Politik

Taliban bezeichnen China als „Freund“, führen positive Gespräche mit Russland und verurteilen die Türkei

Das Erstarken der Taliban stellt keine Gefahr für China dar. Sie sehen in China einen „Freund“, von dem sie sich Investitionen erhoffen. Doch auch mit Russland führen die Taliban konstruktive Gespräche. Die Verlegung von türkischen Truppen nach Kabul bezeichnen die Taliban wiederum als „verwerfliche“ Aktion.
13.07.2021 14:51
Aktualisiert: 13.07.2021 14:51
Lesezeit: 2 min

In diversen westlichen Medien wurde behauptet, dass China aktuell die Sorge umtreibe, dass das Erstarken der Taliban in Afghanistan zu einer Erstarkung des Terrorismus in der Region Xinjiang führen könnte. Die Taliban sind in die afghanische Provinz Badachschan eingedrungen, die sich im Nordosten des Landes in unmittelbarer Nähe zu China befindet. Der staatlichen chinesischen Zeitung „Global Times“ zufolge könnte über den sogenannten Wakhan-Korridor theoretisch eine Infiltration in Richtung China erfolgen. Dieses Szenario ist aus chinesischer Sicht möglich, jedoch unwahrscheinlich.

Wahrscheinlicher sei, dass die Taliban eine Bedrohung für Zentralasien und vielleicht auch für Pakistan darstellen werden. Die „Global Times“ wörtlich: „Der Besuch des chinesischen Staatsrates und Außenministers Wang Yi in Turkmenistan, Tadschikistan und Usbekistan und das geplante Außenministertreffen der Shanghai Cooperation Organization (SCO)-Afghanistan Contact Group in dieser Woche erfolgen inmitten eines wachsenden Überschwappens von Sicherheitsbedrohungen aufgrund der sich verschlechternden Situation in Afghanistan.“

Die zentralasiatische Republik Tadschikistan hatte in der vergangenen Woche 20.000 Reservisten für den Schutz ihrer mehr als 900 Kilometer langen Grenze zu Afghanistan mobilisiert. Das ordnete Präsident Emomali Rachmon an, nachdem mehr als 1000 afghanische Soldaten vor den Talibankämpfern in die Ex-Sowjetrepublik geflohen waren. Es war die bisher größte Zahl an Menschen innerhalb eines Tages, die sich in Sicherheit bringen wollten.

Dem chinesischen Blatt zufolge müssen vor allem Russland und China zusammenarbeiten, um die regionale Stabilität zu garantieren, ohne sich in die Innenpolitik anderer Länder einzumischen. Westliche Medien würden versuchen, die Ängste der Chinesen in Bezug auf die Region Xinjiang zu schüren. Doch offenbar geht von den Taliban keine ernsthafte Bedrohung für China aus.

In einem Interview mit „This Week in Asia“ sagte Taliban-Sprecher Suhail Shaheen, die Organisation sehe China als „Freund“ Afghanistans und hoffe, mit Peking über Investitionen in den Wiederaufbau „so bald wie möglich“ sprechen zu können, berichten die „South China Morning Post“ und die „Global Times“ übereinstimmend. Suhail sagte auch, die Taliban würden uigurischen Separatisten, von denen einige zuvor in Afghanistan Zuflucht gesucht hatten, die Einreise in das Land nicht mehr erlauben. Die Taliban würden auch verhindern, dass al-Qaida oder andere Terrorgruppen dort operieren.

Auch eine Taliban-Delegation versicherte Russland bei einem Besuch in Moskau, dass Afghanistan nicht als Plattform für Angriffe auf andere genutzt werden könne. Tatsächlich führt Russland seit geraumer Zeit Gespräche mit den Taliban (HIER). Es ist sogar denkbar, dass die Taliban im Kampf gegen den IS eingebunden werden könnten. Im vergangenen Dezember hatte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zakharova, öffentlich gemacht, dass Moskau im Kampf gegen den IS mit den Taliban Informationen austauscht, so „CNN“.

Bemerkenswert ist die jüngste Aussage der Taliban über die aufkommende Truppen-Präsenz der Türkei in Kabul. Ankara hat den USA versprochen, Truppen nach Afghanistan zu entsenden. „The Daily Sabah“ berichtet diesbezüglich: „Die Taliban warnten die Türkei am Dienstag (13. Juli 2021, Anm.d.Red.) davor, ihre Präsenz im Land auszuweiten, wenn US-geführte Truppen das Land verlassen, und betonten, die Entscheidung sei ,verwerflich‘. ,Die Entscheidung (…) ist unüberlegt. Sie stellt eine Verletzung unserer Souveränität und territorialen Integrität dar und richtet sich gegen unsere nationalen Interessen‘, sagte die Gruppe in einer Erklärung.“

Bis zum 11. September 2021 sollen etwa 2.300 bis 3.500 verbliebene US-Soldaten und etwa 7.000 verbündete NATO-Streitkräfte Afghanistan verlassen und damit das fast 20-jährige militärische Engagement beenden. Stattdessen soll die Türkei Truppen nach Afghanistan verlegen. Ankara strebt an, die geplante Mission in Kooperation mit pakistanischen und ungarischen Truppen durchzuführen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...