Finanzen

IWF: Rekord-Ausschüttung neuer Sonderziehungsrechte nimmt letzte Hürde

Die rekordhohe Erhöhung der IWF-Sonderziehungsrechte hat die letzte Hürde genommen. Deutschland geht einen Sonderweg.
03.08.2021 10:40
Aktualisiert: 03.08.2021 10:40
Lesezeit: 2 min

Das oberste Gremium des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat einer beispiellosen Erhöhung der finanziellen Schlagkraft der Organisation um 650 Milliarden US-Dollar zugestimmt. "Dies ist eine historische Entscheidung", erklärte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa Montagabend (Ortszeit) in Washington. Der IWF will mit der Finanzspritze vor allem Entwicklungs- und Schwellenländern zur Überwindung der Corona-Krise zusätzliche Liquidität zur Verfügung stellen - ohne deren Verschuldung zu erhöhen.

Es handelt es sich nicht um eine Kapitalerhöhung im eigentlichen Sinn. Der IWF verfügt über seine eigene Reservewährung, die sogenannten Sonderziehungsrechte (SDR). Die Menge dieser Rechte soll nun um 650 Milliarden Dollar (rund 548 Milliarden Euro) erhöht werden - das Ganze soll am 23. August in Kraft treten. Es handle sich um die größte SDR-Zuteilung in der Geschichte des IWF, so Georgiewa. "Sie wird insbesondere unseren schwächsten Ländern helfen, die mit den Auswirkungen der Covid-19-Krise zu kämpfen haben."

Etwa 275 Milliarden US-Dollar sollen an Schwellen- und Entwicklungsländer gehen. Es werde jetzt nach Wegen gesucht, wie reiche Staaten die neuen Mittel an ärmere Länder weitergeben könnten, wenn sie dies wollten. Eine Option dabei sei, die Sonderziehungsrechte an Hilfsfonds für besonders arme Länder abzugeben oder einen ganz neuen Fonds für diese Aufgabe zu schaffen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich bei einem Corona-Hilfsgipfel für Afrika im Mai in Paris dafür stark gemacht, dass die reichsten Länder ihre Sonderziehungsrechte an die ärmsten Länder, insbesondere in Afrika, umverteilen. Der Einsatz der SDR ist zum Beispiel für Staaten interessant, die in Zahlungsbilanzkrisen stecken oder die sich auf dem internationalen Kapitalmarkt nur zu sehr hohen Kosten verschulden könnten. Der IWF hatte die SDR erstmals nach der Finanzkrise 2008/2009 in großem Stil zum Einsatz gebracht.

Sonderziehungsrechte sind ein künstliches Guthaben des IWF, bestehend aus US-Dollar, Euro, japanischm Yen, britischem Pfund und chinesischem Renminbi. Die Mittel können gegen gängige Währungen wie Dollar, Euro oder Yen eingetauscht werden. Die Erhöhung um 650 Milliarden Dollar ist die höchste in der IWF-Geschichte. Jedes der 190 IWF-Mitglieder wird nun entsprechend seines Stimmanteils am Fonds neue Mittel bekommen. Georgiewa sagte, alle Länder profitierten von der Maßnahme, die zur Widerstandsfähigkeit und Stabilität der Weltwirtschaft beitragen werde.

Deutschland will Insidern zufolge armen Ländern über andere Wege helfen, die Sonderziehungsrechte sollen bei der Bundesbank verbleiben. Insgesamt hat der IWF bislang eine Billion Dollar als mögliche Finanzhilfen zur Verfügung. Zuletzt wurden die IWF-Mittel 2009, also nach der globalen Finanzkrise, aufgestockt - damals um 250 Milliarden Dollar.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...