Polen will noch in diesem Jahr mit dem Bau einer dauerhaften Befestigung an der Grenze zu Belarus beginnen. Die Bauarbeiten sollen an vier Grenzabschnitten gleichzeitig starten, schrieb Polens Innenminister Mariusz Kaminski am Montag auf Twitter. Es solle rund um die Uhr gebaut werden. Hintergrund ist der Andrang von Migranten aus Krisengebieten, die über Belarus illegal in die EU einreisen wollen.
Die Regierung in Warschau und die EU werfen dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko vor, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen. Vermutet wird, dass er sich damit für Sanktionen rächen will, die die EU gegen ihn erlassen hat.
Polen hat bereits einen provisorischen Zaun entlang der Grenze errichtet. Dabei handelt es sich um einen Stacheldrahtverhau von etwa 2,50 Metern Höhe. Dieser soll nun von einer dauerhaften Barriere von 5,5 Metern Höhe ersetzt werden, die mit Bewegungsmeldern und Kameras ausgerüstet ist. Für das Projekt ist ein Etat von umgerechnet 366 Millionen Euro vorgesehen.
Polnische Regierungsvertreter reden von einer „Barriere“ oder „Sperre“ - sie vermeiden den Begriff „Mauer“, den die Opposition verwendet. Die Grenzbefestigung soll auf einer Länge von insgesamt 180 Kilometern in der Woiwodschaft Podlachien entstehen. Weiter südlich, in der Woiwodschaft Lublin, bildet der Fluss Bug eine natürliche Barriere zwischen beiden Ländern. Polens Grenze zu Belarus, die auch eine EU-Außengrenze ist, hat insgesamt eine Länge von 418 Kilometern.
Olaf Scholz hat Polen gegen Kritik verteidigt. Der EU-Partner stehe vor einer ganz dramatischen Herausforderung und brauche Solidarität, sagte der SPD-Politiker am Montagabend bei einer Veranstaltung der Süddeutschen Zeitung. Auf die Frage, ob er einen Mauerbau an der EU-Außengrenze befürworte, sagte der designierte Kanzler einer Ampel-Koalition: „Ich finde, wenn die polnische Regierung eine solche Entscheidung trifft, steht es uns nicht an, zu sagen, sie soll es nicht machen.“ Es sei zu einfach, aus der Distanz etwas zu verurteilen, aber selbst nicht sagen zu können, wie man es besser machen könne. „Ich finde, dass das, was dort gemacht wird, mit Sicherheit dazu beitragen wird, dass es nicht so einfach möglich ist, dieses schändliche Spiel dort einfach weiterzutreiben“, fügte Scholz mit Blick auf Schlepper und die weißrussische Regierung hinzu.
Scholz forderte „klare, harte“ Sanktionen gegen Lukaschenko. Dieser sei ein „ganz schlimmer Diktator“ und habe jede Legitimation verloren. Man müsse sich dafür einsetzen, dass in Belarus ein demokratischer Prozess stattfinden könne. Er unterstützte auch EU-Sanktionen gegen Fluggesellschaften und Hilfsleistungen für die Menschen im belarussisch-polnischen Grenzgebiet. Wichtig sei auch Unterstützung bei der Rückkehr der Menschen in ihre Heimat. Man dürfe das Spiel Lukaschenkos und der Schleuser nicht mitspielen, die Menschen mit falschen Versprechen nach Belarus lockten.