Wir erleben derzeit einen Überbietungswettbewerb für eine immer radikalere Energie-, Klimaschutz- und Verzichts-Politik, die sich in bedrohlicher Weise mehr und mehr von ihrer einstigen "Geschäftsgrundlage" entfernt, also ihrem Ziel, Arbeitsplätze, Wohlstand, Frieden, Freiheit und Demokratie zu bewahren.
Zur mahnenden Erinnerung: Der Titel des Grundlagenwerks der Energiewende aus dem Jahr 1980 lautete: "Energiewende – Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran" (Öko-Institut). Bei allen Auseinandersetzungen um die Energiepolitik war man sich in unserem Land in einem Punkt strömungsübergreifend stets einig: Die Lichter dürfen nicht ausgehen.
Unsere Gesellschaft war sich in dieser „vor-dekadenten Zeit“ noch einigermaßen bewusst, wie große Teile der Eltern beziehungsweise Großeltern-Generation gewirtschaftet hatten und auf welchen Trümmern der hart erkämpfte, relative "Wohlstand für alle" in diesem Land und in Europa entstanden war. In Teilen der Politik ist nun aber von einer "angebotsorientierten" Energieversorgung (die Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestags, Sylvia Kotting-Uhl), also von ständigen Strom-Unterbrechungen je nach Wetterlage, die Rede, und Olaf Scholz spricht von einer "staatlich festgelegten Strommenge", die zukünftig noch verbraucht werden dürfe. Es geht also um Stromrationierungen, um regelmäßige Stromabschaltungen, um eine "StromMangelWirtschaft", vor der die Akademie Bergstraße und andere seit langer Zeit warnen.
Was ist das eigentliche Ziel einer solchen Politik? Ein auf Vernunft basierender Klimaschutz kann es kaum sein, wenn man offenkundig kein Problem damit hat, dass die Industrieproduktion und der damit verbundene Wohlstand unter anderem nach Asien abwandern und dort die CO2-Emissionen mehr und mehr in die Höhe treiben. Das heißt, es ist ein ideologisch, fundamentalistisch motivierter Klimaschutz.
Bei rationaler Betrachtung muss man wohl davon ausgehen, dass wir einer Verarmung von Deutschland und Teilen Europas entgegengehen. Auch ist eine Entdemokratisierung zu befürchten. Das aber hat mit den ursprünglichen Zielen der Energiewende nichts mehr zu tun.
Wachstum und Wohlstand
Die Energiewende wurde konzeptionell entworfen und seit 1980 propagiert als ein Umbau des Energiesystems ohne Wohlstandsverluste - und im Übrigen auch als ein Projekt von Freiheit und Demokratie. Man versprach "erhebliche Wohlstandssteigerungen", "mehr Wohlstand mit weniger Energie".
Vorgeschlagen wurde damals ein vergleichsweise solider Energiemix aus Kohle, Biomasse, Sonne sowie Wind und Wasser. Auf dieser Basis postulierte man, auf den Einsatz von Atomenergie "schon kurzfristig verzichten" zu können.
Grundlage der Energiewende war es, den Wohlstand nicht zu gefährden. Das energiepolitische Zieldreieck "Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit" wurde in keiner Weise in Frage gestellt.
Gesicherte Leistung
Im Gegenteil: Regelmäßig wurde in den 1990er Jahren – auf der Basis des damaligen Kraftwerksparks – mit Studien der Nachweis geführt, dass auch bei einem Atomausstieg "die Lichter nicht ausgehen" würden. So wurde beispielsweise 1991 festgestellt: "Die technische Machbarkeit dieses Sofortausstiegs ist bei den heute gegebenen Kraftwerksparken in West- und Ostdeutschland sowie dem derzeitigen Bedarf an Strom und gesicherter Leistung möglich (vgl. im Einzelnen ÖKO 1990)."
Den Bedarf an gesicherter Leistung hatte man damals noch wie selbstverständlich im Blick. Man stützte sich auf die großen Kapazitäten des konventionellen deutschen Kraftwerksparks, insbesondere auf die Kohlekraftwerke, die den Strom stets zuverlässig liefern würden, wenn Wind und Sonne versagen.
So war bis vor Jahren stets sichergestellt, dass die Versorgungssicherheit nicht gefährdet wurde. Nun aber sind die Kraftwerkskapazitäten aufgrund des gleichzeitigen Ausstiegs aus Atom und Kohle so weit abgebaut, dass die jetzt unmittelbar bevorstehenden Kraftwerks-Stilllegungen zu einer massiven Gefährdung der Versorgungssicherheit führen dürften.
