Nicht mal eine Woche ist vergangen, und die neue Bundesregierung hat bereits ihren ersten Disput: Am Wochenende hatte die frisch ernannte SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas vorgeschlagen, auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Die Retourkutsche aus der Union folgte prompt – und das zu Recht: Denn der Vorschlag würde die öffentlichen Kassen Milliarden kosten und einen ganzen Strauß neuer Probleme schaffen, ohne die bisherigen zu beseitigen.
Kommen die Pläne einer Gehaltskürzung gleich?
Noch ist offen, wie die Arbeitsministerin ihre Pläne umsetzen will. Wahrscheinlich würden nur neue Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen – mit entsprechenden Beiträgen vom Gehalt. Unklar bliebe dann, ob sich Staat und Beamte, wie bei den Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst, die Kosten teilen. Weil Beamte bislang keine Beiträge zahlen, würde das de facto einer Gehaltskürzung entsprechen – es sei denn, der Staat übernimmt den vollen Betrag. Teuer würde es in jedem Fall. Neben den laufenden Pensionszahlungen müssten Bund, Länder und Kommunen fortan eine jährliche Milliardensumme an die Rentenkasse überweisen.
Ein anderes Szenario: Alle Beamten würden ab sofort in die gesetzliche Rente überführt. Trügen die öffentlichen Arbeitgeber den gesamten Beitragssatz, entstünden nach IW-Berechnungen bei aktuell rund 1,9 Millionen Beamten Mehrkosten von knapp 20 Milliarden Euro jährlich. Bei paritätischer Finanzierung wären es immer noch zehn Milliarden Euro. Hinzu kommen juristische Fragen: Kann man bestehenden Beamten rückwirkend Pensionsversorgung entziehen, wegen der sie sich womöglich für den Staatsdienst entschieden haben?
Vorschlag löst Problem der Überalterung nicht
Entscheidend ist aber etwas anderes: Keines der beiden Szenarien löst die strukturellen Probleme der gesetzlichen Rente. Zwar fließen kurzfristig mehr Beiträge in das System. Langfristig steigen aber auch die Ausgaben – denn auch die künftigen Beamtenrenten müssten aus dem Umlagesystem gezahlt werden. Die Altersstruktur der Beamten ist sogar ungünstiger als die der übrigen Beschäftigten. Wenn es darum geht, Pensionen und Renten anzugleichen, sollte die SPD genau dort ansetzen, zum Beispiel, indem sie die Höhe der Pensionsansprüche reformiert. Will sie die steigenden Kosten des Beamtenwesens begrenzen, ist sie besser bedient, die Tarifbeschäftigung im öffentlichen Dienst attraktiver zu gestalten und weniger zu verbeamten. Bärbel Bas‘ Vorschlag löst keines dieser Probleme – und sollte schnell wieder in der Schublade verschwinden.
Beamtenbund übt scharfe Kritik
Auch der Deutsche Beamtenbund (dbb) kritisiert den Vorschlag der neuen Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. "Das löst kein einziges Problem der Rentenversicherung", sagte der stellvertretende dbb-Vorsitzende Volker Geyer im Deutschlandfunk.
Wenn die Beamtinnen und Beamten künftig auch in die Rentenkasse einzahlen würden, müssten etwa die Bruttobezüge von ihnen um den Rentenbeitrag erhöht werden, sagte Geyer. Das bedeute eine zusätzliche hohe Belastung für den Bundeshaushalt.
Finanzierung der Mütterrente aus Steuergeldern
"Der Lösungsansatz für die Rentenkasse muss doch ein anderer sein", sagte Geyer. Er schlug vor, versicherungsfremde Leistungen wie die Mütterrente nicht aus der Rentenkasse, sondern stattdessen aus Steuergeldern zu finanzieren.
Bas, die sich für den SPD-Bundesvorsitz bewirbt, hatte ihren Vorschlag damit begründet, dass die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung verbessert werden müssten. In die Rentenversicherung sollten deshalb auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. Aus der eigenen Partei bekam die Ministerin Rückendeckung. Die Linke und der Sozialverband VdK begrüßten die Initiative ebenfalls.
Kritik kam dagegen vom Koalitionspartner CDU/CSU. Der kommissarische SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf bezeichnete den Vorstoß von Bas als einen "Denkansatz". "Das war jetzt kein Vorschlag, dass sie nächste Woche ein Gesetzesvorhaben in den Bundestag einbringt, sondern der einfach mal den Blick weitet und über den Horizont denkt", sagte Klüssendorf in den ARD-"Tagesthemen".