Finanzen

DWN-RECHERCHE: Diese Bargeld-Obergrenzen gelten ab heute in Europa

Lesezeit: 6 min
01.01.2022 12:11
DWN-Autor Hakon von Holst hat in aufwendiger Kleinarbeit recherchiert, in welchen europäischen Ländern Bargeld-Restriktionen bestehen und wie diese aussehen. Seine Ergebnisse sind ernüchternd.
DWN-RECHERCHE: Diese Bargeld-Obergrenzen gelten ab heute in Europa
Der Gebrauch von Bargeld wird immer mehr eingeschränkt. (Foto: dpa)
Foto: Patrick Pleul

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Es wird langsam, aber sicher, immer enger für unser Bargeld. Inzwischen grenzen mindestens 18 EU-Staaten seinen Gebrauch ein, und die Tendenz geht dahin, dass die Daumenschrauben immer straffer angezogen werden. Nur ein Beispiel: In Griechenland werden die Bürger schon fast dazu genötigt, digital zu bezahlen.

Im Folgenden eine Übersicht über die geltenden Restriktionen.

Belgien

Belgien hatte längere Zeit eine Obergrenze von 15.000 Euro. Sie wurde am 16. April 2012 auf 5.000 Euro und am 1. Januar 2014 auf 3.000 Euro reduziert. Als Begründung für die Maßnahme hält seit eh und je die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus-Finanzierung her.

Bulgarien

Bulgarien verbietet Zahlungen ab einem Betrag von circa 5.100 Euro (10.000 Bulgarische Lew [BGN]) seit dem 1. Januar 2016. Zuvor galt seit dem 22.Februar 2011 eine Obergrenze von 15.000 BGN. Ein Gesetzesentwurf aus dem Jahr 2017, der vorsah, die Grenze bis zum 1. Januar 2019 auf 1.000 BGN abzusenken, wurde von der Europäischen Zentralbank kritisiert und anschließend nicht umgesetzt. Die Umsetzung hätte zur Folge gehabt, dass - je nach aktuell gültigem Wechselkurs - die Verwendung des 500-Euro-Scheins unter Strafe gestanden hätte.

Dänemark

Seit dem 1. Juli 2021 sind nur mehr Zahlungen in Höhe von circa. 2.700 Euro (20.000 Dänische Kronen [DKK]) erlaubt. Zuvor hatte seit 2013 eine Schwelle von 50.000 DKK gegolten. Noch früher legte ein Gesetz, das am 27. Februar 2006 in Kraft trat, eine Obergrenze von 100.000 DKK fest (umgerechnet heute circa 13.500 Euro); dem Namen des Gesetzes nach ging es um Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus-Finanzierung.

Frankreich

Der französische Gesetzgeber drängt seit Jahren auf die Beschränkung des Barzahlungsverkehrs. In der Grande Nation gilt seit dem 1. September 2015 ein Barzahlungsverbot ab 1.000 Euro. Zuvor galt eine Obergrenze von 3.000 Euro, und zwar ab dem 19. Juni 2010. Die Absenkung auf 1.000 Euro hatte man eigentlich schon viel früher als "erst" im September 2015 einführen wollen, war mit diesem Vorhaben aber immer wieder gescheitert. Nach den Anschlägen in Paris konnte man das Vorhaben allerdings doch noch durchsetzen.

Griechenland

Mit dem Gesetz vom 22. Dezember 2016 wurde eine Obergrenze von 500 Euro eingeführt. Der Plan der Regierung, die Grenze ab dem Jahr 2020 auf 300 Euro zu senken, wurde nach einem Einspruch der EZB nicht umgesetzt. Dafür wurden noch einschneidendere Maßnahmen ergriffen. Das Handelsblatt schreibt:

»[…] seit diesem Jahr müssen griechische Steuerzahler belegen, dass sie mindestens 30 Prozent ihres steuerpflichtigen Einkommens in elektronischer Form ausgeben, also per Kartenzahlung oder Überweisung. Wer die Quote nicht erreicht, muss auf den Differenzbetrag eine Strafsteuer von 22 Prozent entrichten.«

Bevor das Bargeldverbot ab 500 Euro in Kraft trat, galt eine Obergrenze von 1.500 Euro, und zwar seit dem 1. Januar 2011.

Italien

In Italien ging es in Sachen Bargeldobergrenze drunter und drüber. Bis 31. Dezember 2021 betrug sie 2.000 Euro, ab heute, dem 1. Januar 2022, ist es mit 1.000 Euro nunmehr nur noch die Hälfte.

