Finanzen

Paukenschlag: Gegner der EZB-Staatsanleihenkäufe scheitern in Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht hatte die milliardenschweren Anleihekäufe der EZB teilweise für verfassungswidrig erklärt. Es forderte einen Nachweis der Verhältnismäßigkeit. Den haben die EZB-Währungshüter mittlerweile erbracht, bestätigt das Gericht nun.
18.05.2021 12:19
Aktualisiert: 18.05.2021 12:19
Lesezeit: 2 min

Bundesregierung und Bundestag haben nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausreichend die umstrittenen Staatsanleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) überprüft. Zu diesem Fazit kommen die Karlsruher Richterinnen und Richter in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss vom 29. April. Zwei Anträge auf Erlass einer sogenannten Vollstreckungsanordnung, mit der das oberste deutsche Gericht die Umsetzung hätte bestimmen können, verwarf der Zweite Senat als unbegründet. (Az.: 2 BvR 1651/15 u.a.)

Das Verfassungsgericht hatte vor gut einem Jahr Anleihenkäufe der EZB beanstandet und sich damit zum ersten Mal über eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinweggesetzt. Der Zweite Senat hatte mehreren Klagen gegen das 2015 gestartete Kaufprogramm PSPP zur Ankurbelung von Inflation und Konjunktur überwiegend stattgegeben. Die Notenbank überspanne damit ihr Mandat für die Geldpolitik.

Die Bundesbank darf nur mitmachen, wenn der EZB-Rat nachvollziehbar darlegt, dass die mit dem milliardenschweren Kaufprogramm angestrebten währungspolitischen Ziele nicht außer Verhältnis zu den damit verbundenen wirtschafts- und fiskalpolitischen Auswirkungen stehen. Die Bundesregierung bekam drei Monate Zeit, die EZB zu einer Überprüfung des beanstandeten Kaufprogramms zu bewegen.

Doch es gab unterschiedliche Meinungen darüber, ob die Politiker die Vorgaben ordnungsgemäß umgesetzt haben, so die dpa. Während Bundesregierung und Bundestag davon überzeugt waren, sahen der ehemalige CSU-Politiker Peter Gauweiler und eine Klägergruppe um den früheren AfD-Chef Bernd Lucke das anders und erzwangen eine Überprüfung durch das Gericht.

Dieses listete nun auf, was seit dem Urteil alles geschehen sei: So hätten sich beispielsweise verschiedene Bundestagsausschüsse schnell mit dem Thema befasst. Im Plenum habe es eine Aktuelle Stunde gegeben und die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages hätten eine Ausarbeitung zur Unionsrechtskonformität des PSPP erstellt. Der EZB-Rat habe dann auf einer geldpolitischen Sitzung Anfang Juni unter anderem zwei Beschlüsse gefasst, die die Verhältnismäßigkeit des PSPP zum Gegenstand haben. Ende Juni habe die Deutsche Bundesbank dem Bundesfinanzministerium verschiedene - teils als vertraulich eingestufte - Dokumente der EZB übersandt, die Abgeordnete in der Geheimschutzstelle des Bundestages einsehen konnten. Am 2. Juli habe dann der Bundestag nach einer öffentlichen Debatte in einem Beschluss festgestellt, dass die vom EZB-Rat durchgeführte Verhältnismäßigkeitsprüfung den Anforderungen aus dem Urteil genüge.

„Im Ergebnis sind Bundesregierung und Bundestag damit weder untätig geblieben“, bilanzierte der Senat. Noch hätten sie offensichtlich ungeeignete oder völlig unzureichende Maßnahmen getroffen, um ihrer Verpflichtung nach dem Urteil nachzukommen. „Es ist nicht ersichtlich, dass sie dabei ihren Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten haben.“ Außerdem seien die Vollstreckungsanträge unzulässig, weil sie über die beurteilte Sach- und Rechtslage hinausgingen, hieß es in der Mitteilung weiter.

Weil sich Karlsruhe mit seinem Urteil vom 5. Mai 2020 offen gegen den EuGH gestellt hatte, prüft die EU-Kommission noch, ob sie ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleitet. Der EuGH hatte dem Kaufprogramm im Dezember 2018 gegen massive Bedenken aus Karlsruhe seinen Segen erteilt. Diese Vorabentscheidung aus Luxemburg sei „schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar“, hieß es in der Entscheidung der deutschen Verfassungsrichter.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: US-Aktien steuern mit Gewinnen auf das Jahresende zu, Goldpreis erreicht neues Rekordhoch
22.12.2025

Die US-Aktien legten am Montag zu, wobei die drei großen Indizes den dritten Tag in Folge Gewinne verzeichneten. Gold setzte seine Rallye...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Wirtschaft: Fed-Zurückhaltung bremst Wachstum und Aktienmärkte weltweit
22.12.2025

Nach der starken Rally an den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel, ob das globale Wachstum ohne neue geldpolitische Impulse tragfähig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...

DWN
Technologie
Technologie Smart Cities: Fluch oder Segen?
22.12.2025

Smart Cities sind längst keine Zukunftsmusik mehr. In Städten wie Grevenbroich testen Sensoren, Kameras und KI das urbane Leben der...

DWN
Politik
Politik EU-Ukraine-Finanzierung: Milliardenkredit ohne Zugriff auf russisches Vermögen – die Hintergründe
22.12.2025

Die EU sucht nach Wegen, die Ukraine finanziell zu stützen, ohne neue politische Bruchlinien in der Union zu erzeugen. Doch welche Folgen...