Finanzen

Der Markt wacht auf: US-Zinsen steigen sprunghaft an

Der Markt beginnt, die Ankündigungen der Federal Reserve ernst zu nehmen. In Erwartung einer strafferen Geldpolitik sind die Zinsen auf breiter Front sprunghaft angestiegen.
10.01.2022 14:00
Lesezeit: 3 min

Noch Ende September lag die Rendite von zweijährigen US-Staatsanleihen bei rund 0,23 Prozent. Seither ist sie auf 0,87 Prozent angestiegen. Dies ist der höchste Stand seit Ende Februar 2020. Letzten Mittwoch hat die Rendite durch die veröffentlichten Protokolle der Federal Reserve weiter Auftrieb erhalten. Offenbar haben die Märkte begonnen, die von der Fed angekündigte Straffung der Geldpolitik ernst zu nehmen.

Noch verfolgt die US-Notenbank eine äußerst lockere Geldpolitik, um die Zinssätze trotz der höchsten Inflationsraten seit 40 Jahren auf nahe null zu drücken. Doch sie will nun nach eigenem Bekunden in kleinen Schritten damit beginnen, die Inflation zu bekämpfen. Die Renditen von US-Staatsanleihen haben bereits auf den erwarteten Umschwung bei der Fed reagiert, wie der Analyst Wolf Richter ausführt.

Selbst die Fed-Präsidentin von San Francisco, Mary Daly, die zu den Verfechtern einer sehr lockeren Geldpolitik zählt, hat am Freitag Leitzinserhöhungen noch dieses Jahr befürwortet sowie den baldigen Beginn der quantitativen Straffung. "Ich würde es vorziehen, wenn wir den Leitzins allmählich anpassen und früher als im letzten Zyklus mit dem Abbau der Bilanz beginnen", sagte sie.

Auf einer Pressekonferenz am 15. Dezember letzten Jahres hatte die US-Notenbank das Ende der Politik des billigen Geldes angekündigt. Fed-Chef Jerome Powell sagte dort, dass die Straffung der Geldpolitik schneller vonstatten gehen werde, als bisher geplant. Es folgten weitere entsprechende Ankündigung führender Notenbanker. Und der Markt beginnt nun, die Worte der Notenbanker ernst zu nehmen, und erwartet Taten.

Die geplante Straffung der Geldpolitik wird von der Fed im Vorfeld angekündigt, damit sich die Märkte darauf einstellen können und nicht von einer plötzlichen Entscheidung geschockt werden. Und tatsächlich stellt sich der Markt allmählich auf den kommenden Umschwung ein. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen lag am Freitag bei 1,78 Prozent. Dies ist der höchste Stand seit Januar 2020 - also vor Corona.

Die Fed betrachtet die Straffung der Geldpolitik (Quantitative Tightening, QT) als ihr wichtigstes Mittel im Kampf gegen die Inflation, so wie sie die lockere Geldpolitik (Quantitative Easing, QE) als ihr wichtigstes Mittel im Kampf gegen die Deflation sah. Mit Quantitative Tightening (QT) meint sie, dass sie ihre aufgeblasene Bilanz nun schneller und stärker abbauen wird als bisher geplant.

Mithilfe von Wertpapierkäufen (QE) hat die Fed die langfristigen Zinssätze erfolgreich nach unten gedrückt, zugleich aber auch riesige Vermögensblasen geschaffen. QT bedeutet nun das Gegenteil: Die Notenbank will ihre Wertpapierbestände reduzieren und die langfristigen Zinssätze steigen lassen, was infolge ihrer Ankündigungen bereits geschehen ist.

Zudem hat der Renditeanstieg 10-jähriger Staatsanleihen die höchsten Hypothekenzinsen seit fast zwei Jahren bewirkt. Nach Angaben der Hypothekenbank Freddie Mac ist der durchschnittliche 30-jährige Festzins auf 3,22 Prozent gestiegen. Dies ist der höchste Stand seit Mai 2020. Dieser Wert beruht jedoch auf Umfragen, die die meisten Hypothekenbanker zu Beginn der letzten Woche ausgefüllt haben.

Seitdem sind die Hypothekenzinsen nun aber noch weiter gestiegen. Die höheren Hypothekenzinsen machen die Finanzierung eines Hauskaufs zusätzlich teurer. Die Hauspreise in den USA sind in den letzten 18 Monaten weiter explodiert, obwohl die Preise infolge der extrem lockeren Geldpolitik seit der Weltfinanzkrise ab dem Jahr 2007 bereits zuvor stark aufgeheizt waren.

Trotz der sprunghaften Zinsanstiege bei Staatsanleihen aller Laufzeiten sowie bei den Hypothekenkrediten sind die Realzinsen derzeit stark negativ. Denn die Inflationsrate in den USA ist im Dezember den sechsten Monat in Folge angestiegen. Mit 6,8 Prozent hat die Inflation den höchsten Wert seit 40 Jahren erreicht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zeitweise unter 90.000 US-Dollar: Kryptomarkt in extremer Angst
18.11.2025

Der Bitcoin-Kurs ist am Dienstag zeitweise tief gefallen und hat weltweit Unruhe unter Anlegern ausgelöst. Der Fear-and-Greed-Index warnt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Flixtrain bereit zum harten Wettbewerb um Bahn-Kunden
18.11.2025

Im Fernverkehr auf deutschen Schienen herrscht bislang wenig Wettbewerb. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Ein kleiner...

DWN
Technologie
Technologie Fliegende Autos: XPeng eröffnet erste Produktionsstätte für Flugfahrzeuge in China
18.11.2025

China eröffnet erstmals industrielle Strukturen für Fahrzeuge, die sowohl am Boden als auch in der Luft nutzbar sein sollen. Wird damit...

DWN
Technologie
Technologie Cloudflare down: Internetdienste X und ChatGPT massiv von Cloudflare-Störung betroffen
18.11.2025

Die Cloudflare-Dienste sind seit Dienstagmittag weltweit massiv gestört, betroffen sind darunter große Plattformen wie X und ChatGPT. Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Nokia-Aktie und Nvidia-Aktie im Fokus: Wie die Partnerschaft 5G-Wachstum antreibt
18.11.2025

Die einst vor allem für Handys bekannte Nokia hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und rückt nun wieder in den Fokus von...

DWN
Finanzen
Finanzen Vestas-Aktie im Minus: So sollen 900 gezielte Entlassungen die Ertragsziele stützen
18.11.2025

Die Vestas-Aktie steht derzeit unter Druck. Dass das Unternehmen weltweit 900 Bürostellen abbaut, scheint den Anlegern auch Sorgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erfolg im Job: Warum Diplome nicht mehr über Karrierechancen entscheiden
18.11.2025

Die Anforderungen an Fachkräfte haben sich deutlich verändert, und Arbeitgeber legen zunehmend Wert auf Fähigkeiten, Persönlichkeit und...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität in Europa: Beckedahl kritisiert Bundesregierung
18.11.2025

Deutschland feiert neue Google- und Microsoft-Rechenzentren, während die digitale Abhängigkeit von US-Konzernen wächst. Der...