Soziale Ungleichheit ungeahnten Ausmaßes
Aus der Energiewende droht auf unauffällige Weise eine unseriöse Mogelpackung zu werden: Nur weil der Ruf nach Förderung erneuerbarer Energien stets gleichbleibend ist, fällt es kaum auf, dass die Energiewende-Politik ihre Geschäftsgrundlage fundamental verändert hat:
An die Stelle von erschwinglicher und zuverlässiger Energie für alle tritt der Versuch, klammheimlich eine Agenda der sozialen Ungleichheit und der Wohlstandszerstörung für die breite Bevölkerung durchzusetzen:
Nur "Besserverdienende" sollen sich künftig noch Strom, Mobilität und Wärme uneingeschränkt leisten können.
In der "grünen Theorie" sollen Auflagen und stetig steigende CO2-Preise eine "Lenkungswirkung" hin zu energiesparenden Technologien induzieren, die zu sinkenden Betriebskosten und unterm Strich zu allenfalls unwesentlich höheren Gesamtkosten führen.
Dieser Ansatz mag vor Jahrzehnten vielleicht noch eine gewisse Berechtigung gehabt haben. Inzwischen sieht die Wirklichkeit ganz anders aus: Die mit verhältnismäßigem Aufwand erschließbaren Energiespar-Potenziale sind – entgegen aller Propaganda – heute zum großen Teil längst ausgeschöpft! Trotz einer ambitionierten Energiespar- und -effizienzpolitik der vergangenen Jahrzehnte ist mit einem wachsenden Stromverbrauch zu rechnen. Das hat inzwischen auch das Bundeswirtschaftsministerium eingeräumt.
Auch im Gebäudesektor lässt sich der Energieverbrauch kaum noch reduzieren:
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung stellte in seinem "Wärmemonitor 2019" fest, dass es in der vergangenen Dekade selbst mit Ausgaben von einer halben Billion Euro (!) für Wärmedämmmaßnahmen nicht gelang, den Heizwärmebedarf "klima- und witterungsbereinigt" weiter abzusenken.
Trotz dieses katastrophalen Studienergebnisses soll die Bevölkerung weitere Riesensummen für Wärmedämmmaßnahmen sowie aufgrund der "CO2-Bepreisung" immer mehr für Heizöl und Erdgas ausgeben.
Anstelle des Heizkessels soll es künftig dann auch noch die Elektrowärmepumpe sein, für die der Strom ebenfalls immer teurer wird, sofern er überhaupt fließt. Zu erwarten ist, dass bei wenig Sonne und Wind der Strompreis astronomische Höhen annehmen könnte.
Das Ergebnis der "Lenkungswirkung" solcher Maßnahmen wäre absehbar: Ein wachsender Teil der Bevölkerung würde sich Strom, Mobilität und Wärme kaum noch leisten können: Im Zweifelsfall muss das Thermostat am Heizkörper im Winter auf Null gedreht werden.
Noch zu wenige fragen danach, ob sich junge Familien, Erwerbstätige mit mittlerem Einkommen, Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, Alleinerziehende, Unterhaltspflichtige und weniger wohlhabende Rentner all die teuren Ausgaben für neue, insuffiziente Heizungsanlagen, Wärmedämm-Maßnahmen, Elektroautos etc. leisten können – und wollen.
Was passiert mit den Immobilien derjenigen, die sich all das nicht leisten können? Müssen sie die verordneten "Klimaschutz-Maßnahmen" künftig mittels aufgenommenem Zwangskredit durchführen? Und was ist, wenn sie aus kleinen Einkünften oder kleinen Renten die erzwungenen Kreditraten nicht zurückzahlen können?
Führt "Klimaschutz" dann direkt in eine brutale Enteignung kleiner Vermögen?
Noch zu wenige fragen auch danach, wie all die großzügigen "Gerechtigkeits- und Sozialstaatsversprechen" unserer Zeit finanziert werden sollen, wenn eine immer marodere Energieversorgung die Industrie aus diesem Land vertreibt.
Dieser Prozess ist längst im Gange, auch wenn erst zaghaft darüber berichtet wird.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz warnt mit zunehmender Intensität vor Stromausfällen. In weiten Teilen Europas zeichnet sich eine Energiekrise ab. Die Energiekosten explodieren, erste Energieversorger werden insolvent.
Mehr und mehr Menschen in Deutschland und in Europa bangen, in welchem Maß sie sich im bevorstehenden Winter noch Strom, Wärme und Mobilität leisten können.
Wir müssen versuchen, zu verstehen, dass bei dieser Energiewende längst „alle roten Linien“ überschritten wurden.