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Neuer Akt im Schattenkrieg: Sonderbare Schiffsentführung im Golf von Oman ist plötzlich beendet

Lesezeit: 4 min
04.08.2021 10:39  Aktualisiert: 04.08.2021 10:39
Keine 24 Stunden, nachdem angeblich ein Tanker im Golf von Oman entführt wurde, hat sich die Lage wieder entspannt.
Neuer Akt im Schattenkrieg: Sonderbare Schiffsentführung im Golf von Oman ist plötzlich beendet
Juni 2019: Ein von der Iranian Students' News Agency (ISNA) zur Verfügung gestelltes Foto zeigt einen brennenden Öltanker. Inmitten der Spannungen mit dem Iran ist es nahe der Küste des Landes zu schweren Zwischenfällen mit Handelsschiffen von Reedereien aus Deutschland und Norwegen gekommen. (Foto: dpa)
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Keine 24 Stunden nach dem Beginn einer mutmaßlichen Schiffsentführung im Golf von Oman soll sich die Lage dort wieder entspannt haben. Bewaffnete Männer sollen einigen Medienberichten zufolge am Dienstag den unter Flagge Panamas fahrenden Tanker "Asphalt Princess" entführt haben. Die Männer hätten das Schiff nun verlassen, teilte die britische Warnzentrale für die Seefahrt UKMTO am Mittwoch mit. "Das Schiff ist sicher. Der Zwischenfall ist beendet", hieß es.

Die auf maritime Sicherheit spezialisierten Firma Lloyd's List teilte mit, das Schiff sei wieder auf dem Weg in Richtung Oman. Zuvor hieß es, die mutmaßlichen Entführer hätten das Schiff in Richtung Iran gesteuert. Eine offizielle Bestätigung für die Entführung oder dafür, was genau vorgefallen war, gab es nicht.

Die britische Zentrale UKMTO hatte Schiffe in der Region am Dienstag wegen einer möglichen Entführung gewarnt. Nach Informationen der britischen "Times" hatten bewaffnete Männer den 135 Meter langen Tanker etwa 60 Seemeilen östlich des Emirats Fudschaira in ihre Gewalt gebracht. Die Regierung in London gehe davon aus, dass der Iran oder verbündete Milizen verantwortlich seien, so die Zeitung. Das britische Außenministerium erklärte, man "untersuche dringend einen Vorfall auf einem Schiff vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate".

Das iranische Außenministerium wehrte sich gegen die Vorwürfe und warnte vor grundlosen Unterstellungen. "Diese kontinuierlichen Vorfälle für die Schiffe im Persischen Golf sind äußerst fragwürdig und verdächtig", sagte Außenamtssprecher Said Chatibsadeh nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna.

Der Golf von Oman liegt zwischen dem Oman und dem Iran. Schiffe gelangen über den Golf von Oman und die Straße von Hormus in den Persischen Golf. Die Route gilt als eine der wichtigsten Seeverbindungen des internationalen Handels. Die Lage in der Region ist vor allem für die Seefahrtsbranche angespannt. Zuletzt waren vor knapp einer Woche bei einem mutmaßlichen Drohnenangriff auf den Öltanker "Mercer Street" ein Brite und der rumänische Kapitän getötet worden.

Israel und Iran liefern sich Schattenkrieg

Drohnen sollen den Öltanker «M/T Mercer Street» im Persischen Golf attackiert haben. Der rumänische Kapitän und ein britisches Besatzungsmitglied sterben bei dem Vorfall. Neben Irans Erzfeind Israel machen Rumänien, Großbritannien und die USA Teheran für den Angriff am Donnerstag verantwortlich. Sie drohen mit einer harten Reaktion. Der Iran wiederum dementiert kategorisch eine Verwicklung in den Angriff. Was steckt hinter dem Vorfall? Und droht nun eine militärische Eskalation?

Das Schiff wird von der Firma Zodiac Maritime mit Sitz in Großbritannien verwaltet. Vorsitzender der Zodiac-Gruppe ist der israelische Geschäftsmann Ejal Ofer, der nach Medienberichten auch Anteile der Gruppe besitzt. Bereits in den vergangenen Monaten waren in der Region mehrfach Schiffe mit Verbindungen zu Israelis angegriffen worden - Israel machte dabei immer wieder den Iran verantwortlich - ebenso wie iranische Schiffe Opfer mutmaßlicher Attacken wurden.

Der ehemalige Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, Amos Jadlin, sagt: «Es ist kein Geheimnis (...), dass es zwischen Israel und dem Iran einen verborgenen Schattenkampf gibt.» Dies sei kein ausgewachsener Krieg, aber ein «Schattenkrieg» an allen Fronten, auf dem Wasser, in der Luft, im Internet und manchmal auf dem Boden. «Beide Seiten greifen sich gegenseitig an, meistens ohne die Verantwortung dafür zu übernehmen, weil dies ein Teil des Spiels ist.» Wer keine Verantwortung übernehme, zwinge die andere Seite nicht zu einer Reaktion.

