Finanzen

Märkte betrachten EZB-Beschlüsse als Straffung der Geldpolitik, Euro steigt

Die EZB wird das Anleihekaufprogramm PEPP im März auslaufen lassen. Doch der Leitzins bleibt weiterhin bei null. Die Banken sind damit unzufrieden.
16.12.2021 15:26
Lesezeit: 2 min

Die EZB leitet die Abkehr vom Krisenmodus ein und lässt ihr billionenschweres Pandemie-Notprogramm PEPP auslaufen. Der EZB-Rat beschloss am Donnerstag das Aus für die Anleihenzukäufe für Ende März 2022. Fällige Tilgungsbeträge sollen jedoch noch bis mindestens Ende 2024 reinvestiert werden. Im kommenden ersten Quartal werden die Zukäufe noch fortgesetzt - allerdings in niedrigerem Tempo als Ende 2021. Damit es nach dem Entzug der auf 1,85 Billionen Euro angelegten Krisenhilfe im Frühjahr nicht zu Marktturbulenzen kommt, schafft die EZB über das neu justierte kleinere Ankaufprogramm namens APP einen flexibel gestalteten Übergang.

Das Ende des Programms, das als Grundlage für eine Zinswende gilt, ließen die Währungshüter offen. Den Leitzins von 0,0 Prozent beließ der EZB-Rat nun wie erwartet auf dem rekordniedrigen Niveau. Die britische Notenbank hat hingegen kurz vor dem EZB-Ratsbeschluss mit einer überraschenden Zinswende für einen Paukenschlag gesorgt. Und auch in den USA stehen die Zeichen für nächstes Jahr auf Zinserhöhung.

"Die EZB sagt Tschüss zum PEPP und wird ab Januar beständig weniger Wertpapiere kaufen", so das Fazit von Chefökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Laut EZB-Beobachter Friedrich Heinemann vom ZEW ist dies zwar ein erster Schritt zum Ausstieg aus der Krisenpolitik, die Entscheidung bleibe jedoch halbherzig. Auch sei es brisant, dass der EZB-Rat bis mindestens 2024 fällig werdende PEPP-Mittel gegebenenfalls zur gezielten zusätzlichen Stützung einzelner Länder einsetzen wolle. "Wenn die EZB tatsächlich die Käufe von Staatsanleihen noch jahrelang stärker auf bestimmte Euro-Staaten ausrichtet, dann ist das nicht mehr klassische Geldpolitik, sondern dient offensichtlich der Finanzierung von Staaten mit kritischen Schuldenständen", so die Sorge des Mannheimer Ökonomen.

Die EZB setzt künftig verstärkt auf ihr kleineres Ankaufprogramm APP: Die Ankäufe im Volumen von zuletzt 20 Milliarden Euro pro Monat werden im zweiten Quartal 2022 auf 40 Milliarden Euro verdoppelt, im dritten Quartal dann auf 30 Milliarden Euro zurückgefahren. Ab Oktober kommenden Jahres soll das Ankauftempo dann auf 20 Milliarden Euro gesenkt und so lange beibehalten werden, wie es zur Förderung der Konjunktur notwendig ist.

Dieses im EZB-Jargon als Asset Purchase Programme (APP) bekannte Instrument war bereits Mitte des vorigen Jahrzehnts als Konjunkturstütze eingeführt worden. Die schrittweise Abkehr vom Krisenmodus vollzieht sich vor dem Hintergrund rasant steigender Preise. Die Teuerung erreichte im November in der Euro-Zone ein Rekordniveau von 4,9 Prozent.

Kritik am Vorgehen der EZB kam auch vom Bankenverband: "Das heutige Gesamtpaket der Europäischen Zentralbank passt nicht zum deutlich veränderten Preisumfeld", sagte Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. Da für die EZB eine Leitzinsänderung erst nach dem Ende der Kaufprogramme infrage komme, werde der Leitzins mindestens bis ins Jahr 2023 deutlich im Minus bleiben. "Angesichts der extrem niedrigen Realverzinsung wächst die Gefahr, dass der Euroraum gerade für langfristige Anleger immer unattraktiver wird." Die EZB beließ den Einlagesatz - einer der Schlüsselzinsen - am Donnerstag bei minus 0,5 Prozent. Die Banken müssen daher weiterhin Strafzinsen berappen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dominanz auf Rädern: Warum der Lkw das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bleibt
23.04.2025

Während über grüne Logistik und die Renaissance der Schiene debattiert wird, bleibt der Lkw unangefochten das Rückgrat des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zukunft unter Druck: Die Wasserstoff-Fabrik von Daimler und Volvo gerät ins Stocken
23.04.2025

Mitten in der Energiewende setzen die Lkw-Riesen Daimler und Volvo auf Wasserstoff – doch der Fortschritt ihres Gemeinschaftsunternehmens...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Apple und Meta im Visier – Brüssel greift hart durch
23.04.2025

Apple und Meta sollen zusammen 700 Millionen Euro zahlen – wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das neue EU-Digitalgesetz. Die Kommission...

DWN
Politik
Politik Machtkampf in Washington: Will Trump Fed-Chef Powell stürzen?
23.04.2025

Trump plant möglicherweise die Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell – ein beispielloser Schritt, der die Unabhängigkeit der...

DWN
Finanzen
Finanzen „Krise ist die neue Normalität“ – Warum kluge Investoren jetzt gegen den Strom schwimmen müssen
23.04.2025

Volatilität ist kein Ausnahmezustand mehr, sondern System. Warum Investoren jetzt mit Besonnenheit, Disziplin und antizyklischer Strategie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitaler Produktpass: Was die EU plant und was das für Firmen bedeutet
23.04.2025

Die Europäische Union will Ressourcen schonen und Emissionen und Abfälle reduzieren. Dafür plant sie den sogenannten digitalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bierbrauer in der Krise
23.04.2025

Eigentlich feiern die Brauer am 23. April den Tag des deutschen Bieres. Doch auch in diesem Jahr sind die Perspektiven der Branche eher...

DWN
Politik
Politik Spar- und Investitionsunion: Brüssel will die unsichtbare Zollmauer einreißen – und den Finanzsektor revolutionieren
23.04.2025

Brüssels stille Revolution: Wie Kommissarin Albuquerque den europäischen Finanzmarkt neu ordnen will – und dabei an den Grundfesten der...