GDL-Chef Claus Weselsky wertet die ersten Stunden des Streiks bei der Deutschen Bahn als vollen Erfolg. Der Arbeitskampf laufe "hervorragend", sagte der Chef der Lokführer-Gewerkschaft GDL am Mittwoch im Gespräch mit Reuters TV. "Ich muss sehr deutlich sagen, dass unsere Kollegen sehr diszipliniert in den Streik eingetreten sind."
Bereits um 06.00 Uhr morgens habe man um die 700 Züge zum Stillstand gebracht. Zudem hätten auch Fahrdienstleiter in mehreren Stellwerken mitgestreikt, sagte Weselsky. Dies sei für die GDL besonders ermutigend, da sie sich auch jenseits des Zugpersonals bei der Bahn ausbreiten wolle. Der Ausstand sei bundesweit und treffe Nah-, Fern- und Güterverkehr. Da es in Westdeutschland aber noch Beamte gebe, die nicht streiken dürften, seien die Auswirkungen in Ostdeutschland größer.
Weselsky wehrte sich gegen den Vorwurf, der Streik sei wegen jetzt überfüllter verbleibender Züge in der Corona-Pandemie besonders gefährlich. Die Züge seien teils schon vor dem Arbeitskampf sehr voll gewesen. Zudem habe die GDL schon vor längere Zeit ein Reservierungssystem gefordert, um die Zugauslastung zu steuern. Die Bahn habe dies abgelehnt.
Die GDL will noch bis Freitagmorgen 02.00 Uhr streiken, um ihren Tarifforderungen Nachdruck zu verleihen.
Streik legt Bahnverkehr in Deutschland weitgehend lahm
Der Streik der Lokführer-Gewerkschaft GDL lähmt den Personen- und Güterverkehr in Deutschland. Mitten in der Ferienzeit und in der Corona-Pandemie mussten sich Urlauber und Pendler am Mittwoch vielerorts auf Zugausfälle und Verspätungen einstellen. "Nach unserer Beobachtung ist der Streik bundesweit wirksam", sagte Bahnsprecher Achim Stauß in Berlin. Die Bahn versuche im Fernverkehr ein Viertel der IC- und ICE-Züge auf die Schiene zu bringen und zwischen den großen Metropolen zumindest einen Zwei-Stunden-Takt sicherzustellen. Auch der S-Bahn-Verkehr war seit den frühen Morgenstunden betroffen. "Wir tun unser möglichstes dafür, die Menschen heute noch ans Ziel zu bringen", sagte Stauß. Er rief Reisende zugleich auf, nicht notwendige Fahrten zu verschieben.
Angesetzt ist der Streik bis Freitagfrüh um 02.00 Uhr. "Ob wir weiter streiken und wann, entscheiden wir nicht am Freitagmorgen, wenn wir aus dem Streik rausgehen, sondern das entscheiden wir nächste Woche", sagte GDL-Chef Claus Weselsky im ZDF. Vorwürfe, der Streik sei erst am Dienstagvormittag und damit zu kurzfristig angekündigt worden, wies er zurück. "Sie wissen, dass es keine gute Zeit gibt, in der man einen Arbeitskampf in einem Eisenbahnsystem machen kann."
Die Zeiten seien "früh genug" bekanntgegeben worden, sagte Weselsky. Es sei klar gewesen, dass es am kommenden Wochenende wegen auslaufender Ferien eine erhöhte Reisefrequenz geben werde. Die Gewerkschaft habe daraufhin entschieden, von Mittwoch- bis Freitagmorgen auch im Personenverkehr zu streiken. Der Güterverkehr wird bereits seit Dienstagabend bestreikt.
Weselsky begründete den Streik damit, dass das Angebot der Bahn in den Tarifverhandlungen aus Sicht der GDL inakzeptabel sei. Die GDL werde erst dann an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn die Bahn ein verbessertes Angebot mache. Personalvorstand Martin Seiler "belügt die Öffentlichkeit, belügt die Eisenbahnerschaft, und tut so, als würde er seit Juni immer wieder neue und verbesserte Angebote bringen. Dem ist nicht so", sagte Weselsky. Weil zu einem Streit auch immer zwei gehörten, sei am Ende der Bahn-Konzern dafür verantwortlich, "dass die Auseinandersetzung jetzt auch auf dem Rücken von Reisenden stattfindet."
Die Bahn rief die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Wir waren ja schon relativ nahe beieinander, was die Lohnerhöhungen betrifft", sagte Bahn-Sprecher Stauß. Den Streit über die Laufzeit eines Tarifvertrags könne man in Verhandlungen lösen. Auf die Frage, ob die Bahn ein neues Angebot vorlegen werde, sagte Stauß: "Jetzt geht es erst einmal darum, den Streik zu bewältigen."