Politik

Syrien schließt sich Chinas Neuer Seidenstraße an

China und Syrien bauen ihre wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit aus. Für das vom Stellvertreterkrieg geschundene Land eröffnen sich damit erstmals seit Jahren wieder erfolgsversprechende Perspektiven. Die USA verhängen Sanktionen, die Chinesen bieten Investitionen.
20.07.2021 11:00
Aktualisiert: 20.07.2021 11:13
Lesezeit: 3 min
Syrien schließt sich Chinas Neuer Seidenstraße an
Syriens Präsident Baschar al-Assad. (Foto: dpa) Foto: -

Syrien will Teil des chinesischen Jahrhundert-Projekts der „Neuen Seidenstraße“ („Belt and Road Initiative“ - BRI) werden. Wie Präsident Baschar al Assad und Chinas Außenminister Wang Yi am Samstag beim Besuch Wangs in Damaskus bekanntgaben, wollen beide Seiten ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit ausbauen und haben dabei insbesondere den Wiederaufbau der infolge von mehr als zehn Jahren Stellvertreterkrieg verwüsteten Infrastruktur im Auge.

Peking heiße Damaskus im Seidenstraßen-Projekt willkommen, zitiert China Daily Wang. Syriens Außenminister Faisal Mekdad kündigte an, einen entsprechenden Vertrag mit China abschließen zu wollen. „Der Wiederaufbau Syriens nach dem Krieg wird hunderte Milliarden Dollar kosten, und das ist eine Chance für die Chinesen“, zitiert die South China Morning Post Sun Degang, den stellvertretenden Direktor des Schanghaier Institute of Middle East Studies.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit soll von einer verstärkten Kooperation beider Länder in den Bereichen der Wissenschaft, der Kultur, der Bildung sowie des Kampfes gegen terroristische Gruppen begleitet werden. China lehne die Bestrebungen ausländischer Mächte, einen „Regime Change“ in Syrien erzwingen zu wollen, ebenso ab wie die Verhängung von Sanktionen gegen das Land.

Syrien war bereits Ende des Jahres 2019 angesichts einer weitgehend zerstörten örtlichen Infrastruktur auf China mit dem Wunsch zugegangen, Teil der BRI zu werden, berichtet Silk Road Briefing. Rund ein Viertel aller Häuser im Land sind im Zuge des Stellvertreterkriegs zerstört worden, die gesamten materiellen Schäden belaufen sich auf deutlich mehr als 400 Milliarden Dollar. Verglichen mit dem Jahr 2010 brach das Bruttoinlandsprodukt um 70 Prozent ein, der Staatshaushalt lag im Jahr 2019 mit 1,1 Milliarden Dollar deutlich unter den 16,4 Milliarden Dollar aus dem Jahr 2010.

Assad: Neue Seidenstraße bietet Perspektive für das 21. Jahrhundert

Assad bezeichnete das Seidenstraßen-Projekt in einem Interview, aus dem der chinesische Auslandsfernsehsender CGTN zitiert, kürzlich als „Perspektive für das 21. Jahrhundert“. China als mächtige Nation versuche, seinen Einfluss in der Welt zu stärken. „Es ist aber nicht der negative Einfluss, an den wir uns gewöhnt haben, sondern ein Einfluss im Sinne des Vertrauens auf Freundschaft und ein Einfluss, der letztendlich auf gemeinsamen Interessen beruht. (...) Syrien ist ein kleines Land – nach internationalen, geografischen, demografischen, wirtschaftlichen und militärischen Maßstäben. Wenn wir Teil dieser Straße sind, behandelt uns China als gleichberechtigt und nicht als Supermacht.“ Die dem Seidenstraßen-Projekt zu Grunde liegende Kooperation werde allen Beteiligten nützen - Syrien, China und den anderen Staaten, so Assad.