Eine Barzahlungsobergrenze gibt es ab 1991, damals waren es zehn Millionen Lira (etwa 10.000 Euro). 2002 – nach Einführung der neuen Währung - wurde ein glatter Betrag von 12.500 Euro festgelegt. 2007 sank die Schwelle auf 5.000 Euro, um von der nachfolgenden Regierung 2008 gleich wieder auf 12.500 Euro erhöht zu werden. Noch in derselben Legislaturperiode, im Jahr 2010, senkte man den Wert erneut, und zwar auf 5.000 Euro, und Anfang 2011 auf 2.500 Euro. Dann kam die Übergangsregierung Mario Monti. Und gleich zu Beginn von dessen Amtszeit, im Dezember 2011, wurde die Obergrenze auf Montis Initiative hin auf 1.000 Euro reduziert. Mateo Renzi dagegen sorgte im Herbst 2015 für eine Anhebung der Schwelle, und zwar auf 3.000 Euro. Er begründete den Schritt wie folgt:

»Schluss mit Terror. Wer die Möglichkeit hat, bis zu 3.000 Euro bar zu zahlen, soll es tun. Es gibt andere Wege, um die Steuerhinterziehung zu bekämpfen.«

Im Herbst 2019 wurde Montis Schritt per Gesetz allerdings wieder rückgängig gemacht: Die Grenze sank zunächst per Stichtag 1. Juli 2020 auf 2.000 Euro, bald soll sie sogar wieder nur 1.000 Euro betragen. Ministerpräsident Conte sprach sich 2020 für eine Welt des Zahlens und Bezahlens aus, in der jede Transaktion rückverfolgbar ist. Es wurden umfangreiche Fördermaßnahmen für das bargeldlose Zahlen ersonnen, die aber inzwischen teilweise ausgesetzt oder wieder eingestellt worden sind.

EZB-Direktor Yves Mersch beschwerte sich am 13. Dezember 2019 per Brief beim Wirtschaftsminister Italiens über die zu strikten Anti-Bargeld-Maßnahmen. Die EZB wurde laut Reuters von Italien in der ganzen Sache nicht konsultiert. Auf Nachfrage schrieb EZB-Präsidentin Christine Lagarde am 15. Mai 2020, dass die EZB bisher keine Antwort aus Rom erhalten habe.

Kroatien

Seit dem 1. Januar 2018 kann man nur mehr Käufe von weniger als circa. 10.000 Euro (75.000 Kroatische Kuna [HRK]) in bar begleichen. Vorher galt seit 2008 eine Obergrenze von 105.000 Kuna (circa 14.000 Euro). Wie in anderen Ländern auch, nannte sich die Maßnahme ein Gesetz zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus-Finanzierung.

Lettland

Vom 1. Januar 2017 an sind Barzahlungen ab 7.200 Euro verboten. Die Regel findet sich im lettischen Gesetz über Steuern und Abgaben. Im März 2019 brachte man ins Gespräch, die Obergrenze auf 3.000 Euro sinken zu lassen, was für Bestürzen sorgte.

Die zunehmend massiv autoritären Verhältnisse zeigen sich an den Erlebnissen eines lettischen Bürgers, die von der Presse aufgegriffen wurden: Er hatte für 5.600 Euro sein Auto verkauft und anschließend den Betrag an einem Geldautomaten auf sein Konto einbezahlt. Als er kurz darauf eine größere Rechnung begleichen wollte, weigerte sich die Bank, die Überweisung vorzunehmen, mit der Begründung, er müsse erst erklären, wo die 5.600 Euro hergekommen seien.

Litauen

Im Jahr 2017 billigte die Regierung den Vorschlag des Finanzministeriums, eine Bargeldobergrenze von 3.000 EUR einzuführen. Die EU empfehle das ja auch, so die Erklärung. Gemäß Medienbericht von Januar 2018 wurde das Vorhaben aber aufgeschoben.

Malta

Ab dem 9. März 2021 gilt ein striktes Bargeldverbot für Käufe in Höhe von 10.000 Euro oder mehr.

Niederlande

Nach offizieller Pressemitteilung vom 25. September 2020 hat der Ministerrat beschlossen, eine Bargeldobergrenze von 3.000 Euro einzuführen. Es soll sich dabei um »Maßnahmen zur wirksameren Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung« handeln.

Der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra hält die geplante EU-weite Obergrenze in Höhe von 10.000 Euro für zu lasch. Er soll dem Abgeordnetenhaus geschrieben haben, dass die Niederlande, Belgien, Frankreich, Italien und Spanien bei der EU-Kommission für ein Bargeldverbot ab 5.000 Euro plädieren sollten. Das ist derselbe Betrag, der Anfang 2016 von Wolfgang Schäuble ins Gespräch gebracht wurde.

Polen

Unternehmer dürfen untereinander keine Geschäfte höher als circa 3.300 EUR (15.000 Zloty [PLN]) in bar abwickeln. Zuvor galt eine Obergrenze von 15.000 Euro.

Portugal

Seit dem 23. August 2017 gilt ein Bargeldverbot ab 3.000 Euro. Für Menschen, die in Portugal einkommensteuerpflichtig sind und Buch führen müssen, liegt die Grenze sogar bei 1.000 Euro.

