Finanzen

Warum kauft Singapur plötzlich riesige Mengen Gold?

Ohne jeglichen Kommentar hat die Zentralbank von Singapur ihre Goldreserven um mehr als 20 Prozent erhöht. Was bezweckt der Stadtstaat?
04.12.2021 09:38
Aktualisiert: 04.12.2021 09:38
Lesezeit: 3 min
Warum kauft Singapur plötzlich riesige Mengen Gold?
Singapurs Zentralbank stapelt die Goldbarren. (Foto: dpa) Foto: DB Bundesbank

Die Zentralbank von Singapur - die Monetary Authority of Singapore (MAS) - hat ihre offiziellen Goldreserven in den Monaten Mai und Juni um insgesamt 26,35 Tonnen Gold aufgestockt. Zwar war dies ein erheblicher Anstieg ihrer Goldbestände um rund 21 Prozent. Doch mit insgesamt 153,76 Tonnen hat die Zentralbank von Singapur relativ zur Wirtschaftskraft hat der Stadtstaat in Südostasien im Vergleich zu anderen Staaten noch viel aufzuholen.

Diese deutliche Aufstockung der Goldreserven von Singapur wurde erst kürzlich bekannt, nachdem Krishan Gopaul vom World Gold Council am 25. November in einem Tweet darauf hingewiesen hatte. Zuvor hatte Internationale Währungsfonds, der eine wichtige Quelle des World Gold Council darstellt, in seiner Datenbank die Goldbestände Singapurs aktualisiert. Es ist auch nicht unüblich, dass offizielle Daten erst mit mehreren Monaten Verzögerung veröffentlicht werden.

Ganz unüblich ist es jedoch, die Monetary Authority of Singapore ihre durchaus erheblichen Goldkäufe in keiner Weise kommentierte. Es gab weder eine Ankündigung noch eine Pressemitteilung und nicht einmal einen Kommentar auf der Website der Zentralbank. Im Gegensatz dazu hat dieses Jahr zum Beispiel die Zentralbank von Polen viele öffentliche Erklärungen über ihre Goldkäufe abgegeben und ihre geplanten Goldkäufe sogar im Voraus angekündigt.

Eine mögliche Erklärung für das verdeckte Vorgehen liefert Ronan Manly. Dem Goldanalysten zufolge ist die Zentralbank von Singapur davon "besessen", den Wechselkurs des Singapur-Dollar an einen festgelegten Währungskorb stabil zu halten, "sodass sie es vielleicht vorzieht, nicht auf die Goldmenge in ihren internationalen Reserven aufmerksam zu machen, da dies die Devisenmärkte dazu ermutigen könnte, den Goldkauf als einen Schritt zu betrachten, der die Reserveposition Singapurs stärkt und somit Aufwärtsdruck auf den Wechselkurs des Landes ausüben könnte".

Aus den Zahlen des World Gold Council geht hervor, dass Singapur seit Beginn der verfügbaren Daten im Jahr 2002 bis April dieses Jahres einen konstanten Goldbestand von insgesamt 4.096.439 Feinunzen (127,42 Tonnen) verzeichnete. Im Mai meldet die Zentralbank von Singapur dann einen Zuwachs um 527.201 Unzen (16,4 Tonnen) und im Juni um weitere 319.801 Unzen (9,95 Tonnen). Damit erhöhten sich die Goldbestände der Zentralbank auf 4.943.441 Unzen (153,76 Tonnen).

Mit diesen erheblichen Zukäufen ist Singapur in der Liste der höchsten offiziellen Goldreserven, wo neben den Staaten der Welt auch der Internationale Währungsfonds und die Europäischen Zentralbank geführt werden, von Platz 32 auf Platz 30 aufgestiegen. Allerdings machen die Goldreserven von Singapur nur rund 1,7 Prozent seiner gesamten Währungsreserven aus, was einer der niedrigsten Werte unter allen Staaten der Welt ist. Zum Vergleich: Die Goldreserven der Deutschen Bundesbank machen 65,2 Prozent ihrer Fremdwährungsreserven aus.

Weltweit haben die Zentralbanken im Verlauf der ersten drei Quartale bereits netto 393 Tonnen Gold gekauft - mehr als im gesamten Jahr 2020, als sie netto 255 Tonnen Gold kauften. Und das vierte Quartal kommt erst noch. In einem Bericht von FXStreet heißt es dazu: "Die starke Goldakkumulation durch die Zentralbanken deutet auf eine anhaltende Abkehr vom Dollar als bevorzugte globale Reservewährung hin und ist ein Hinweis auf die anhaltende Verschiebung der globalen Wirtschaftsdynamik."

Nach den Rekordjahren 2018 und 2019 hatten sich die Goldkäufe der Zentralbanken im vergangenen Jahr deutlich verlangsamt. Dennoch war 2020 das elfte Jahr in Folge mit einem Nettozuwachs der Goldreserven der Zentralbanken. Die geringeren Goldkäufe im Jahr 2020 waren angesichts der starken Käufe in den Jahren 2018 und 2019 erwartet worden. Auch das durch Corona verursachte Wirtschaftschaos wirkte sich negativ auf den Markt aus. Die starken Goldkäufe im Jahr 2021 deuten nun darauf hin, dass die Zentralbanken Änderungen im Geldsystem erwarten.

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