Assad zufolge stelle die BRI eine kulturelle und zivilisatorische Beziehung dar, die letztendlich zu mehr Wohlstand und Investitionen sowie zur Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen und Sicherheitsbedingungen in den beteiligten Ländern führen werde. „Dies bedeutet mehr Stabilität in der Welt, was im Gegensatz zu dem steht, was wir in unserer modernen und jüngeren Geschichte erfahren mussten. Das sehen wir in der Seidenstraße: Stabilität und Wohlstand.“

USA besetzen Ölquellen und verhängen Sanktionen, China bietet Investitionen

Die Anbindung Syriens an Chinas Seidenstraße kann angesichts der feindlichen Haltung der US-Regierung und der Europäischen Union nur als einzig logischer Schritt verstanden werden.

So fordern sowohl die US-Regierung als auch die EU-Kommission weiterhin die Abdankung der syrischen Regierung, obwohl Syrien und wichtige arabische Staaten seit geraumer Zeit eine Annäherungspolitik betreiben und obwohl das Land noch immer teilweise von Söldnertruppen besetzt wird. Die im Nordwesten gelegene Provinz Idlib wird von Söldnern kontrolliert, die ihre Unterstützung aus der Türkei beziehen. Der Nordosten wird von kurdischen Söldnern gehalten, die mit den USA verbündet sind. Die USA verfügen zudem mit der Luftwaffenbasis al Tanf über einen Stützpunkt im Land.

Nicht zuletzt die Verhängung amerikanischer Sanktionen hatte in den vergangenen Monaten zu einer Verschärfung der Corona-Pandemie und akuter Hungerkrisen im Land geführt. Zudem besetzen amerikanische Soldaten noch immer die Ölquellen des Landes - und damit eine mögliche Quelle von dringend benötigten Einnahmen.

Klar ist, dass Damaskus seine Zukunft aufgrund dieser Gemengelage künftig im Osten und nicht im Westen sehen wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Engpässe treiben Aufwärtsrallye – warum Anleger jetzt wachsam sein müssen
09.12.2025

Der Silberpreis jagt von Rekord zu Rekord und übertrifft selbst den Hype um Gold, folgerichtig gibt es am Dienstag ein neues...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt: Sieben Wege wie Unternehmen Fachkräfte finden und halten
09.12.2025

Qualifizierte Fachkräfte werden knapp – das spüren Unternehmen bei der Personalsuche immer deutlicher. Die Folgen: Engpässe,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Milan Nedeljkovic folgt auf Oliver Zipse bei BMW
09.12.2025

BMW bekommt einen neuen Chef: Milan Nedeljkovic übernimmt das Ruder von Oliver Zipse. Der Produktionsvorstand bringt Erfahrung aus fast...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie im Fokus: Allianz-Kooperation mit Oaktree – was der Syndikat-Pakt für Anleger bedeutet
09.12.2025

Ein neuer Deal in London, ein bestätigtes Top-Rating und höhere Gewinnziele treiben die Allianz-Aktie bis an das Jahreshoch. Doch hinter...

DWN
Politik
Politik Merz fordert Abschaffung: EU-Lieferkettengesetz wird deutlich gelockert
09.12.2025

Das EU-Lieferkettengesetz sollte Unternehmen weltweit verpflichten, Menschenrechte zu achten. Doch bevor es überhaupt greift, haben sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kosten für Wohnen und Essen fressen geringere Einkommen auf
09.12.2025

Wohnen und Lebensmittel werden teurer – doch die Härte trifft nicht alle gleich. Neue Daten der Statistiker zeigen, wie stark vor allem...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putins Besuch in Indien zeigt die gefesselten Hände des Kreml
09.12.2025

Wladimir Putins Besuch in Indien sollte Stärke demonstrieren, doch die Realität wirkt gegenteilig. Der Kreml ist stark von Ölexporten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Thyssenkrupp-Aktie: Rückkehr in die Gewinnzone trotz Sanierungsdruck
09.12.2025

Thyssenkrupp meldet wieder Gewinn, doch der Preis dafür ist hoch. Der Konzern kämpft mit sinkender Nachfrage, Sanierungsrückstellungen...