Politik

Eigene Partei rebelliert gegen Premier Johnson wegen Corona-Maßnahmen

Bei einer Abstimmung im Unterhaus stimmten 98 Abgeordnete aus Boris Johnsons eigener Partei gegen die vom Premier geforderten verschärfte Corona-Maßnahmen.
15.12.2021 10:55
Lesezeit: 2 min

Nach einer heftigen Rebellion in den Reihen der eigenen Partei hat der Druck auf den britischen Premierminister Boris Johnson erneut zugenommen. Bei einer Abstimmung über verschärfte Corona-Maßnahmen am Dienstagabend stimmten 98 Abgeordnete aus Johnsons Tory-Partei gegen die Einführung der besonders umstrittenen 3-G-Nachweise für Nachtclubs und Großveranstaltungen.

Johnson hat eine Mehrheit von 79 Stimmen im Unterhaus. Der Premier konnte diese Maßnahmen sowie eine Verschärfung der Maskenpflicht und eine Impfpflicht für das medizinische Personal daher nur mit den Stimmen der Opposition durchs Parlament bringen. Es war die größte Rebellion der Tories gegen Johnson seit seinem Wahlsieg im Jahr 2019.

Die große Frage ist nun, ob Boris Johnson nun bei anderen Vorhaben noch auf die Unterstützung seiner Partei zählen kann - oder ob "der Anfang vom Ende des Boris Johnson" bevorsteht, die bereits manche Zeitungen vor einigen Tagen mutmaßten. Covid-19 ist in Westminster nicht nur als spaltendes Thema präsent - mehrere Abgeordnete, aber auch Hauptstadtjournalisten sind in den vergangenen Tagen positiv getestet worden. Omikron schickt sich an, schon in den nächsten Tagen die in London dominante Corona-Variante zu werden.

Der Tory-Abgeordnete Charles Walker, der zu den Rebellen gehört, sagte der BBC nach der Abstimmung, Johnson habe in der Partei noch immer große Unterstützung, sei aber mit den Impfnachweisen einen Schritt zu weit gegangen. Die Rebellion sei ein "Schmerzensschrei" der Konservativen gewesen, die in den Nachweisen eine erhebliche Beschneidung der individuellen Freiheiten und der persönlichen Verantwortung sehen. Auf die Frage, ob die Abweichler künftig weitere Verschärfungen, die wegen der Omikron-Variante nötig werden könnten, blockieren würden, sagte Walker: "Nicht unbedingt. Aber: Die Stimmung hat sich verändert."

Die rebellischen Konservativen befürchten nicht nur, dass schärfere Restriktionen die Erholung der britischen Wirtschaft hemmen werden. Vor allem führen sie an, dass die Maßnahmen schwer umzusetzen seien, wenn sich offensichtlich nicht einmal Regierungsbeamte oder Johnson selbst an Regeln halten. Berichte über vermeintlich illegale Weihnachtsfeiern in der Downing Street während des Lockdowns im vergangenen Jahr haben für Empörung gesorgt und der Regierung einen herben Vertrauensverlust beschert.

Der "Mirror" setzte indes seine Enthüllungsserie fort und veröffentlichte ein Foto einer Weihnachtsparty, auf dem mehr als 20 Berater und Mitarbeiter der Tories in den Räumlichkeiten der Partei in Westminster dicht aneinander gedrängt neben einem prall gefüllten Büffet zu sehen sind. Die Feier soll am 14. Dezember 2020 stattgefunden haben und ist damit eine weitere, bislang nicht bekannte Lockdown-Weihnachtsfeier im politischen Machtzirkel. In London waren damals nicht einmal Treffen von zwei Haushalten erlaubt. Der konservative Ex-Kandidat für das Amt des Londoner Bürgermeisters, Shaun Bailey, der auf dem Foto zu sehen ist, trat von seinen öffentlichen Aufgaben zurück.

So heikel, wie die Woche für Boris Johnson begonnen hat, dürfte sie auch weitergehen: Zum Ende der Woche sollen Ergebnisse einer Untersuchung zu den vermeintlichen Weihnachtsfeiern bekanntgegeben werden. Außerdem steht am Donnerstag eine Nachwahl für ein Parlamentsmandat an. Der Abgeordnete Owen Paterson, ein Parteifreund Johnsons, musste wegen seiner Verwicklung in einen Lobbyismusskandal zurücktreten. Nun droht die Konservative Partei den Sitz in der westenglischen Tory-Hochburg North Shropshire an die Liberaldemokraten zu verlieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik G20 in Afrika: Geschlossenheit trotz US-Abwesenheit – Signal für Frieden und Entwicklung
24.11.2025

Beim ersten G20-Gipfel auf afrikanischem Boden bleibt der Platz der USA demonstrativ leer – doch die übrigen Mitglieder setzen ein...

DWN
Panorama
Panorama Abnehmwirkstoff ohne Alzheimer-Erfolg: Novo-Nordisk-Studie enttäuscht Anleger
24.11.2025

Der Pharmakonzern Novo Nordisk hat mit seinem Abnehmmittel Semaglutid in einer Alzheimer-Studie einen Rückschlag erlitten. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktrisiko: Weshalb Topinvestoren jetzt Alarm schlagen
24.11.2025

Die jüngsten Kursstürze an den Märkten zeigen, wie angespannt die Lage geworden ist. Während Anleger nervös auf jede Bewegung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturtrübung: Ifo-Index sinkt überraschend – Hoffnungen auf Erholung schwinden
24.11.2025

Die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat sich unerwartet eingetrübt: Im November fiel das Ifo-Geschäftsklima auf 88,1 Punkte und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bayer-Aktien auf Jahreshoch: Pharma-Erfolg mit dem Gerinnungshemmer Asundexian
24.11.2025

Nach Jahren des Abstiegs erlebt die Bayer-Aktie einen überraschenden Kursschub. Ein neuer Studienerfolg weckt Hoffnung auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bürokratieabbau: Normenkontrollrat kritisiert Bund-Länder-Pläne als zu schwach
24.11.2025

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hält die aktuellen Vorschläge von Bund und Ländern zum Bürokratieabbau für unzureichend. In...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Infrastruktur in der Finanzlücke: Pkw-Maut als mögliche Lösung?
24.11.2025

Eine aktuelle Studie der Denkfabriken Agora Verkehrswende und Dezernat Zukunft zeigt, dass Deutschland bis 2030 rund 390 Milliarden Euro...

DWN
Panorama
Panorama Kita unter Druck: Experten fordern besseren Gesundheitsschutz für Erzieher
24.11.2025

Das Kita-System in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Hohe Ausfallraten und Personalmangel belasten Erzieherinnen und...