Wirtschaft

Hackerangriff auf US-Pipeline: Investoren bereiten Aufkauf von Benzin in Europa vor

Medienberichten zufolge haben Großhändler Öltanker gebucht, um Benzin und Diesel aus Europa in die Vereinigten Staaten zu bringen.
11.05.2021 11:32
Aktualisiert: 11.05.2021 11:32
Lesezeit: 2 min

Mehrere Großhändler haben Berichten des englischsprachigen Dienstes von Reuters zufolge insgesamt sechs Tanker reserviert, um Benzin und Diesel in Europa aufzukaufen und in die USA zu verfrachten. Hintergrund ist die noch immer weitgehend blockierte Colonial-Pipeline, mithilfe derer Kraftstoffe aus den Verladehäfen am Golf von Mexiko an die Ostküste des Landes transportiert wird.

Ein Hackerangriff am vergangenen Freitag hat dazu geführt, dass der Betrieb der Pipeline bis heute nicht wiederaufgenommen werden konnte. Die Hacker wollen eigenen Angaben zufolge Lösegeld mit ihrer Aktion erpressen. Obwohl der Betreiber der Pipeline – welche fast die Hälfte aller in den Ostküstenstaaten benötigten Kraftstoffe aus dem Süden des Landes heranführt – an einer Lösung arbeitet und am Sonntag kleinere Teilabschnitte in Betrieb nehmen konnte, blieb der Gesamtbetrieb am Dienstagmittag deutscher Zeit weiterhin blockiert.

Wie Reuters weiter berichtet, haben inzwischen mehrere US-Energiekonzerne Öltanker gebucht, um diese als schwimmende Lagerstätten einzusetzen und gegebenenfalls Benzin und Diesel entlang der US-Küste zu den Oststaaten zu bringen. So hatte das Unternehmen Valero Energy am Freitag den Tanker Nave Titan gebucht, welcher etwa 330.000 Barrel (ein Barrel entspricht einem Faß zu 159 Litern) Fassungsvermögen aufweist.

Pipeline soll Ende der Woche wieder einsatzbereit sein

Die größte Benzin-Pipeline in den USA soll nach dem Cyberangriff schrittweise wieder in den Dienst genommen und bis Ende der Woche weitgehend normal im Einsatz sein. Das erklärte der Betreiber Colonial Pipeline am Montag. Die Bundespolizei FBI teilte mit, bei dem Angriff sei die Erpressungs-Software Darkside eingesetzt worden. Eine ranghohe Vertreterin des Weißen Hauses, Elizabeth Sherwood-Randall, erklärte, Präsident Joe Biden werde regelmäßig über den Zwischenfall unterrichtet. Bislang sei kein Schaden bekanntgeworden und es gebe keinen Benzinmangel.

Colonial hatte mitgeteilt, die Firma habe bestimmte Systeme nach einer Cyberattacke vom Netz genommen, um die Bedrohung einzudämmen. In der Folge sei der Betrieb der Pipeline komplett zum Erliegen gekommen. Die Betreiber schalteten am Freitag die Behörden und eine externe IT-Sicherheitsfirma ein.

Die Pipeline, die sich zum Großteil unterirdisch auf 5.500 Meilen (rund 8.850 Kilometer) erstreckt, verbindet hauptsächlich an der Küste am Golf von Mexiko liegende Raffinerien mit dem Süden und Osten der USA. Transportiert werden unter anderem Benzin, Dieselkraftstoff und Heizöl - pro Tag um die 2,5 Millionen Barrel. Das Unternehmen transportiert etwa 45 Prozent aller an der Ostküste verbrauchten Kraftstoffe und beliefert mehr als 50 Millionen Amerikaner. Zu den Abnehmern gehören auch die US-Streitkräfte.

Bei sogenannten Ransomware-Attacken werden Daten auf Computern verschlüsselt - und die Angreifer verlangen meist Lösegeld für die Freigabe. Eine stellvertretende Nationale Sicherheitsberaterin Anne Neuberger erklärte im Weißen Haus, die Regierung habe keine Informationen dazu, ob der Pipeline-Betreiber den Erpressern ein Lösegeld gezahlt habe. Momentan sei von einem „kriminellen Akt“ auszugehen, es würden aber alle Hinweise geprüft, auch mit Blick auf eine mögliche Verwicklung staatlicher Akteure. Bei der Attacke mit der Software Darkside würden die Profite meist zwischen den Programmentwicklern und Angreifern geteilt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Open Source: Warum Gemeinschaftsprojekte die Basis für Innovation bilden

Was einst als Nischenphänomen engagierter Entwickler begann, ist heute ein globales Innovationsökosystem, das von Freiwilligen,...

DWN
Technologie
Technologie KI im Fokus: Wie Künstliche Intelligenz das Gesundheitswesen günstiger machen könnte
22.10.2025

Künstliche Intelligenz verändert das Gesundheitswesen und könnte Diagnosen schneller und kostengünstiger machen. Besonders in der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrie: Was hinter dem Misstrauen gegenüber der Merz-Regierung steckt
22.10.2025

Die deutsche Industrie steht vor einem Nervenzusammenbruch: Energiepreise, Bürokratie und globale Konkurrenz rauben ihr die Perspektive....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktienmarkt: Warum die nächste Rekordrally näher ist als der Crash
22.10.2025

Nach den Kursstürzen an den Börsen herrscht Unruhe, doch die Panik bleibt aus. Während regionale US-Banken wanken und Investoren über...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Chipkrise durch Nexperia-Lieferstopp: VW warnt vor möglichen Engpässen
22.10.2025

Die Krise um den Chip-Zulieferer Nexperia spitzt sich zu. VW schließt kurzfristige Engpässe nicht mehr aus.

DWN
Immobilien
Immobilien Preisdynamik am Mietmarkt: Mietanstieg auf Immobilienportalen schwächt sich ab
22.10.2025

Die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt ist hoch, doch die Preisdynamik verlangsamt sich. Was ist die Ursache? Der Experte des Kiel Instituts...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis auf Rekordniveau: Warum Anleger jetzt vorsichtig sein sollten
22.10.2025

Der weltweite Goldhandel boomt wie nie zuvor. Doch hinter glänzenden Preisen lauern Risiken: Gold kann entweder Sicherheit oder Rendite...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sanierungsfall Webasto: Rettungsplan für den Autozulieferer scheint in trockenen Tüchern
22.10.2025

Der Rettungsplan für den Automobilzulieferer Webasto steht: Der für seine Autodächer und Standheizungen bekannte Zulieferer hat seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus im Wandel: Exklusive Erlebnisse lösen materiellen Besitz als Statussymbol ab
22.10.2025

Der Luxusmarkt steht vor einem Wandel. Trotz steigender Vermögen der Superreichen schrumpfen traditionelle Segmente, während sich...