Finanzen

Wachsende Krisenangst ist Omen, dass der große Crash wirklich kommt

Wenn große Teile der Bevölkerung eine Krise erwarten, dann ist dies ein echtes Warnsignal. Denn die Märkte werden von den Erwartungen der Anleger getrieben.
18.10.2021 10:34
Aktualisiert: 18.10.2021 10:34
Lesezeit: 4 min

Aristoteles hat sich in mehreren seiner Werke dem Thema „Angst“ gewidmet, das er auch in seinem berühmten Konzept der „Lehre von der gesunden Mitte“ behandelt. Dieser Lehre zufolge stellen die positiven menschlichen Charaktereigenschaften jeweils die Mitte zwischen einem Mangel und einem Übermaß dar. So bildet die Tapferkeit die Mitte zwischen Feigheit und Tollkühnheit. Der große griechische Philosoph verdammt die Angst also nicht prinzipiell, sondern lehnt sie nur dann ab, wenn sie ein Übermaß erreicht, also zur Feigheit wird.

Wer selbst in großer Gefahr keinerlei Angst hat, der ist Aristoteles zufolge nicht tapfer, sondern tollkühn. Es geht darum, in einem angemessenen Maße Angst zu haben, was laut dem Philosophen der Mensch von Kindheit an durch Gewöhnung erreichen kann, indem er seine Angst im richtigen Augenblick überwindet und ihr im richtigen Augenblick nachgibt. Auch wenn Aristoteles seine Lehre bereits im vierten Jahrhundert vor Christus entwarf, so ist sie doch bis heute durchaus von praktischer Relevanz.

Der Zustand der Angst spielt in unserer Gesellschaft nämlich mehr denn je eine große Rolle. Die Vielfalt an Informationen, die uns heute rund um die Uhr zur Verfügung stehen, und von denen eine große Anzahl mehr falsch als richtig sind, bieten jedem Menschen, jeder Persönlichkeit, jedem Charakter die für ihn passende Krise. Und diese verschiedenen Zukunftsängste haben enorme Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, Finanzen, Politik und Kultur.

Mit einigen der in der heutigen Zeit am meisten gefürchteten Krisen wollen wir uns im vorliegenden Magazin befassen, darunter die Angst vor einer Klimakatastrophe oder die Angst vor dem Great Reset. Dabei soll es weniger darum gehen, welche dieser Ängste berechtigt sind und welche nicht, sondern eher darum, wie Panik und/oder Apathie der Krise den Weg eben und ihr Entstehen unaufhaltsam machen. Weiterhin werden wir uns damit befassen, auf welche Krisen die Bundesrepublik gut und auf welche sie nicht gut vorbereitet ist. Und wir werden aufzeigen, wie sich die Finanzbranche die verschiedenen Ängste der Menschen zunutze macht.

Apropos Finanzen: Für Anleger ist es nicht nur entscheidend zu wissen, welche Krisen tatsächlich drohen, damit sie sich entsprechend absichern können. Ebenso wichtig ist es zu wissen, welche Krisen die Mehrheit der Anleger insgesamt fürchten und was man dagegen tun kann. Denn die Bewertungen und Kurse der Wertanlagen hängen nicht davon ab, was tatsächlich geschehen wird, sondern davon, was die Mehrheit der Anleger erwartet.

Nehmen wir an, ein Investor glaubt nicht an die – angeblich bevorstehende – Krise auf dem, sagen wir mal, Automarkt. Also behält er seine Aktien. Und tatsächlich: Die Probleme sind herbeifantasiert, die Angst völlig unbegründet. Doch die Mehrheit der Investoren glaubt an die sich anbahnende Krise. Sie stößt ihre Aktien ab, die Kurse fallen – das heißt, obwohl unser Investor die Zukunft korrekt vorhersagte, verliert er, weil die anderen Investoren die Zukunft eben nicht richtig einschätzten.

