beispielsweise den Gebäudebereich. Letztlich gehe es auch um ,Wahlfreiheiten und Eigentumsrechte‘.“
Heymann weiter: „Alternativ oder als Ergänzung bräuchte man kräftige ordnungspolitische Eingriffe. Ich weiß, Ökodiktatur ist ein böses Wort. Aber wir müssen uns wohl oder übel fragen, welches Maß an Ökodiktatur (Ordnungsrecht) wir für akzeptabel halten, um uns dem Ziel der Klimaneutralität zu nähern.“
Für den Analysten bedeutet eine strenge Klimapolitik praktisch zwangsläufig: „Ohne ein gewisses Maß an Ökodiktatur wird es nicht gehen“. Eine ganz praktische Frage illustriere das, so Heymann: „Was machen wir, wenn Hauseigentümer ihre Häuser nicht in Nullemissionshäuser umwandeln wollen oder sie dafür die finanziellen Mittel nicht haben oder wenn dies technisch nicht möglich ist oder wenn sich das für den Eigentümer nicht rechnet?“
Dass es im Verlauf der Erreichung der sogenannten „Klimaziele“ heiß her gehen wird, erschließt sich aus den Worten des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach. Lauterbach hatte kürzlich auf „Phoenix“ gesagt: „Ich würde es noch nicht mal für ausgeschlossen halten, dass wir in der Klimakrise in eine Situation kommen, wo wir tatsächlich das ein oder andere verbieten“. Damit machte Lauterbach deutlich, dass in der kommenden Zeit das gewohnte Leben sich nachhaltig verändern wird, was wiederum mit der Aussage des WEF-Gründers Klaus Schwab harmoniert, wonach nach der Pandemie nichts mehr so sein wird wie vorher. „Viele von uns überlegen, wann sich die Dinge wieder normalisieren werden. Die kurze Antwort lautet: Niemals. Nichts wird jemals zu dem ‘gebrochenen’ Gefühl der Normalität zurückkehren, das vor der Krise herrschte, weil die Coronavirus-Pandemie einen grundlegenden Wendepunkt in unserer globalen Entwicklung darstellt“, schreiben Schwab und Thierry Malleret nach Angaben von CNBC in ihrem Buch „Covid-19: The Great Reset“.
Lauterbach hatte im Dezember 2020 in einem Beitrag der Zeitung „Die Welt“ angekündigt: „Für mich bleibt der Eindruck, dass es uns in Deutschland und auch in Europa, geschweige denn in den Vereinigten Staaten, ohne die Entwicklung eines Impfstoffes nicht gelungen wäre, diese Pandemie zu besiegen. Eine Impfung gegen CO2 wird es allerdings niemals geben. Somit benötigen wir Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels, die analog zu den Einschränkungen der persönlichen Freiheit in der Pandemie-Bekämpfung sind. Ob das erreichbar ist, wage ich zunehmend zu bezweifeln.“