Deutschland

Deutsche Inflationsrate erstmals seit 1993 mit Vier vor dem Komma

Lesezeit: 2 min
13.10.2021 08:48  Aktualisiert: 13.10.2021 08:48
In Deutschland ist die Inflationsrate im September auf 4,1 Prozent angestiegen. Das ist der höchste Stand seit Dezember 1993.
Deutsche Inflationsrate erstmals seit 1993 mit Vier vor dem Komma
Erdgas hat sich binnen Jahresfrist um 5,7 Prozent verteuert. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Teure Energie und steigende Lebensmittelpreise haben die Inflationsrate im September erstmals seit fast 28 Jahren über die Vier-Prozent-Marke getrieben. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich in Deutschland um durchschnittlich 4,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch eine frühere Schätzung bestätigte. Das ist der höchste Stand seit Dezember 1993, als die vom Wiedervereinigungsboom angefachte Inflationsrate sogar auf 4,3 Prozent kletterte. Im August lag sie noch bei 3,9 Prozent, im Juli bei 3,8 Prozent.

In den kommenden Monaten dürfte es weiter in Richtung fünf Prozent gehen, da die Unternehmen den Kostenschub durch gestiegene Preise für Materialien noch nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben haben. Als Konsequenz auf zunehmende Knappheiten wollen jetzt auch viele Einzelhändler ihre Preise anheben, wie das Ifo-Institut bei seiner Unternehmensumfrage herausfand. "Die Industrie hat Preiserhöhungen angekündigt und dies kommt jetzt zwangsläufig im Einzelhandel an", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.

Mehr zum Thema: Deutschland: Großhandelspreise mit stärkstem Anstieg seit 1974

Für den Anstieg im September verantwortlich ist einmal mehr die Entwicklung bei Energie: Sie kostete 14,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. "Wesentlich dafür waren die Basiseffekte, da wir die aktuellen Preise mit den sehr niedrigen Preisen des Vorjahres vergleichen", sagte Christoph-Martin Mai vom Statistikamt. "Auch die zu Jahresbeginn eingeführte CO2-Abgabe wirkt insbesondere erhöhend auf die Teuerungsrate der Energieprodukte." Dabei verteuerte sich Heizöl mit 76,5 Prozent besonders stark, ebenso Kraftstoffe wie Benzin mit 28,4 Prozent. Auch Erdgas (+5,7 Prozent) und Strom (+2,0) kosteten mehr als vor Jahrsfrist.

"DAUERHAFT HOHE INFLATION WÄRE LUXUS-PROBLEM"

"Die Preise fossiler Energieträger wie Öl und Gas werden auch in Zukunft weiter steigen", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. "Das ist gut so, denn dies gehört zu einer klugen Strategie in Sachen Klimaschutz dazu." Die Politik sollte Menschen mit geringen Einkommen gezielt finanziell entlasten, aber nicht Topverdiener oder Unternehmen. "Eine dauerhaft hohe Inflation ist sehr unwahrscheinlich und wäre eher ein Luxus-Problem, denn dies würde eine dauerhaft boomende Wirtschaft erfordern", sagte Fratzscher. "Es gibt daher keinen Anlass zur Angst und die Politik sollte sich an populistischer Angstmache nicht beteiligen."

Mehr zum Thema: Rohstoff-Preise steigen auf neues Rekordhoch: Kommt die Stagflation?

Nahrungsmittel verteuerten sich im September mit 4,9 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich stark. Gemüse kostete sogar 9,2 Prozent mehr, während für Molkereiprodukte und Eier 5,5 Prozent mehr verlangt wurden. Darüber hinaus verteuerten sich auch Gebrauchsgüter wie Fahrzeuge (+6,4 Prozent) oder Möbel und Leuchten (+4,4 Prozent) deutlich. Dienstleistungen kosteten 2,5 Prozent mehr, wobei sich Wohnungsmieten um 1,4 Prozent erhöhten.

Die starke Teuerung ist allerdings auch auf temporäre Sondereffekte zurückzuführen. Dazu gehören das extrem niedrige Ausgangsniveau bei den Rohstoffpreisen, Pandemie- und Lockdown-bedingte Nachholeffekte oder die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung im Kampf gegen die Corona-Krise in der zweiten Jahreshälfte 2020.

Mehr zum Thema: Inflation steigt, Wachstum geht zurück: Deutsche Konjunktur stottert weiter


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...