Unsere heutige Welt ist längst in einer Phase der Inflation eingetreten, die zu einer Hyperinflation führen könnte. Das Gefühl für die Hyperinflation ist dem Deutschen mittlerweile fremd geworden. Umso wichtiger ist es, den Menschen zu vermitteln, was Hyperinflation konkret bedeutet.
Deshalb sollen an dieser Stelle einige Auszüge aus dem Tagebuch des Konrektors und Kantors August Heinrich von der Ohe aus den Jahren 1922/1923 unkommentiert wiedergegeben werden:
9. Dezember 1921: In Deutschland am l. Dezember großer Börsenkrach. Die Wertpapiere Waren hoch getrieben worden, und anschließend stützten die Kurse teilweise um 1.000 Prozent.
1. Januar 1922: Ich bekomme jetzt 40.000 Mark Gehalt, mit dem Schützengelde 50.000 Mark. Gramisch 50.000 Mark, weil er mehr Kinder hat. Aber er muss für seinen Sohn jährlich 10.000 Mark Pension bezahlen. Was für Zahlen sind das!
2. April 1922: Kartoffeln kosten 200 Mark der Zentner, Butter 75 Mark das Pfund. Eine Gehaltsaufbesserung haben wir auch bekommen, jedoch längst nicht genug. Für mich sind es 13.000 Mark.
15. Oktober 1922: Der Roggen kostete in der Erntezeit l .000 Mark, jetzt 5.000 Mark. Am l. Oktober bekam ich ein Gehalt einschl. Nachzahlung für Sept. von 79.000 Mark. Der Dollar stand 3.600 Mark.
19. Oktober 1922: Ein Zentner Kartoffeln kostet jetzt 550 Mark. Unsere zweite Kuh hat Anneli bekommen. Sie würde jetzt 60.000 Mark kosten. Ich habe sie im Juni für 18.000 Mark gekauft. Ein Bleistift kostet 24 Mark. Ich habe 5,2 Ztr. Gerste gekauft für 17.000 Mark.
30. Oktober 1922: Die Preise sind ungeheuer gestiegen. Roggen 14.000 Mark, Gerstenschrot 9.000 Mark, ein Ztr. Stroh 2.000 Mark. Einen Ackerwagen vom Schied Vorwerk gekauft für 125.000 Mark. Für einen Schinken sind 9.000 Mark zu zahlen.
3. Februar: Der Dollar stand annähernd auf 50.000 Mark. Roggen kostet 60.000 Mark der Zentner; Schwein 3.000 Mark das Pfund. Unsere Kuh will ich verkaufen. Es sind 1 1/4 Millionen geboten, 1 1/2 will ich haben. Unseren alten Wagen verkauft für 200.000 Mark. Einen gebrauchten Pflug für 35.000 Mark gekauft. Ein Pfund markenfreies Brot kostet 700 Mark. Ich war mehrfach in Geldnöten, habe mich aber glücklich herausgewunden. Neu gekauft: 1 Wagen 125.000 Mark, ein Rind 215.000 Mark, eine Kuh 400.000 Mark und drei Ferkel 90.000 Mark. Dafür habe ich 425.000 Mark aufgenommen; aus dem Gehalt kamen 440.000 Mark dazu.
21. Juli 1923: Einen Vorlegelöffel bei Ritter gekauft für l Million Mark. 24. Juli 1923: Auf der Fahrt nach Stralsund in Rostock eine Tasse Kaffee für 5.500 Mark getrunken. 29. Juli 1923: Die Reise hat 416 000 Mark gekostet. Der Dollar stieg auf l Million Mark. 1. August 1923: Der Dollar steht auf 1.200.000 Mark, d. h. die Mark ist fast nichts mehr wert. Heute habe ich die ersten 5 Millionen Scheine gesehen. Neue Kartoffeln kosten 6.000 Mark das Pfund. Anzugstoffe kosten 3 Millionen Mark das Meter. Die Läden schließen früher . Sie werden bestürmt. Alles flieht vor der Mark. 8. August 1923: Der Dollar steht auf 3.600. 000 Mark. Es ist krisenhaft.
22. Oktober 1923: Der Dollar ist auf 40 Milliarden gestiegen. Heute Abend bezahlte ich meine Zeitung für November mit l Milliarde 222 Millionen! Ein Manchester Anzug soll 110 Milliarden, bei Dagefördes sogar 150 Milliarden kosten. Die Brotkarten haben aufgehört. Das ist die letzte Erinnerung an den großen Krieg. 28. Oktober 1923: Die Maurer bekommen 3 Milliarden Mark die Stunde. Sanders müssen aufhören zu bauen, weil es zu teuer ist. Sie haben ein Rind verkauft, 4 Ztr. je 200 Milliarden Mark.
23. November 1923: Heute kam der Bote und brachte Gehälter. Ich bekam 33 Billionen, davon 16 in Rentenmark. Eine Rentenmark = l Billion. Die neuen Preise haben die Vorkriegspreise meistens überschritten. So kostet der Roggen z.B. 13 Goldmark; vor dem Kriege 8 Mark.
5. Dezember 1923: Die Rentenmark kommt jetzt in den Verkehr. Man hört sehr verschiedene Meinungen über sie. Eine Zigarette kostet 50.000.000.000 Mark. Eine Rolle Kautabak = 240 Bio = 24 Pf. Ich kaufte einen Kalender für 500 Bio. Mark = 50 Pfennig.
18. Dezember 1923: Wir bekommen jetzt wieder Gehalt in Goldmark. Ich bekomme mtl. 227,50 Goldmark.