Finanzen

Ungerechtes Rentensystem: Gehören Beamtenpensionen abgeschafft?

Aufgeblähter Beamten-Staat: Die Industrie baut Stellen ab, der Staat stellt neu ein. Eine Anstellung beim öffentlichen Dienst ist lukrativ und für den Staat teuer. Für Beamte sorgt Vater Staat, auch im Ruhestand. Doch Pflicht und Pflichterfüllung klaffen oft auseinander. Die Mehrheit der Deutschen will die Pensionsprivilegien abschaffen. Rente statt üppige Pensionen: Sollen Staatsbedienstete auch in die gesetzliche Rente einzahlen? Fakt ist: Beamte stehen sehr viel besser da bei ihrer Altersversorgung. Die DWN geben Ihnen einen Überblick.
11.05.2025 20:08
Lesezeit: 4 min
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Aktuell gibt es in Deutschland zirka 5,3 Mio. Beschäftigte im Öffentlichen Dienst. Tendenz steigend!

Gleichzeitig gibt es 1,4 Millionen Pensionäre im Ruhestand. Das waren 2023 laut Statistische Bundesamt 1,0 Prozent mehr als im Jahr 2022. Tendenz ebenfalls steigend!

Die Ausgaben für Pensionen, auch Ruhegehälter genannt, der ehemaligen Staatsbediensteten beliefen sich im vergangenen Jahr auf 53,4 Milliarden Euro. Tendenz horrend steigend!

Pension statt Rente: Deutschlands Beamten-Staat

Beamter zu sein, ist in diesen Zeiten eine sichere Bank, denn sie sind so gut wie unkündbar. Dafür nehmen sie Einschränkungen bei den Grundrechten in Kauf. Zu Beginn der Laufbahn legen sie einen Diensteid ab und schwören, stets die Weisungen Vorgesetzter zu befolgen. So dürfen Beamte anders als Angestellte in Deutschland nicht streiken. Beamte haben eine Verpflichtung zur Treue gegenüber dem Staat, um sicherzustellen, dass der Staat handlungsfähig bleibt, selbst in Krisenzeiten. Als Gegenleistung hat der Staat eine Verpflichtung der „Fürsorge“ gegenüber den Beamten.

Dieses besondere Treue- und Loyalitäts-Verhältnis hat seinen Preis. Beamte sind teuer, und zwar insbesondere dann, wenn die Staatsdiener schon gar nicht mehr arbeiten, sondern ihren Ruhestand genießen. Dann trägt der Staat die Pensionen und sorgt für die finanzielle Sicherheit seiner Beamten.

Pensionen: lukratives Polster im Ruhestand

Jedem Beamten steht eine garantierte Mindestpension zur Verfügung: Die Mindestpension für Beamte ist ein festgelegter Betrag, den Beamte nach ihrer Pensionierung mindestens erhalten. Im Gegensatz zur gesetzlichen Rente, die oft nur knapp über dem Existenzminimum liegt, sorgt die Mindestpension für ein solides finanzielles Polster im Ruhestand. Das Beamtenversorgungsgesetz des Bundes (BeamtVG) regelt die Details.

Voraussetzungen für eine Mindestpension

Um einen Anspruch auf die Mindestpension zu erhalten, müssen Beamte bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Gemäß Paragraf 14 Absatz 4 des BeamtVG erfolgt die Berechnung der Pension auf Basis der sogenannten ruhegehaltsfähigen Bezüge und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit. Zu den ruhegehaltsfähigen Bezügen zählen das Grundgehalt der zuletzt ausgeübten Besoldungsgruppe, der Familienzuschlag der Stufe 1 (für verheiratete oder verpartnerte Beamte ohne Kinder) sowie gegebenenfalls Amtszulagen.

Auch die Dienstzeit spielt eine Rolle. Neben der Zeit als Beamter zählen auch Wehr- oder Zivildienst, Zeiten in einem förderfähigen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst sowie vorgeschriebene Ausbildungszeiten für die Beamtenlaufbahn dazu.

Berechnung der Mindestpension

Die Höhe der Mindestpension hängt vom Zeitpunkt des Eintritts oder der Versetzung in den Ruhestand ab. Anspruch auf eine Pension haben Beamte, sobald sie mindestens fünf Jahre im Dienst standen oder wenn sie bei der Ausübung ihres Dienstes ohne eigenes Verschulden arbeitsunfähig wurden.

Die Berechnung des Mindestruhegehalts erfolgt nach folgenden Vorgaben: Das Mindestruhegehalt wird entweder mit 35 Prozent der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge der erreichten Besoldungsgruppe (amtsabhängiges Mindestruhegehalt) oder mit 65 Prozent der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge der Endstufe der Besoldungsgruppe A4 ausgezahlt. Hinzu kommt ein fester Betrag von 30,68 Euro, was dem vom Amts unabhängigen Mindestruhegehalt entspricht. Der höhere dieser beiden Beträge wird ausgezahlt.

