Deutschland

„Corona-Krise: Wirtschaft† – Freiheit† – Politikversagen?": Ein Experte klagt an

DWN-Autor Moritz Enders bespricht das Buch "Corona-Krise: Wirtschaft† – Freiheit† - Politikversagen?".
24.05.2021 12:22
Lesezeit: 3 min

„Gefährlich ist´s, den Leu zu wecken, verderblich ist des Tigers Zahn, jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn“: Mit diesem Zitat aus dem „Lied der Glocke“ von Friedrich Schiller beschließt Wolfgang Eibner, Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik, sein Buch mit dem Titel „Corona-Krise: Wirtschaft† – Freiheit† – Politikversagen?“. Der Untertitel verdeutlicht, worum es in dem schmalen, aber informativen und gut lesbaren Band geht: „Ein Jahr Corona - eine kritische und schonungslose (volkswirtschaftliche) Bestandsaufnahme.“

Als Volkswirtschaftler beschäftigt Eibner sich vorranging mit den ökonomischen Kosten der immer noch anhaltenden Lockdowns in Deutschland, geht aber auch auf gesellschaftliche und politische Aspekte ein. Was die wirtschaftlichen Konsequenzen angeht: Die haben es laut Eibner in sich. Bildungsausfälle an Schulen und Universitäten, Arbeitslosigkeit - auch als Folge zerstörter selbständiger Existenzen -, eine Zunahme der Altersarmut und eine ständig steigende Staatsverschuldung seien nur einige Aspekte, die es zu berücksichtigen gelte. Die Krux dabei seien die sich wechselseitig verstärkenden Effekte. Allein die Schulschließungen dürften in den Folgejahren mehrere Billionen Euro kosten, mit entsprechenden Konsequenzen für die Steuereinnahmen und damit auch für die Funktionsfähigkeit des Sozialstaates. Konkret schreibt Eibner hierzu: „Das Ifo-Institut hatte bereits 2020 errechnet, dass Schulschließungen von einem Drittel des Schuljahres Deutschland in Folgejahren

rund 2,6 Billionen Euro oder 1,3 Prozent des zukünftigen Bruttossozialproduktes kosten könnten (diese Zahlen beziehen sich auf einen Zeitraum von 80 Jahre, also auf die durchschnittliche Lebenserwartung der unzureichend beschulten Jungen und Mädchen – Anm. d. Red.). Mit der Entwicklung des Jahres 2021 können wir vom Verlust eines ganzen Schuljahres ausgehen. Die daraus resultierenden Kosten steigen überlinear zu den vom ifo-Institut bereits berechneten.“ Gerade für ein Land wie Deutschland, das von hoher Produktivität und Innovationskraft lebt, sei dies fatal.

Die Frage, ob die staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen vor diesem Hintergrund verhältnismäßig sein könnten, beantwortet Eibner eindeutig mit „Nein“. Detailliert legt er dar, dass nicht der Corona-Virus, sondern das Streben nach maximaler Kosteneffizienz eine Bedrohung für unser Gesundheitswesen darstellt. So sei die Zahl der Krankenhausbetten in Deutschland von 1991 bis 2018 von 665.505 auf 498.192 gefallen, ein Minus von ziemlich genau einem Viertel (25,24 Prozent). Tendenz weiter fallend. Und das bei einem rapiden Anstieg der über 80-Jährigen in der Bevölkerung. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass für Eibner ein Großteil der dramatischen Pandemie-Konsequenzen hausgemacht ist.

Weiterhin hält Eibner die menschlichen, gesellschaftlichen und sozialen Folgen des Regierungskurses für langfristig gravierend. Und zitiert unter anderem aus dem US-amerikanischen Film „The Big Short“: „Bei einem Prozent mehr Arbeitslosigkeit sterben 40.000 Menschen.“ Es erhebt sich also die Frage, wie wir mit der aktuellen Krise, die uns noch lange begleiten wird, umgehen sollen. Eibner wendet sich hier gegen doktrinäre Tunnelblicke und erteilt, eine freie und offene Gesellschaft anmahnend, Voltaire das Wort: „Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist das Recht eines jeden freien Menschen, das man nicht leugnen kann, ohne die abscheulichste Tyrannei auszuüben.“

Wer sich für eine nicht nur virologische, sondern vor allem ökonomische, politische und gesellschaftliche Einschätzung der Corona-Krise interessiert, der kann sich auf den ausgiebig recherchierten und nüchtern geschriebenen knapp 80 Seiten einen sehr guten Überblick verschaffen.