Daher ist es von Vorteil, nicht nur die Fakten und Zusammenhänge zu kennen und eine realistische Vorstellung von der Zukunft zu haben, sondern auch die Prognosen der anderen Marktteilnehmer zu verfolgen – auch wenn diese absurd zu sein scheinen – und dann die entsprechenden Folgen dieser Prognosen für die Bewertungen der verschiedenen Anlageformen abzuschätzen. In dieser Hinsicht ist die Geldanlage weniger ein Schach- als ein Pokerspiel.

Der legendäre Investor George Soros spricht in diesem Zusammenhang von „Reflexivität“, womit er meint, dass nicht die rationale Beurteilung der entscheidende Faktor bei der Preisfindung ist, sondern die Annahmen der Investoren, da diese Annahmen die erwartete Entwicklung tatsächlich herbeiführen können, was wiederum die Annahmen der Investoren beeinflusst, usw. Dieser sich selbst verstärkende Prozess kann dazu führen, dass irrationale Annahmen irrationale Preisblasen bilden.

Soros sieht die globale Finanzkrise als ein Beispiel für seine Theorie: Als die Banken wegen der steigenden Immobilienpreise mehr Hypothekenkredite vergaben, führte das wiederum zu einer größeren Nachfrage und damit zu einem Anstieg der Preise. Schließlich platzte die Blase, was die Große Finanzkrise und eine globale Rezession nach sich zog. Wenn diese Theorie stimmt, so folgt daraus vor dem Hintergrund der derzeitigen allgemeinen Krisenerwartungen in Sachen internationales Finanzsystem, dass man schleunigst beginnen sollte, sich entsprechend vorzubereiten – denn die Angst vor dem großen Crash ist allgegenwärtig.

Anzeige
DWN
Technologie
Technologie Erkennen Sie schnell instabile Li-Ion-Batterien

Brady Corporation bietet eine neue, kostengünstigere Lösung an, um instabile Li-Ion-Batterien im Lager schnell und einfach zu erkennen....

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt E-Scooter: „Die letzte Meile der Mobilität braucht Liebe“ – Egret-Gründer über urbane Elektromobilität und Innovation
24.01.2025

Von der Boygroup auf die Bühne der Elektromobilität: Florian Walberg kämpfte in Brüssel für die Legalisierung von E-Scootern, baute in...

DWN
Politik
Politik Trumps harter Migrationskurs: Abschiebungen verschärft, Grenzen dicht gemacht
24.01.2025

Im Wahlkampf wetterte Donald Trump fast bei jedem Auftritt gegen Migranten. Nun führt er die neue US-Regierung – und diese zeigt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Weltwirtschaftsforum in Davos beendet: Wie Trump das WEF-Treffen dominierte
24.01.2025

Beim Weltwirtschaftsforum geht es eigentlich darum, die Welt mit mehr Handel und Kooperation zusammenzuführen. Doch das Treffen der...

DWN
Politik
Politik Merz drängt auf Asylwende: "Werden diese Anträge einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt“
24.01.2025

CDU-Kanzlerkandidat Merz will eine Kehrtwende in der Asylpolitik und dafür Anträge zur Eindämmung der illegalen Migration im Bundestag...

DWN
Technologie
Technologie Energieimport Deutschland: 80 Milliarden Euro für fossile Brennstoffe!
24.01.2025

Energieimport Deutschland: Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen kostet das Land astronomische Summen, während gleichzeitig die...

DWN
Politik
Politik Wen soll ich wählen 2025? Die Folgen der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg
24.01.2025

Wen soll ich wählen bei der Bundestagswahl 2025? Diese Frage stellen sich gerade Millionen Deutsche. Einige wissen die Antwort bereits,...

DWN
Finanzen
Finanzen Erben und Vererben - steuerliche Aspekte im Überblick
24.01.2025

Erbschaften und Schenkungen sind in Deutschland nicht nur mit emotionalen, sondern auch mit steuerlichen Herausforderungen verbunden....

DWN
Politik
Politik Trump gibt Selenskyj Kriegsmitschuld: "Hätte das nicht tun müssen"
24.01.2025

Für Donald Trump liegt die Verantwortung für die Eskalation des Ukraine-Kriegs auch beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj....