Vor fünfzig Jahren wurde durch US-Präsident Richard Nixon das „Goldfenster geschlossen“, wie die Amerikaner sagen. Nixon wies seinen Finanzminister John Connally an, die Kopplung des Dollars an Gold aufzuheben. Das Ausland erhielt von der US-Notenbank Federal Reserve nun kein Gold mehr, wie es eigentlich – im Vertrag von Bretton Woods – zum garantierten Preis von 35 Dollar pro Feinunze zugesichert worden war.
In einer weltweit verfolgten Fernsehansprache behauptete Nixon, dass diese Maßnahme nur vorübergehend sein werde. Doch in Wirklichkeit wurde die Entkopplung des Dollars vom Gold nie wieder zurückgenommen. Von nun an waren der Dollar und alle anderen Währungen der Welt, die seit Bretton Woods an den Dollar geknüpft gewesen waren, reine Fiat-Währungen.
Nixons Anordnung vom 15. August 1971 war der Endpunkt eines langen Weges immer weiter weg vom klassischen Goldstandard. Denn schon im Jahr 1933 war auch in den USA der klassische Goldstandard abgeschafft worden. Damals hatte Präsident Franklin D. Roosevelt den Umtausch von Dollars in Gold für die Bürger des Landes beendet, ihnen wurde sogar der Goldbesitz insgesamt verboten.
Allerdings konnten ausländische Regierungen und Zentralbanken weiterhin Gold im Verhältnis von 35 Dollar pro Unze einlösen. In den USA blieb also eine Kopplung ans Gold bestehen. Alle anderen Währungen der Welt wurden Mitte 1944 auf einer internationalen Konferenz in Bretton Woods im US-Bundesstaat New Hampshire an den Dollar und somit indirekt auch an Gold geknüpft.
Das Ausland nutzte nun den Dollar im großen Stil als Reservewährung, da dieser vertraglich durch Gold gedeckt war. Doch spätestens in den 1960er Jahren, als die Federal Reserve im großen Stil Dollar druckte, um die massiven Staatsausgaben der USA unter anderem für den Vietnamkrieg zu finanzieren, stieg im Ausland die Sorge im Hinblick auf die Fähigkeit der USA, Dollar in Gold auszuzahlen.
„Im August 1971 beschloss die französische Regierung, ihre Verärgerung über die Politik der Vereinigten Staaten in aller Öffentlichkeit zum Ausdruck zu bringen“, schrieb vor zehn Jahren der spätere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis. „Präsident George Pompidou befahl einem Zerstörer, nach New Jersey zu segeln, um US-Dollar gegen in Fort Knox gelagertes Gold einzutauschen, wie es ihm nach Bretton Woods zustand!“
Weiter schreibt Varoufakis: „Wenige Tage später stellte die britische Regierung von Edward Heath ein ähnliches Ersuchen, allerdings ohne die königliche Marine einzuschalten, und forderte Gold im Gegenwert von 3 Milliarden Dollar, die die Bank of England besaß. [...] Präsident Nixon war außer sich vor Wut. Vier Tage später, am 15. August 1971, verkündete er das tatsächliche Ende von Bretton Woods.“
Sicherlich brachte das Vorgehen Frankreichs und Großbritanniens die USA in Bedrängnis – und Nixon möglicherweise auch tatsächlich in Rage. Aber genauso sollte doch der Goldstandard nach Bretton Woods funktionieren. Dass die USA nun nicht mehr genug Gold hatten, um die enorm angewachsene Dollar-Geldmenge zu decken und somit ihre vertraglichen Zusagen gegenüber der Welt einzuhalten, ist eine Folge ihrer eigenen Politik.
Auf den ersten Blick scheint es, dass nicht nur Frankreich und Großbritannien, sondern auch alle anderen Staaten der Welt stärker gegen das einseitige Vorgehen der USA hätten protestieren sollen. Immerhin weigerten sich die USA, den Vertrag von Bretton Woods einzuhalten und Gold für Dollar zu liefern. Die Staaten der Welt hatten über Nacht plötzlich keine Ansprüche auf Gold mehr in den Bilanzen, sondern bloßes Papier.
Dieser Vertragsbruch, der einem Diebstahl von nie dagewesenem Ausmaß gleichkam, wäre für Frankreich, Großbritannien und andere Staaten sicherlich ein hinreichender Kriegsgrund gewesen. Doch nichts dergleichen geschah, was sich nicht nur aus der damals noch überwältigenden Militärmacht der Amerikaner erklärt, sondern auch aus der Tatsache, dass die Staaten der Welt auf den zweiten Blick gut mit dem Betrug leben konnten.
Denn zwar waren die Dollarreserven aller Staaten der Welt plötzlich viel weniger wert, doch zugleich waren nun auch sie von der (indirekten) Bindung ans Gold befreit. Auch sie konnten von nun an mehr Geld drucken und mehr Schulden machen. Leidtragende waren überall auf der Welt die Bürger, deren Löhne von nun an nicht mehr mit der wachsenden Inflation mithalten konnten.
Die USA hatten bereits in den 60er Jahren getan, was durch den Goldstandard eigentlich hätte verhindert werden sollen: Sie hatten schlicht zu viel Geld gedruckt. Und anstatt zu fiskalischer und geldpolitischer Disziplin zurückzukehren, kappte Präsident Nixon die letzten Bindungen des Dollars ans Gold. Nun konnte die Federal Reserve ungehemmt die Geldmenge erhöhen, sodass die US-Regierung ungehemmt Schulden machen konnte.
„Vor 1971 gab es eine natürliche Grenze dafür, wie viel Geld gedruckt werden konnte“, schreibt Frank Holmes, CEO von U.S. Global Investors, im Magazin Forbes. Denn die Neuemissionen hingen von der Goldmenge ab, die in der Staatskasse lag. Heute hingegen nähert sich die Staatsverschuldung der USA der astronomischen Summe von 28 Billionen Dollar, was mehr als 130 Prozent der Wirtschaftskraft des Landes entspricht.
Die Geldmenge in den USA ist seit 1971 auf mehr als das Zwanzigfache angestiegen. Der Investmentanalyst Nick Giambruno schreibt: „Die Ablehnung von gesundem Geld ist der Hauptgrund dafür, dass die Inflation das Lohnwachstum seit Anfang der 1970er Jahre aufgefressen hat – und der Hauptgrund dafür, dass die Lebenshaltungskosten explodiert sind.“
Wie stark der Dollar seit Nixons verhängnisvoller Entscheidung an Wert verloren hat, zeigt sich am Goldpreis, der von damals 35 Dollar auf aktuell rund 1.800 Dollar angestiegen ist. Dies ist – im Verlauf von nur 50 Jahren – ein Anstieg um den Faktor 50, obwohl Gold, objektiv betrachtet, noch genauso viel, und nicht mehr oder weniger, wert ist wie damals. Selbst unter Beachtung der offiziellen Inflationsraten hat der Dollar seit 1971 rund 85 Prozent seines Wertes verloren.
Mit dem Ende des Goldstandards begann in den USA auch der Abstieg der Mittelschicht. Denn während die Einkommenszuwächse der unteren 90 Prozent nach dem Zweiten Weltkrieg in die Höhe geschnellt waren, stagnieren sie etwa seit dem Jahr 1971. Das Vermögen des oberen 1 Prozent ist hingegen explodiert. Die Superreichen waren die wohl größten Gewinner der Abkopplung vom Gold.