Technologie

Erste Bürgerinitiativen machen für die Atomkraft mobil

Umweltministerin Schulze zufolge wird es keine Rückkehr zur Atomkraft geben. Die Dame könnte sich gründlich irren, inzwischen machen die ersten Bürgerinitiativen hierzulande mobil.
05.11.2021 15:12
Aktualisiert: 05.11.2021 15:12
Lesezeit: 2 min
Erste Bürgerinitiativen machen für die Atomkraft mobil
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (links) mit Malu Dreyer und Saskia Esken. (Foto: dpa) Foto: Britta Pedersen

Die geschäftsführende Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat einem Wiederaufleben der Atomkraft in Deutschland eine deutliche Absage erteilt. «Es wird keine Renaissance der Atomenergie in Deutschland geben», sagte Schulze am Freitag dem Nachrichtenportal t-online. Es mache «überhaupt keinen Sinn, in etwas einzusteigen, das viel zu gefährlich, viel zu teuer und viel zu langsam ist, um beim Klimaschutz auch nur irgendwas zur Lösung beizutragen», erklärte die noch amtierende Ministerin, die derzeit auch in die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP eingebunden ist.

Die Energiewende gelingt aus ihrer Sicht «nur mit einem beherzten Ausbau der Erneuerbaren Energien». Wer aus Kohle und Atomenergie gleichzeitig aussteige, müsse «in etwas Neues einsteigen», sagte Schulze. Die neuen Energietechniken wie Solar- und Windkraft müssten der Bevölkerung allerdings schmackhafter gemacht werden, etwa über finanzielle Anreize. «Die Regionen müssen selbst mehr Geld aus den Erneuerbaren Energien bekommen», sagte Schulze.

Schulze ging jedoch nicht auf das Kernproblem der Energiewende ein, nämlich die nicht vorhandene Steuerbarkeit alternativer Energieformen wie Windkraft und Solarenergie. Scheint die Sonne an windstillen Tagen nicht, wird kein Strom generiert. Da markttaugliche Speichertechnologien fehlen, muss in solchen Fällen auf Kohle- oder Atomkraftwerke zurückgegriffen werden - oder Strom aus dem Ausland importiert werden.

In den vergangenen Tagen hatte es verstärkt Diskussionen über ein mögliches Wiederaufleben der Kernenergie in Deutschland gegeben. Nach dem japanischen Atom-Unglück von Fukuschima im Jahr 2011 hatte die damals amtierende Bundesregierung den früheren Ausstieg aus der Kernenergie besiegelt. Bis Ende kommenden Jahres sollen alle sechs Atomkraftwerke, die noch in Betrieb sind, abgeschaltet sein. Kritiker dieser Entscheidung warnen vor Engpässen bei der Energieversorgung und fordern unter anderem, die Laufzeiten der noch bestehenden Meiler zu verlängern.

Erste Bürgerinitiativen fordern Rückkehr zur Atomkraft

Windkraft-kritische Bürgerinitiativen haben der Politik hierzulande einen Irrweg in der Klima- und Energiepolitik vorgeworfen und angesichts hoher Energiekosten eine Verlängerung der Atomkraft gefordert. In einem am Dienstag in Berlin vorgelegten Papier sprechen sie sich für ein «Kernkraftwerk-Moratorium» aus. Die Regelungen des Atomgesetzes zur Stilllegung von Kernkraftwerken müssten für die verbliebenen sechs Kernkraftwerke aufgehoben werden. Das Gesetz dürfe erst wieder in Kraft treten, wenn die wegfallende Strommenge durch Ersatzneubauten von Erneuerbaren Energien und Gaskraftwerken ersetzt worden sei, heißt es in einem Papier der Initiativen EnergieVernunft und Vernunftkraft.

Die Initiative EnergieVernunft Mitteldeutschland tritt nach eigenen Angaben für eine Energiepolitik ein, die insbesondere auch eine weitere Nutzung der Braunkohle zum Ziel hat. Die Bundesinitiative Vernunftkraft fordert einen Stopp des Ausbaus von Windkraft und Photovoltaik. So wird kritisiert, Windindustrieanlagen gefährdeten und verdrängten die Fauna und nützten dem Klima unterm Strich nicht.

«Ein "Weiter so" in der Klima- und Energiepolitik Deutschlands wäre ein Irrweg», hieß es. «Die aktuelle Entwicklung der Gas- und Strompreise ist besorgniserregend und ein Alarmsignal.» Der frühere Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) wurde mit den Worten zitiert: «Explodierende Energiepreise und Versorgungsengpässe sind vor allem ein Zeichen des Mangels und vor diesem Hintergrund ist die Stilllegung der letzten sechs Kernkraftwerke in den nächsten 14 Monaten unverantwortlich.»

Die Initiativen fordern außerdem ein Sofortprogramm zum Bau von Gaskraftwerken. Die Stromsteuer solle abgeschafft und die für 2022 geplante Anhebung der CO2-Bepreisung im Verkehrs- und Wärmebereich ausgesetzt werden. Wind und Sonne könnten Kernkraft und Kohle nicht ersetzen, hieß es. Auch bei einem Ausbau von Wind- und Sonnenenergie mangele es bis mindestens 2030 an großtechnisch verfügbarer Speichertechnologie, «mehrtägige Stromlücken» bei Windflauten und Dunkelheit seien nicht auszugleichen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...