Finanzen

Helaba: Trendwende bei der Inflation, diese Faktoren sprechen für dauerhaft höhere Preise

Aus Sicht der Helaba wird die Inflation dauerhaft höher ausfallen, was mehreren strukturellen Faktoren geschuldet sei.
09.06.2021 14:00
Aktualisiert: 09.06.2021 14:07
Lesezeit: 2 min

Die Helaba schreibt in einem interessanten Marktkommentar, warum die Inflation dauerhaft robust ausfallen dürfte:

Manche Dinge sind absehbar und zugleich schwer vorstellbar. Zum Jahreswechsel notierten die Inflationsraten teilweise noch im negativen Bereich und die Notenbanken sorgten sich um Deflationsrisiken. Gerade in Deutschland wurden die Inflationsraten im zweiten Halbjahr 2020 neben den weltweiten Trends zusätzlich durch die Mehrwertsteuersenkung nach unten gezogen. Bereits im Januar deutete sich aber die Trendwende an: Zurück zu den alten Mehrwertsteuersätzen, steigende Rohstoffpreise, CO2-Bepreisung und ein höherer Mindestlohn waren dafür verantwortlich.

Wenige Monate später zeigt sich, dass ausgehend von einer boomenden Weltkonjunktur auch hierzulande die Nachfrage vielerorts das Angebot übersteigt. Nicht nur Halbleiter fehlen, sondern auch Kunststoffe, Baustoffe und insbesondere Holz. Hier wird ein ökonomisches Prinzip offensichtlich: Je knapper ein Gut, desto höher steigt der Preis. Diejenigen, die noch vor einiger Zeit darauf hingewiesen haben, dass Deflation ein größeres Risiko sei als Inflation, schwenken nun ins Gegenteil um. Der Gefahr steigender Preise müsse man mit staatlichen Maßnahmen entgegenwirken. So wird schon vereinzelt gefordert, dass der hohen ausländischen Nachfrage nach deutschem Holz durch Exportbeschränkungen Einhalt geboten werden müsse. Vermeintliche Solidarität mit den USA zu Zeiten der Waldbrände wird nun zu Protektionismus.

Seit einigen Jahren auf dem Vormarsch, wurde dieser durch Donald Trumps „America first“ und dem daraus resultierenden Handelskrieg mit China salonfähig. Damals spielte sich der Protektionismus jedoch vornehmlich auf der Importseite ab. Durch höhere Zölle sollten ausländische Produkte an Wettbewerbsfähigkeit verlieren und die inländischen Anbieter an Attraktivität gewinnen. Joe Biden hat zwar keine weiteren Zölle eingeführt, die Erhöhungen seines Vorgängers jedoch nicht rückgängig gemacht. Seine Rhetorik ist weniger martialisch, aber inhaltlich grenzt er sich mit „Buy American“ wenig von Donald Trump ab.

Markteingriffe gehören mittlerweile zur Tagesordnung. Haben doch die Staaten in der Corona-Krise die Märkte teilweise vollkommen außer Kraft gesetzt, sei es durch Schließungen ganzer Branchen oder durch die Geldpolitik. Auf dem Vormarsch ist der Glaube, der Staat könne alles besser und mit Hilfe von expansiver Geld- und Fiskalpolitik alles Wünschenswerte erreichen. Im weiteren Sinne ist dies das, was unter „Modern Monetary Theory“ verstanden wird – angeblich ohne negative Konsequenzen.

Dass Markteingriffe jedoch ihren Preis haben, zeigt sich bereits. Allein die Mehrwertsteuersenkung und anschließende -erhöhung sowie die CO2-Bepreisung verdeutlichen dies. Auch zunehmender Protektionismus wirkt inflationär, verknappt oder verteuert er doch die Importe. Die zahlreichen geplanten Vorhaben auf dem Weg zur Klimaneutralität wirken ebenso preistreibend wie die großen Bauvorhaben, die durch den Next Generation-Fonds der EU finanziert werden sollen. In Deutschland boomt der Bausektor schon seit einigen Jahren. Bei historisch hoher Kapazitätsauslastung und knappen Ressourcen treibt der Staat mit seiner Nachfrage die Preise dort weiter an. In anderen EU-Ländern wie Italien ist dies noch nicht der Fall. Dies wird sich aber ändern, wenn die Gelder abgefragt werden.

Die Inflation wird also nicht nur kurzfristig auf ein höheres Niveau springen. Neben den konjunkturellen Rahmenbedingungen führen auch zahlreiche strukturelle Faktoren zu einem höheren Trendniveau. Neben den genannten gehört dazu auch noch die Demographie. Um dem entgegen zu wirken, bedarf es einer Erhöhung des Produktionspotenzials, also mehr Markt und nicht fortgesetzter Beschränkungen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Post streicht 8000 Stellen: Anleger scheinen überzeugt - Dhl-Aktie macht kräftigen Sprung
06.03.2025

Die Deutsche-Post-Aktie hat im frühen Handel kräftig zugelegt. Anleger scheinen überzeugt von weitgehenden Sparmaßnahmen des Konzerns....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zuwanderung: Deutschland unattraktiv für Fachkräfte aus anderen EU-Ländern
06.03.2025

Durch die zentrale Lage in Europa hätte Deutschland eigentlich beste Voraussetzungen, um von der Mobilität junger Fachkräften innerhalb...

DWN
Politik
Politik Russland ändert Rhetorik: "Kreuzzüge, Napoleon, Hitler" - Europa ist der Feind, nicht die USA
06.03.2025

Die USA ziehen sich aus der Ukraine zurück, und Russland schießt sich ganz auf Europa ein. „Wenn man auf die Geschichte zurückblickt,...

DWN
Politik
Politik Geplantes Finanzpaket der künftigen Bundesregierung macht Ukraine Hoffnung auf neue Hilfe
06.03.2025

Nach der Einigung von Union und SPD auf ein historisches Finanzpaket sieht die Regierung neuen Spielraum für die Unterstützung der von...

DWN
Politik
Politik Von der Außenministerin zur Hinterbänklerin: Baerbock verzichtet auf Grünen-Fraktionsvorsitz - was steckt dahinter?
06.03.2025

Ihren Sitz im Bundestag hat Annalena Baerbock bereits angenommen. Doch Fraktionsvorsitzende der Gründen möchte die...

DWN
Politik
Politik Reform der Schuldenbremse: Das sagen Wirtschaft und Industrie dazu
05.03.2025

Union und SPD haben sich auf ein massives Finanzpaket verständigt: 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur, dazu neue Schulden für die...

DWN
Technologie
Technologie Gefahr Solaranlage: Kann China Photovoltaik in Deutschland abschalten?
05.03.2025

Viele deutsche Haushalte setzen auf Solarenergie – doch wie sicher ist diese? Eine Recherche zeigt: Über chinesische Wechselrichter...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-Kurs und Solana-Kurs volatil: Wann kommt die nächste Krypto-Welle? Eine Analyse
05.03.2025

XRP, die Kryptowährung von Ripple, und Solana sind - trotz kurzzeitiger Rückschläge - seit einigen Monaten auf der Überholspur. Zur...