Politik

Streit eskaliert: Französische Fischer blockieren Kanalinsel Jersey

Der Streit zwischen Frankreich und Großbritannien um Fischereirechte im Ärmelkanal spitzt sich zu.
06.05.2021 11:27
Aktualisiert: 06.05.2021 11:27
Lesezeit: 2 min

Der Streit zwischen Großbritannien und Frankreich um Fischereirechte im Ärmelkanal ist überraschend heftig eskaliert. Zwei britische Militärschiffe patrouillierten am Donnerstag vor der Küste der Kanalinsel Jersey, während mehr als 50 Fischer aus Frankreich mit ihren Booten den Hafen blockierten und ihrer Wut mit Fackeln und Bannern Luft machten. "Es war wie eine Invasion", sagte der auf Jersey ansässige Fischer Josh Dearing der britischen Nachrichtenagentur PA. Auch Frankreich schickte zwei Patrouillenboote der Marine in die Nähe der Kanalinsel, die rund 20 Kilometer von der französischen Küste entfernt liegt.

Rund vier Monate nach dem finalen Brexit rief die EU-Kommission die Konfliktparteien zur Zurückhaltung auf. Die Streitpunkte müssten ruhig besprochen werden, forderte eine Kommissionssprecherin. Zugleich beklagte die Brüsseler Behörde einen britischen Verstoß gegen den Brexit-Handelspakt: "Die Kommission hat Großbritannien klargemacht, dass die Vorgaben des Handels- und Kooperationsabkommens nicht respektiert wurden." Beim finalen Brexit hatte Großbritannien nach einer Übergangsphase endgültig den EU-Binnenmarkt und die Zollunion verlassen.

Der britische Premierminister Boris Johnson mahnte zur Deeskalation - die Kriegsschiffe seien nur eine "Vorsichtsmaßnahme", erklärte er. Auch Paris versicherte, kein Interesse an einer Zuspitzung zu haben. "Es ist nicht unser Wunsch, für Spannungen zu sorgen (...)", sagte Europa-Staatssekretär Clément Beaune der Nachrichtenagentur AFP. Es müssten hingegen vertraglich festgelegte Regeln rasch und vollständig angewendet werden. Jersey ist als Kronbesitz zwar nicht Teil des Vereinigten Königreichs, London ist aber für die Außen- und Verteidigungspolitik verantwortlich.

Hintergrund der Eskalation ist die Frage, ob und wie viel ausländische Fischer nach dem Brexit in britischen Gewässern fangen dürfen. Bereits in den Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt der Briten mit der EU war dies die am heftigsten umstrittene Frage, die eine Einigung zeitweise fast unmöglich zu machen schien. Insbesondere für die nur durch den Ärmelkanal getrennten, benachbarten Franzosen sind die Regelungen entscheidend. Erst am Heiligabend gelang schließlich eine Einigung auf den gemeinsamen Pakt, der nur eine Woche später vorläufig in Kraft trat. Beide Seiten mussten schmerzhafte Zugeständnisse hinnehmen.

Die britische Regierung erteilte nach Brüsseler Darstellung Fischern aus der EU Lizenzen zum Fang in britischen Gewässern nur unter Auflagen. Dies sei der Kommission am 30. April angezeigt worden, mit Geltung zum 1. Mai. Zwar dürfe Fischfang beschränkt werden, um Bestände zu erhalten. Aus Brüsseler Sicht war jedoch die Frist zu kurz, und es steht die Frage im Raum, ob EU-Fischer diskriminiert wurden. In Paris wird bemängelt, dass Lizenzen für die fischreichen Gewässern bei Jersey mit Zusatzbedingungen versehen wurden - das habe zu großer Unruhe bei den Fischern geführt. Frankreich hatte gedroht, die Stromversorgung für Jersey zu unterbrechen. Die Downing Street verurteilte die Drohungen aus Paris als "inakzeptabel und unverhältnismäßig".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
28.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Politik
Politik Korruptionsermittlungen in Kiew: Behörden durchsuchen Bürochef von Selenskyj
28.11.2025

Die ukrainischen Anti-Korruptionsbehörden haben am Morgen eine Durchsuchung bei Andrij Jermak, dem Leiter des Präsidentenbüros von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie: Lage von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt verschlechtert sich erneut
28.11.2025

Menschen mit Behinderung stehen auf dem Arbeitsmarkt zunehmend unter Druck: Eine neue Analyse des Handelsblatt Research Instituts im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neuer Kompromiss in Berlin: Mehr Spielraum für Verbrenner nach 2035
28.11.2025

Nach monatelangen Verhandlungen hat die Regierungskoalition eine gemeinsame Linie zum geplanten EU-Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Wie Analysten die Zukunft nach dem Crash bewerten
28.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen rund um die Novo Nordisk-Aktie haben Anleger verunsichert und den Blick auf Chancen und Risiken neu geschärft....

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krise: Trumps wechselhafte Politik erschüttert Vertrauen
28.11.2025

Die diplomatischen Bemühungen in Genf zeigen, wie stark der Ukrainekrieg inzwischen von wechselhaften Signalen aus Washington geprägt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Forschungsdominanz: Wachsende Risiken für Europas Sicherheit
28.11.2025

China treibt den globalen Technologiewandel voran und zwingt Europa zu einer strategischen Neubewertung seiner Abhängigkeiten. Welche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie von KfW Research: Industriestandort Deutschland benötigt mehr Wagniskapital
27.11.2025

Deutschlands Industrie steht unter Druck: KfW Research sieht schrumpfende Wertschöpfung und zu wenig Risikokapital. Chefvolkswirt Dirk...