Rumänien

In Rumänien wurde die Obergrenze am 9. Mai 2015 auf ca. 1.100 EUR (5.000 Rumänische Leu [RON]) gesenkt. Die Einschränkung wurde mit der Drosselung der Interbankenentgelte gekoppelt. Die Interbankenentgeltverordnung ist ein Gesetzesprojekt der EU, mit dem unter anderem eine Senkung der Gebühren, die der Einzelhändler zu tragen hat, wenn ein Kunde mit Karte bezahlt, umgesetzt wurde. In der Begründung der Verordnung hieß es unter anderem (Hervorhebungen durch die Webseite "Bargeldverbot.info"):

»Zum Schutz der Verbraucher und zur Wahrung der Möglichkeit für die Verbraucher, Zahlungskarten SO OFT WIE MÖGLICH zu verwenden, sollten Händler verpflichtet werden […].«

»Im Interesse eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts sollte die Nutzung elektronischer Zahlungen […] GEFÖRDERT und ERLEICHTERT werden. Karten und andere elektronische Zahlungsmittel lassen sich vielseitiger […] nutzen; sie ermöglichen es somit, die Möglichkeiten des Binnenmarkts und des elektronischen Handels auszuschöpfen, und stellen gleichzeitig auch für Händler potenziell sichere Zahlungsmittel dar. Kartengebundene Zahlungsvorgänge anstelle von Bargeldzahlungen könnten daher Vorteile für Händler und Verbraucher bringen […] und gleichzeitig fairen Wettbewerb, INNOVATIONEN und den MARKTEINTRITT NEUER ANBIETER fördern.«

Die rumänische Regierung versuchte zunächst, die neue Obergrenze per Notverordnung einzuführen, anstatt das Parlament abstimmen zu lassen. Allerdings kam es dann doch zu einer regelkonformen gesetzlichen Regelung - immerhin. Der Kampf gegen Steuerbetrug wurde als Motivation für die Regelung angeführt.

Slowakei

Das Gesetz 394/2012 brachte ein Bargeldverbot ab dem Betrag von 5.000 Euro. Diese Grenze gilt seit dem 1. Januar 2013. Ziel soll die »Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung durch das Verbot von Barzahlungen« sein. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit geahndet und können eine Strafe in Höhe von bis zu 150.000 Euro nach sich ziehen.

Slowenien

Seit dem 21. März 2014 gilt eine Bargeldobergrenze von 5.000 Euro. Unternehmer untereinander müssen alle Käufe ab 420 Euro bargeldlos abwickeln. Einem Medienbericht zufolge wurden die Bargeldgrenzen beschlossen, um Geldwäsche und Schattenwirtschaft einzudämmen. Zuvor war es möglich, Geschäfte bis zu einer Höhe von 15.000 Euro in bar zu tätigen.

Spanien

Das Gesetz 7/2012 vom 29. Oktober 2012 über die Verhinderung von Steuerbetrug verordnet in Artikel 7: Es ist verboten, Käufe in Höhe von 2.500 Euro oder mehr in bar abzuwickeln. Diese Regel gilt seit dem 19. November 2012.

Tschechien

Ein Bargeldverbot ab circa 10.600 EUR (270.000 Tschechische Kronen [CZK]) befindet sich in Kraft. Zuvor war durch ein Anti-Geldwäsche-Gesetz ab dem 1. Juli 2004 eine Obergrenze von 15.000 Euro eingeführt worden.

Ungarn

Zwischen Unternehmern gilt seit dem 01.01.2013 die Regel, dass Käufe ab circa 4.260 Euro (1.500.000 Forint [HUF]) bargeldlos und rückverfolgbar abzuwickeln sind.

Zypern

2017 gerieten Pläne des Finanzministeriums, ein generelles Barzahlungsverbot aber einer Höhe von 10.000 EUR einzuführen, in die Presse. Ein Beamter des Ministeriums begründete das Vorhaben wie folgt:

»Wenn wir das nicht tun, setzen wir uns der – wenn auch unbegründeten – Behauptung aus, dass Zypern ein Zentrum der Geldwäsche bleibt.«

Das Erfordernis, die Obergrenze einzuführen, soll aus der »EU-Richtlinie 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung« hervorgehen. Dort wird die Identifikation des Käufers ab einem Handel in Höhe von 10.000 Euro gefordert.

2018 wurde dann die 10.000-Euro-Obergrenze in Zypern eingeführt, aber nur für bestimmte Waren, und zwar für solche, bei denen die EU Anti-Geldwäsche-Maßnahmen fordert (Fahrzeuge, Edelsteine und Metalle, Kunstwerke und Antiquitäten).

Was kann man tun?

Wenn Sie mit der Entwicklung hin zu einer bargeldlosen Welt nicht einverstanden sind, haben Sie einige Möglichkeiten, Ihrer Meinung Nachdruck zu verleihen: Zahlen Sie in den Geschäften so oft als möglich mit Bargeld. Sprechen Sie mit anderen Menschen, legen Sie ein Wort für Bargeld ein. Wir haben einen Flyer zur Aufklärung produziert. Verteilen Sie ihn. Eine kleine Menge bekommen Sie kostenfrei, eine größere gegen Übernahme der Druckkosten. Mehr Informationen zum Flyer finden Sie hier.


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