Deutschland

Impfzwang: Steinmeier und Kubicki warnen vor überstürzten Entscheidungen

Bundespräsident Steinmeier und Bundestagsvizepräsident Kubicki warnen vor überstürzten Entscheidungen beim Thema Impfzwang. Unterdessen sinken die Krankenhauseinweisungen stark.
12.01.2022 14:00
Aktualisiert: 12.01.2022 14:19
Lesezeit: 2 min
Impfzwang: Steinmeier und Kubicki warnen vor überstürzten Entscheidungen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Im Ringen um eine allgemeine Corona-Impfpflicht hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine sorgfältige Diskussion angemahnt. «Eine solch außerordentliche Maßnahme stellt unseren Staat auch in eine außerordentliche Pflicht vor seinen Bürgerinnen und Bürgern. Kurz gesagt: Impfpflicht bedeutet Debattenpflicht», sagte das Staatsoberhaupt am Mittwoch in Berlin.

Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hat Forderungen nach der schnellen Einführung einer allgemeinen Impfpflicht zurückgewiesen. «Ich bin froh, dass der Deutsche Bundestag sich Zeit nimmt. Denn Eile ist in dieser Frage, glaube ich, der falsche Ratgeber», sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Er verteidigte zugleich das Vorgehen der Ampel-Koalition, dazu nicht einen Gesetzentwurf der Regierung oder der Regierungsfraktionen vorzulegen, sondern diese Frage über fraktionsübergreifende Gruppenanträge im Bundestag entscheiden zu lassen.

Es handele sich um eine «wirklich gravierende Frage» mit ähnlicher Qualität wie die Regelung der Sterbehilfe, sagte Kubicki. «Da ist es wichtig, dass man die Argumente auf den Tisch bringt, sie abwägt und jeder Einzelne seine Entscheidung treffen muss, ob er bei der Impfpflicht beispielsweise dem Gedanken einer Inanspruchnahme des menschlichen Körpers durch Hinzufügen von Fremdkörpern folgen will oder auch nicht.»

Kubicki lehnte eine allgemeine Impfpflicht erneut ab. «Entscheidend ist, dass das wesentliche Argument, man lässt sich impfen, um einen Fremdschutz zu erreichen, sich als falsch herausgestellt hat.» Es lasse sich daher nicht rechtfertigen, Menschen gegen ihren Willen zu zwingen, sich impfen zu lassen. Kubicki forderte eine Werbekampagne für das Impfen. «Ich selbst bin geboostert und werde meine vierte Impfung in vier Wochen bekommen», sagte der 69-Jährige.

Krankenhauseinweisungen sinken deutlich

Kanzler Olaf Scholz hofft auf eine zügige Beratung im Bundestag über eine Impfpflicht. «Ich jedenfalls halte sie für notwendig und werde mich aktiv dafür einsetzen», sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in seiner ersten Regierungsbefragung. Sich nicht impfen zu lassen sei keine persönliche Entscheidung, sondern habe Konsequenzen für das ganze Land. Zuletzt hätten Kliniken Operationen absagen müssen, um Platz für Corona-Patienten zu machen. «Es gibt keine Entscheidung, die man nur für sich alleine trifft, und deshalb ist die Impfpflicht auch wichtig.»

Die Koalition aus SPD, FDP und Grünen plant eine freie Abstimmung ohne Fraktionsvorgaben über eine Impfpflicht.

Mit der Verbreitung der Omikron-Variante überschritt die Zahl der an einem Tag erfassten neuen Fälle laut Robert Koch-Institut (RKI) erstmals die Schwelle von 80 000. Die Gesundheitsämter meldeten jetzt 80 430 Fälle. Vor einer Woche waren es 58 912 gewesen, wobei es zum Jahreswechsel Lücken bei Tests und Meldungen gegeben hatte. Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI nun mit 407,5 an. Am Vortag hatte die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen bei 387,9 gelegen. Der Höchstwert wurde Ende November mit 452,4 erreicht.

Trotz der stark steigenden Fallzahlen sinken die Krankenhauseinweisungen seit Wochen deutlich. Die Zahl der Corona-Intensivpatienten in Krankenhäusern ist am Mittwoch weiter auf nun 3021 gefallen. Das geht aus der Übersicht der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) hervor. Zum Vergleich: Mitte Dezember lag die Zahl noch bei fast 5.000.

Grund für den starken Rückgang bei schweren Verläufen ist die besonders milde Omikron-Variante, welche sich in Deutschland langsam gegen die Delta-Variante durchsetzt.

Lesen Sie dazu: Spanien behandelt Corona fortan wie eine gewöhnliche Grippe

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...