Politik

Polen schlägt zurück: EU soll "politische" Nominierung von Richtern in Deutschland prüfen

Lesezeit: 1 min
18.10.2021 18:34
Im Streit über die Unabhängigkeit der Justiz schlägt Polens Justizminister zurück. Die EU solle die Nominierung führender Richter in Deutschland prüfen, die komplett politisch sei.
Polen schlägt zurück: EU soll "politische" Nominierung von Richtern in Deutschland prüfen
Zbigniew Ziobro (r), Justizminister von Polen, und Sebastian Kaleta, Stellvertretender Justizminister von Polen, am Montag in Warschau. (Foto: dpa)
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Im Streit über die Unabhängigkeit der Justiz nimmt das in der EU in die Kritik geratene Polen seinerseits die Bundesrepublik ins Visier. Das deutsche System zur Nominierung führender Richter sei komplett politisch, sagte Justizminister Zbigniew Ziobro am Montag. "Da die EU auf der Gleichheit aller Staaten und Bürger beruht, muss die Situation in Deutschland überprüft werden."

Ziobro setzte sich im Warschauer Kabinett dafür ein, juristisch gegen Deutschland vorzugehen. Der Politiker von der ultra-konservativen Partei Vereintes Polen steht hinter dem Umbau der polnischen Justiz und hat wiederholt kritisiert, Polen werde in der EU ungerecht behandelt. Bei der deutschen und der polnischen Regierung war zunächst keine Stellungnahme zu bekommen.

Während die Richter an führenden deutschen Gerichten von Politikern nominiert würden, seien in Polen mehr die Richter selbst für die Auswahl zuständig, sagte Ziobro. Kritiker der Justizreform in Polen betrachten allerdings gerade dieses Auswahlgremium für polnische Richter als politisch beeinflusst. Ziobro bezog sich bei seiner Kritik am deutschen Nominierungsprozess auf "das Gegenstück zum Obersten Gericht".

Beim Bundesgerichtshof werden die Richter vom Richterwahlausschuss gewählt. Dieses Gremium wiederum wird vom Bundesjustizminister einberufen und setzt sich aus den Justizministern der 16 Bundesländer sowie 16 weiteren, vom Deutschen Bundestag gewählten Mitgliedern zusammen. Die 16 Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt.

Polen wird seit längerem von der EU-Kommission und anderen Mitgliedsstaaten vorgeworfen, es verletzte demokratische Rechte sowie Regeln der Gemeinschaft. Das polnische Verfassungsgericht hatte zuletzt geurteilt, dass der EU-Vertrag der polnischen Verfassung untergeordnet sei. Die national-konservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sieht sich dadurch in ihrer Position bestätigt, dass EU-Recht nicht über dem Recht der einzelnen Mitgliedstaaten stehe. Die PiS betonte zugleich, es gebe keine Pläne für einen EU-Austritt des Landes, für den bereits der Begriff "Polexit" geprägt wurde.

Diese Position bekräftigte am Montag Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in einem Brief an Staats- und Regierungschefs der EU. "Ich möchte Ihnen versichern, dass Polen ein loyales Mitglied der Europäischen Union bleibt", heißt es in dem auf einer Internetseite der Regierung veröffentlichten Schreiben. Zugleich beklagte Morawiecki, dass "ein gefährliches Phänomen" die Zukunft der Gemeinschaft gefährde: Die EU wandele sich schrittweise in ein Gebilde, das keine Allianz mehr von freien, gleichen und souveränen Staaten sei. Stattdessen werde die EU zu einem zentral geführten Organismus, der von Institutionen ohne demokratische Kontrolle geführt werde.


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