Wer ein noch tieferes Verständnis volkswirtschaftlicher Zusammenhänge bekommen möchte, um unter anderem die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Politik, aber auch andere ökonomische Sachverhalte, besser verstehen und abschätzen zu können, sollte sich Eibners zweibändiges Kompendium mit dem Titel „Volkswirtschaft und Wirtschaftspolitik“ zulegen. Band eins befasst sich mit den „Grundlagen unserer Volkswirtschaft“ und beinhaltet eine „Einführung zur aktuellen Corona-Krise“. Allein dieser erste Band ist über 400 Seiten stark und bricht, nach einer ausführlichen Analyse sämtlicher ökonomischer Koordinaten, eine Lanze für mehr Verantwortung und Kooperation im Sinne des Gemeinwohls, wobei sich Eibner skeptisch gegenüber „neoliberalen“ Denkansätzen zeigt. Der abschließende zweite Band befasst sich mit „Wirtschaftspolitik“.

***

Unser Leben wird seit über einem Jahr beherrscht von Lockdowns und Beschränkungen unseres ökonomischen wie sozialen Lebens und unserer Grundrechte, die bislang in einer freien, demokratischen Gesellschaft undenkbar waren. Rezession und Massenarbeitslosigkeit werden möglicherweise die langfristigen Folgen sein. Damit ergeben sich generelle Fragen: Wie wird unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft die aktuelle Pandemie überstehen?

Kaufen Sie das Buch im guten deutschen Buchhandel das Buch ist überall erhältlich. Wir unterstützen den Buchhandel ausdrücklich, er muss gefördert werden!

Oder bestellen Sie das Buch bei Amazon.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Schwedische Innovation soll Wasserkrise in der Ukraine lösen
21.06.2025

Während Europa über Hilfspakete debattiert, liefern schwedische Firmen sauberes Wasser in eine vom Krieg verwüstete Region. Ist Hightech...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Afrikas Migrationspotenzial: Die globale Ordnung steht vor einer tektonischen Verschiebung
21.06.2025

Afrikas Bevölkerung wächst, während der Westen altert. Millionen gut ausgebildeter Migranten verändern schon heute globale...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands stille Stärke: Wie Rechtsstaat und Verwaltung zum unterschätzten Standortvorteil werden
21.06.2025

Als Max Weber 1922 mit seiner Bürokratie-Theorie die Basis für die deutsche Verwaltung legte, galt sie weltweit als innovatives Vorbild....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Rückschlag für Elektroautos – kommt das Ende wie vor 100 Jahren?
21.06.2025

Vor 100 Jahren verschwanden Elektroautos wegen politischer Entscheidungen von den Straßen. Heute wiederholt sich die Geschichte: Donald...

DWN
Politik
Politik Wie der Westen seine Werte in der Wüste verrät: Big Tech versteckt die Probleme unter glänzenden Fassaden
21.06.2025

Big Tech hofiert autoritäre Regime vom Golf – im Tausch gegen Milliarden, Macht und Rechenzentren. Doch hinter der glitzernden Fassade...

DWN
Politik
Politik Deutschland steht vor dem historischen Aufschwung – aber es gibt ein großes Problem
21.06.2025

Mit der faktischen Abschaffung der Schuldenbremse beginnt Deutschland eine neue Ära – mit enormen Investitionen in Militär,...

DWN
Panorama
Panorama KI-Musik auf dem Vormarsch: Gefahr oder Chance für die Musikbranche?
21.06.2025

KI-Musik verändert die Musikbranche – kreativ, disruptiv, kontrovers. Künstler verlieren Kontrolle und Einnahmen. Doch wie weit darf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Disney gegen die KI: Wem gehört das Internet noch?
21.06.2025

Disney zieht gegen Midjourney vor Gericht – und kämpft nicht nur für Mickey Mouse, sondern für unser digitales Eigentum. Wenn selbst...