Ein Rechenbeispiel: Ein Beamter der Besoldungsgruppe A3 Stufe 4 erhält ein monatliches Bruttogehalt von 2.865,01 Euro. Die Berechnung lautet daher: 35 Prozent von 2.865,01 Euro ergeben 1.002,75 Euro. Bei einer vom Amt unabhängigen Mindestpension fällt der Betrag deutlich höher aus: 65 Prozent von 3.157,76 Euro plus 30,68 Euro ergeben insgesamt 2.083,22 Euro.

Bezüge deutlich höher als bei gesetzlicher Rente

Beamtenpensionen sind ein wichtiger Bestandteil der Altersvorsorge und deutlich höher als gesetzliche Renten. Ein Grund ist die unterschiedliche Berechnungsgrundlage. Während die gesetzliche Rente auf den eingezahlten Beiträgen basiert, orientiert sich die Beamtenpension an den letzten Dienstbezügen. Zudem gibt es für Beamte keine Beitragszahlungen zur Rentenversicherung, was die Pension zusätzlich erhöht.

Ein weiterer Faktor ist die Mindestpension selbst. Während es bei der gesetzlichen Rente nur einen Grundrentenzuschlag gibt, sorgt die Mindestpension bei Beamten für ein deutlich höheres finanzielles Polster im Ruhestand. Deshalb stehen Beamte im Vergleich zu Rentnern deutlich besser da. Die Mindestpension sorgt zuverlässig für ihre finanzielle Sicherheit im Alter. Sicher ist das ein Wettbewerbsvorteil und ein Bewerbungsargument mehr, für eine Karriere im öffentlichen Dienst.

Umfrage: Mehrheit will Beamtentum abschaffen

Eine große Mehrheit in Deutschland will das Pensionsprivileg der Beamten abschaffen. Neue Mitarbeiter sollten nur noch als normale Angestellte und nicht mehr als Beamte eingestellt werden: Mehr als 81 Prozent sind dafür, dass neu eingestellte Staatsbedienstete künftig in die gesetzliche Rente einbezogen werden.

Nur 11,5 Prozent sind für die Fortführung der Beamtenpensionen, während 7,1 Prozent unentschieden sind. Dies ergibt eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) unter 5000 Befragten.

Der Wunsch, das Beamtenverhältnis künftig abzuschaffen, gilt für die große Mehrheit nicht nur für Staatsbedienstete der Ministerialverwaltung, sondern auch für Kommunalverwaltungen, Lehrer und Professoren sowie die Finanzverwaltung. Lediglich im Polizeivollzugsdienst befürwortet eine Mehrheit von fast 61 Prozent den Beamtenstatus. Dieser Trend ist konsistent über verschiedene Altersgruppen, Bundesländer und Parteipräferenzen hinweg.

INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben kommentiert: „Das ist das Aufreger-Thema schlechthin: Während beim Rentensystem an allen Ecken und Enden Geld fehlt und umfangreiche Reformen nötig sind, bekommen Beamte einfach ungekürzt Luxuspensionen, von denen Rentner nur träumen können.“

Präferenz für Angestelltenverhältnis in Ministerien

Die Umfrage-Ergebnisse zur Beschäftigungsform in der Verwaltung der Ministerien zeigen, dass 76,8 Prozent der Befragten ein Angestelltenverhältnis bevorzugen. Nur 15,6 Prozent sprechen sich für das Beamtenverhältnis aus, während 7,6 Prozent unentschieden sind. Bei den 18- bis 29-Jährigen bevorzugen 65,7 Prozent das Angestelltenverhältnis, während dieser Wert bei den 65+-Jährigen auf 80 Prozent ansteigt. Auch bei der Verwaltung in Kommunen, bei den Lehrkräften, wird ein Angestelltenverhältnis bevorzugt.

Fazit: Die Altersversorgung der Beamten ist langfristig nicht mehr tragbar. In Zeiten klammer Rentenkassen ist eine Verbeamtung in der Größenordnung und das bei immer weniger Beitragszahler nicht mehr zeitgemäß und erst recht nicht finanzierbar. Bevor die Renten nicht mehr steigen oder die Rentenbeiträge erhöht werden, muss der Staat über eine neue Beitragsfinanzierung für Beamte nachdenken. Auch muss die übermäßige Verbeamtung gestoppt werden, denn es geht um die Akzeptanz der steuerzahlenden Bevölkerung, erst recht, wenn die unvermeidliche Rentenreform kommt.

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Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

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