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Verbrenner schon 2035 verboten: Wie die EU die LKW-Hersteller noch mehr unter Druck setzt

Lesezeit: 3 min
15.07.2021 14:27  Aktualisiert: 15.07.2021 14:27
Die Vorgaben der EU, den Verbrennungsmotor bereits 2035 abzuschaffen, setzen die deutschen LKW-Hersteller jetzt noch mehr unter Druck. Denn sie müssen sich jetzt mit der Einführung der E-Trucks noch mehr beeilen als bisher.
Verbrenner schon 2035 verboten: Wie die EU die LKW-Hersteller noch mehr unter Druck setzt
Ein E-LKW beim Laden. (Foto: dpa)
Foto: Jan Woitas

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Die EU hat gerade mit einer besonderen Nachricht für Aufsehen gesorgt: So sollen ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden. Dies könnte die gesamte deutsche Volkswirtschaft belasten, aber auch die Unternehmen – beispielsweise die LKW-Industrie:

Die Produzenten Daimler Truck und Traton haben zwar bei der Einführung des E-Trucks in der jüngsten Vergangenheit gehörig Gas gegeben. Doch ist schon jetzt klar, dass dies für die Gesamtgeschäfte auch in naher Zukunft kaum eine Rolle spielt. Die EU wird sie folglich mit ihren neuen Maßnahmen noch mehr unter Druck setzen als bisher.

So haben Daimler Truck und die VW-Tochter Traton mit Volvo Anfang Juli eine Absichtserklärung über den Aufbau und den Betrieb eines öffentlichen Ladenetzes für batterieelektrische schwere Fernverkehrs-Lkw und Reisebusse in Europa unterzeichnet. Wie aus einer gemeinsamen Erklärung hervorgeht, verfolgen die Unternehmen dabei das Ziel, den Aufbau einer öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur anzustoßen und deutlich zu beschleunigen.

Die Vereinbarung sei Basis für die Gründung eines zukünftigen Joint Ventures, das von den drei Firmen zu je gleichen Teilen gehalten werden soll, heißt es. Die Aufnahme des Betriebs des Gemeinschaftsunternehmens ist für das Jahr 2022 geplant. Die Parteien wollen zunächst zusammen 500 Millionen Euro investieren, um mindestens 1.700 Hochleistungs-Ladepunkte innerhalb von fünf Jahren ab Gründung des Joint Ventures in der Nähe von Autobahnen sowie an Logistik-Hubs und an Abladestellen zu errichten.

„Für die TRATON GROUP ist klar, dass die Zukunft des Transports elektrisch ist“, sagte der CEO des Unternehmens, Matthias Gründler. „Dies erfordert den raschen Ausbau öffentlich zugänglicher Ladepunkte, insbesondere für den schweren Fernverkehr. Gemeinsam mit unseren Partnern Daimler Trucks und Volvo Group wollen wir dieses leistungsstarke Lade-Netz so schnell wie möglich umsetzen“, so der Manager der VW-Tochter.

Damit versuchen die beiden deutschen Unternehmen Daimler Truck und Traton einen Schritt nach vorne zu machen, um das Geschäft mit den E-LKW einzuführen. Der Konzern aus Stuttgart hat gerade zuvor mit dem Modell „eActros“ seinen ersten E-Truck vorgestellt, der eine Reichweite von 400 Kilometern haben soll. Es wird den Planungen zufolge im westdeutschen Werk in Würth hergestellt werden – und zwar ab Oktober 2021. Der Konzern schließt nicht aus, dass dort ab 2027 auch die ersten Serien-Lkw mit wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb verkauft werden. Die Fachpublikation „4investors“ geht davon aus, dass noch im laufenden Jahr seinen zweiten Strom-LKW vorstellt.

Darüber hinaus hat Traton bereits im Frühjahr bei der Vorlage der 2020er-Bilanz erklärt, dass es bis 2025 insgesamt 1,6 Milliarden Euro in die E-Mobilität investieren will – also pro Jahr einige hundert Millionen Euro.

Immer noch unbedeutende Anstrengungen für E-Mobilität

Was beim ersten Hinhören ambitioniert klingt, ist es aber nicht. So ist die Summe von einer halben Milliarde, die die drei Konzerne in das neue E-Ladenetz investieren, nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein – verglichen mit den jährlichen Umsätzen im bis dreistelligen Milliarden-Euro-Bereich, den die Unternehmen generieren. Darüber hinaus spielt der E-LKW bei den beiden deutschen Herstellern derzeit noch überhaupt keine Rolle. Die jährliche Investitionssumme von einigen hundert Millionen Euro, die Traton in den kommenden fünf Jahren investieren will, dürfte daran nicht viel ändern.

Nach wie vor machen Daimler Truck und Traton mit den Verbrennern fast ihre ganzen Geschäfte, die derzeit gar nicht so schlecht laufen: So hat der Daimler-Konzern im zweiten Quartal einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 820 Millionen Euro erzielt, das etwa 15 Prozent zum Gesamtgewinn des Konzerns beisteuert. Die Analysten waren von 680 Millionen Euro ausgegangen. Eine Umstellung auf den E-Truck dürfte mit Einbußen verbunden sein, den das Management bestimmt nicht so gerne sieht.

Auch bei Traton erhöhte sich der Umsatz im ersten Halbjahr auf 13,6 Milliarden Euro, nachdem es zwölf Monate zuvor noch Erlöse von 13,5 Milliarden Euro gegeben hatte. Allerdings ist auch keine Rede davon, dass die Strom-Trucks eine wesentliche Rolle spielen. Die Führungsriege spricht nur davon, dass „Auftragseingang und Absatz sich weiterhin sehr positiv entwickeln, vor allem im Lkw-Geschäft“.

Experten: Erlöse mit E-Trucks steigen bis 2027 auf 12 Milliarden Euro

Ebensowenig haben die E-Trucks am Weltmarkt eine Bedeutung, wo sich die deutschen Firmen der Übermacht der Chinesen stellen müssen. Unter den zehn größten Produzenten stammen allein sechs aus dem Reich der Mitte oder werden wie Volvo vom chinesischen Kapital kontrolliert.

An der Spitze dieses zersplitterten Marktes liegt Daimler, das 2019 16,8 Prozent des Marktes kontrolliert hat. Danach folgten die chinesischen Konzerne FAW und Dongfeng. Traton befindet sich mit acht Prozent auf dem achten Platz.

Insgesamt dürfte der E-Truck in den kommenden Jahren weltweit auch keine allzu große Bedeutung bekommen, auch wenn internationale Experten davon ausgehen, dass die Umsätze der Hersteller mit den Strom-LKW rasant steigen werden: So rechnet das internationale Analysehaus Grand View Research damit, dass die Erlöse aller Unternehmen zwischen 2020 und 2027 auf fast 14,2 Milliarden Dollar (12 Milliarden Euro) steigen werden. Das wäre zwar eine Wachstumsexplosion um mehr als 40 Prozent pro Jahr. Doch wenn berücksichtigt, dass alleine Daimler Truck 2019 rund 150 Milliarden Euro an Erlös erwirtschaftet hat, ist diese Summe mit Sicherheit nicht viel.

 


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