Der Iran baue Truppen im ganzen Nahen Osten auf, im Irak, in Syrien, im Libanon und im Jemen, sagt Jadlin - irantreue Kräfte, die wiederum Israel angreifen sollen.

Israel werden dafür immer wieder Angriffe auf iranische Atomanlagen zugeschrieben. Der jüdische Staat sieht sich durch das Atom- und Raketenprogramm seines Erzfeindes in der Existenz bedroht. Außerdem bombardiert Israels Armee regelmäßig Ziele in Syrien um zu verhindern, dass der Iran seinen Einfluss in dem Stellvertreterkriegsland ausbaut.

So schreibt die linksliberale israelische Zeitung «Haaretz», die Attacke auf den Öltanker sei eine Reaktion auf angeblich israelische Angriffe in Syrien zwei Wochen zuvor gewesen. Bei einem der Angriffe sei ein Offizier der Al-Kuds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden verwundet worden.

Die iranische Führung und die Revolutionsgarden (IRGC) hatten Israel auch Rache geschworen wegen der Sabotageoperationen in der Atomanlage Natans sowie der Ermordung des Atomphysikers Mohsen Fachrisadeh im November vergangenen Jahres. «Das waren Terrorakte und Irans Rache wird kommen, zum richtigen Zeitpunkt und am geeigneten Ort», sagte Außenamtssprecher Said Chatibsadeh im April.

Der Iran hat die Schuldzuweisungen seitens Israel, Großbritannien und den USA für den Angriff auf den Tanker trotzdem als politische Provokation bezeichnet. Keines der drei Länder könne Beweise liefern, dass der Iran hinter dem Angriff stehe. Außerdem warnte das Außenministerium in Teheran, dass falls diese «Abenteuerspielchen» die Sicherheit des Landes gefährden sollten, der Iran konsequent reagieren werde. Zudem wirft Teheran Israel vor, mit diesen «Szenarien» einen Erfolg der Atomverhandlungen und eine eventuelle Aufhebung der US-Sanktionen gegen den Iran zu sabotieren.

Auch nach dem neuesten Zwischenfall am Dienstag - einer möglichen Schiffsentführung im Golf von Oman - übt sich Teheran in Unschuldsbeteuerungen. Das Außenministerium bezeichnete den Vorfall als «verdächtig» und warnte vor erneut grundlosen Unterstellungen gegen den Iran. «Diese kontinuierlichen Vorfälle für die Schiffe im Persischen Golf sind äußerst fragwürdig und verdächtig», sagte Außenamtssprecher Said Chatibsadeh am Dienstag. Vor allem sollten die Vorfälle nicht als Vorwand für die Umsetzung von bestimmten politischen Zielen in der Region instrumentalisiert werden.

Israel galt unter dem langjährigen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als schärfster Kritiker des Atomabkommens. Doch auch der neue Regierungschef Naftali Bennett erklärte gleich zum Amtsantritt Mitte Juni, er lehne eine Rückkehr zu dem Abkommen ab. Israel werde es dem Iran nicht erlauben, Nuklearwaffen zu erlangen und behalte sich «volle Handlungsfähigkeit» vor, sagte er damals.

Sicherheitsexperte Jadlin erwartet allerdings aktuell keine Eskalation der Lage. Er sagt, die erste Reaktion der israelischen Verantwortlichen nach dem Angriff auf das Schiff sei gewesen: «Wir können die Attacke nicht ignorieren, wir müssen uns rächen.» Doch offenbar sei man nun der Ansicht, diesen Vorfall besser diplomatisch zu nutzen. «Er zeigt der Welt, dass der Iran ein Terrorstaat ist.»

Regierungschef Bennett sagte am Sonntag, das aggressive Vorgehen Teherans gefährde «nicht nur Israel, sondern globale Interessen, die freie Schifffahrt und den internationalen Handel». Man erwarte von der internationalen Gemeinschaft, «dem iranischen Regime deutlich zu machen, dass es einen schweren Fehler begangen hat».

Außenminister Jair Lapid und Verteidigungsminister Benny Gantz forderten bei einem Treffen mit Botschaftern von Ländern aus dem UN-Sicherheitsrat die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. «Es ist Zeit für diplomatische, wirtschaftliche und sogar militärische Taten - sonst werden die Angriffe weiter gehen», sagte Gantz.

Jadlin ist jedoch der Ansicht, dass weder der Iran noch Israel Interesse an einem ausgewachsenen Krieg haben. «Sie sind beide sehr vorsichtig, nicht zu einem Punkt zu eskalieren, an dem sie die Eskalation nicht mehr kontrollieren können.»


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