Finanzen

Staaten einigen sich auf Grundzüge einer globalen Steuerreform

Etwa 130 Staaten haben sich auf die Grundzüge einer weltweit gültigen Angleichung der Steuersätze für Unternehmen verständigt. Die Details allerdings sind noch nicht beschlossen.
02.07.2021 14:19
Lesezeit: 2 min
Staaten einigen sich auf Grundzüge einer globalen Steuerreform
Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister, äußert sich nach einem Gespräch mit Kongressabgeordneten vor dem Kapitol gegenüber Medienvertretern. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Rund 130 Länder haben sich auf eine globale Mindeststeuer für international tätige Unternehmen geeinigt. Die an dem Abkommen teilnehmenden Staaten machten rund 90 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung aus, erklärte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Donnerstag.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht die Einigung als einen «kolossalen Fortschritt» auf dem Weg zu mehr Steuergerechtigkeit. Er sprach von einer «tatsächlichen, wirklich massiven Veränderung, die wir für die nächsten Jahre und Jahrzehnte erleben werden.» Der Steuerwettlauf nach unten sei vorbei, sagte er in Washington.

US-Präsident Joe Biden erklärte, nun sei ein globales Abkommen in Reichweite, das dem Wettrennen um die niedrigsten Steuersätze ein Ende bereiten werde. Konzerne könnten die Länder damit nicht mehr gegeneinander ausspielen, um ihre Profite zu Lasten der Steuerzahler zu erhöhen. Das Abkommen werde es daher auch ermöglichen, mit den zusätzlichen Steuereinnahmen wichtige Investitionen zu tätigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, erklärte Biden.

Details noch nicht ausgearbeitet

Die Übereinkunft, deren Details bis Oktober ausgearbeitet werden sollen, stelle das Ergebnis fast zehnjähriger Verhandlungen dar, erklärte die OECD. «Das Rahmenkonzept modernisiert zentrale Elemente des mittlerweile hundertjährigen internationalen Steuersystems, das den Anforderungen der globalisierten und digitalisierten Wirtschaft des 21. Jahrhunderts nicht mehr gerecht wird», hieß es. Dem Vernehmen nach hat auch China, die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft, dem Abkommen zugestimmt. Gleiches gilt demnach auch für Indien.

Anfang Juni hatten sich bereits die Finanzminister der G7-Staaten auf eine globale Steuerreform geeinigt. Ende der kommenden Woche wollen die Finanzminister der G20, darunter ist auch China, dann Nägel mit Köpfen machen. Neben einer Mindeststeuer von 15 Prozent soll auch dafür gesorgt werden, dass Großkonzerne künftig in den Ländern Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze und Gewinne machen. Und zwar «unabhängig davon, ob sie dort eine physische Präsenz unterhalten», wie die OECD betonte. Die Regelung zielt insbesondere auf große Digitalkonzerne wie Amazon, Google oder auch Apple ab.

Scholz sagte, bisher fänden große Unternehmen Wege, wie sie fast gar keine Steuern zahlen. «Die großen digitalen Plattformunternehmen sind besonders eifrig dabei gewesen, das Steuerzahlen zu vermeiden.» Viele hätten sich herausgeredet und erklärt, dass sie sich an die Regeln hielten. «Das werden sie in Zukunft auch tun - nur sie werden dann Steuern zahlen, und zwar auch in Deutschland. Wir werden insgesamt von dieser Verständigung, die dort erzielt wird, profitieren.»

Bidens Regierung hatte sich im April für eine globale Mindeststeuer ausgesprochen und den Bemühungen mit der Schlagkraft der weltgrößten Volkswirtschaft damit neuen Rückenwind gegeben. Die frühere US-Regierung vom damaligen Präsidenten Donald Trump hatte einen globalen Mindeststeuersatz abgelehnt. Sie befürchtete eine Benachteiligung amerikanischer Großkonzerne.

Die juristische Umsetzung der Einigung in allen beteiligten Ländern dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen. Zudem wird das Abkommen nur so stark sein wie das schwächste Glied: Falls sich einige relevante Länder der Einigung verweigern sollten, blieben vielen Konzernen wohl immer noch Möglichkeiten, höhere Steuern teilweise zu vermeiden.

US-Finanzministerin Janet Yellen sprach aber von einem «historischen Tag» für die Wirtschaftsdiplomatie. Bislang hätten sich Länder im Umgang mit den Konzernen gegenseitig unterboten. «Dieses Wettrennen hat kein Land gewonnen», erklärte Yellen. Durch niedrigere Steuersätze seien zum einen keine neuen Geschäfte angezogen worden. Zum anderen seien durch diese niedrigen Sätze Länder auch der Mittel für wichtige Investitionen für Infrastruktur, Bildung und der Bekämpfung der Pandemie beraubt worden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...