Weltwirtschaft

Verband warnt vor akuter Nahrungsmittelknappheit in Großbritannien

Lesezeit: 2 min
21.09.2021 12:52  Aktualisiert: 21.09.2021 12:52
„Wir haben noch etwa zehn Tage, bevor Verbraucher, Kunden und Restaurantbesucher merken, dass diese Produkte nicht vorrätig sind“, sagt der Chef des Lebensmittel- und Getränkeherstellerverbands FDF.
Verband warnt vor akuter Nahrungsmittelknappheit in Großbritannien
Boris Johnson (M), Premierminister von Großbritannien, spricht mit Gary McGougan (l), Betriebsleiter der Moray Offshore Windfarm East, und Kwasi Kwarteng, Wirtschaftsminister von Großbritannien, während eines Besuchs auf der Moray Offshore Windfarm East vor der Küste von Aberdeenshire. (Foto: dpa)
Foto: Jane Barlow

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Wegen einer CO2-Krise in Großbritannien drohen nach Ansicht der Lebensmittelindustrie bald akute Versorgungsprobleme in Supermärkten und Gastronomie. Vor allem die Produktion von Hühner- und Schweinefleisch sowie von Backwaren sei betroffen, sagte Ian Wright, Chef des Lebensmittel- und Getränkeherstellerverbands FDF, am Dienstag dem Sender BBC Radio 4. "Wir haben noch etwa zehn Tage, bevor Verbraucher, Kunden und Restaurantbesucher merken, dass diese Produkte nicht vorrätig sind", sagte Wright.

Wegen Zehntausender fehlender Lastwagenfahrer kam es zuletzt bereits zu Lücken in den Regalen. Derzeit belastet zudem ein extremer Mangel an Kohlenstoffdioxid (CO2) die Herstellung etwa von Fleischprodukten. Das Gas wird dazu benötigt, Verpackung vakuumsicher zu versiegeln. Auch bei der Herstellung von Bier und Softdrinks ist CO2 ein wichtiger Rohstoff.Es handle sich um eine echte Krise, sagte Wright. Die Lieferketten zur Versorgung von Supermärkten und Gastronomie stünden so stark unter Druck wie seit 40 Jahren nicht mehr.

CO2 fällt bei der Düngemittelproduktion an. Düngemittelhersteller wurden aber zuletzt von den enorm gestiegenen Energiepreisen getroffen. Vor allem die Preise für Erdgas sind stark gestiegen. Der wichtige Hersteller CF Industries legte deshalb vorerst zwei Fabriken in Großbritannien still. Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng sagte am Dienstag, er verhandle mit dem US-Unternehmen über vorübergehende finanzielle Hilfen.

Die in die Höhe geschnellten Erdgaspreise - das Plus seit Jahresbeginn beträgt rund 250 Prozent - sorgen auch unter Verbrauchern für Unruhe. Kwarteng räumte ein, dass vor allem ärmeren Familien ein harter Winter bevorstehe. Der Anstieg der Gaspreise fällt mit einer Kürzung der Sozialversicherungsleistung zusammen, die die Regierung wegen der Corona-Pandemie erhöht hatte. Kwarteng und die Aufsichtsbehörde Ofgem kündigten an, die Preisobergrenze für Energiekosten solle anders als geplant vorerst nicht erhöht werden.

Kwarteng stellte am Dienstag Staatshilfen für Energiekonzerne in Aussicht.

Auf die Frage des TV-Senders Sky News, ob staatlich unterstützte Kredite für Energiefirmen eine Option seien, sagte Kwarteng: "Es gibt viele Möglichkeiten." Ein Unternehmen habe hohe Kosten, wenn es Hunderttausende Kunden von einem anderen gescheiterten Unternehmen übernehmen müsse. "Das kostet Geld und es kann durchaus eine Unterstützung für eine Art Kredit geben. Das wird diskutiert." In der Regel müssten große Energiekonzerne den Marktaustritt von fünf bis acht kleineren Energieunternehmen pro Jahr verkraften. Dieses Jahr sei die Zahl höher.

Die Gaspreise sind in Großbritannien seit Jahresanfang um 250 Prozent gestiegen. Mehrere kleinere Energieversorger mussten deshalb den Handel einstellen. Große Unternehmen wie National Grid, Centrica und EDF sollen die Kunden übernehmen. Doch die Konzerne fürchten Risiken, weil sie für die neuen Kunden Gas zu aktuellen, höheren Preisen einkaufen müssen.

Der Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate geht davon aus, dass die Gaspreise hoch bleiben. Die niedrigen Preise aus der Vergangenheit seien nicht nachhaltig, sagte Suhail al-Masruei bei einer Branchenkonferenz in Dubai. Im Markt seien neue Investitionen nötig. Solange es diese nicht gebe, werde die Angebotsknappheit die Preise treiben. Für einige Länder seien die hohen Preise kritisch, fügte er hinzu. Der Markt sei nicht darauf ausgelegt, längerfristig mit so hohen Preisen zurechtzukommen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...