Deutschland

Schüler im Lockdown sind mehr am Handy als beim Lernen

Laut einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts verbringen deutsche Schüler im Corona-Lockdown weniger Zeit mit Lernen als mit anderen Dingen.
20.04.2021 12:36
Lesezeit: 2 min

Die deutschen Schüler haben einer Studie zufolge im Corona-Lockdown zu Jahresbeginn mehr Zeit mit Handy, Computerspielen oder Fernsehen verbracht als mit Lernen. Schulische Tätigkeiten nahmen täglich im Schnitt 4,3 Stunden ein, wie eine am Dienstag vorgestellte Umfrage des Münchner Ifo-Instituts unter 2122 Eltern ergab. Das war zwar eine knappe Dreiviertelstunde mehr als während der ersten Schulschließungen im Frühjahr 2020. Aber es waren immer noch drei Stunden weniger als an einem üblichen Schultag vor Corona-Zeiten.

"Besonders bedenklich ist, dass 23 Prozent der Kinder sich nicht mehr als zwei Stunden am Tag mit der Schule beschäftigt haben", sagte der Leiter des Ifo-Zentrums für Bildungsökonomik, Ludger Wößmann. "Die Corona-Krise ist eine extreme Belastung für die Lernentwicklung und die soziale Situation vieler Kinder."

Die Schüler verbrachten demnach täglich mehr Zeit mit Fernsehen, Computerspielen und Handy als mit dem Lernen, nämlich insgesamt 4,6 Stunden. 26 Prozent hatten täglich gemeinsamen Unterricht für die ganze Klasse, etwa per Video. 39 Prozent hatten dies allerdings nur maximal einmal pro Woche.

"Es wird immer wieder zu Schulschließungen kommen, das wird auch sicherlich ins nächste Schuljahr noch reingehen", sagte Wößmann. "Darum ist es auch jetzt noch absolut wichtig und angebracht zu sagen: Wir sollten eigentlich versuchen, dass ab nächster Woche alle Kinder, die im Homeschooling sind, weil die Schulen zu sind, Online-Unterricht haben." Dann hätten sie jeden Tag zumindest eine gewisse Zeit klar geregelte Strukturen, wo sie Mitschüler sehen und Lernkräfte ihnen Inhalte vermitteln könnten. "Dieser tägliche Rhythmus ist total wichtig" sagte der Bildungsforscher. Es sei Aufgabe der Politik, für verbindliche Konzepte für einen täglichen, verbindlichen Online-Unterricht zu sorgen, wenn Schulen geschlossen sind.

56 Prozent der Eltern gaben an, dass ihr Kind pro Stunde zu Hause weniger lernt als im regulären Unterricht in der Schule, nur 22 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. Etwa jeder fünfte Schüler nahm seit den ersten Schließungen an Maßnahmen wie Förder- oder Nachhilfeunterricht oder Ferienkursen teil.

Leistungsschwächere Schüler und Kinder aus Nicht-Akademiker-Haushalten lernten zu Hause deutlich weniger effektiv und konzentriert, wie das Ifo betonte. Die große Mehrzahl der Schüler hat demnach zu Hause Zugang zu Computer und Internet. Für die Hälfte der Kinder stelle die Situation während der Schulschließungen eine große psychische Belastung dar – deutlich mehr als während der ersten Schließungen (38 Prozent). Ein knappes Drittel der Eltern berichtet, ihr Kind habe während der Corona-Pandemie wegen Bewegungsmangel an Körpergewicht zugenommen. Für 76 Prozent der Kinder war es eine große Belastung, nicht wie gewohnt Freunde treffen zu können.

Aber es gebe auch positive Aspekte, führten die Ifo-Forscher aus: Die Mehrheit der Eltern gibt an, dass ihr Kind durch die Schulschließungen gelernt hat, sich eigenständig Unterrichtsstoff zu erarbeiten (56 Prozent) und mit digitalen Techniken besser umzugehen (66 Prozent).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Wohnquartiere überfordert
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...