Wirtschaft

Öl-Streik in Libyen droht: Knackt der Ölpreis die 100-Dollar-Marke?

Im Osten Libyens droht ein Ölstreik. In Verbindung mit der Ukraine-Krise und anderen geopolitischen Faktoren könnte der Ölpreis für die richtungsweisende Nordseesorte Brent die 100-Dollar-Marke knacken.
17.02.2022 13:01
Aktualisiert: 17.02.2022 13:01
Lesezeit: 1 min
Öl-Streik in Libyen droht: Knackt der Ölpreis die 100-Dollar-Marke?
Auf dem Gelände einer Recyclingfirma in Hamburg sind Ölfässer gestapelt. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Ölarbeiter in Libyen drohen damit, Ende Februar ein Ölexportterminal in Ostlibyen zu schließen, das normalerweise fast 200.000 Barrel pro Tag (bpd) Rohöl versendet. Die Ölarbeiter sehen ihre Lohnforderungen nicht erfüllt. Das berichtete „Argus“ am 15. Februar 2022 unter Berufung auf eine anonyme Quelle. Die Arbeiter drohen damit, die Rohölexporte vom Ölterminal Marsa el-Hariga einzustellen, das Öl transportiert, das von Agoco, einer Tochtergesellschaft der libyschen National Oil Corporation (NOC), gepumpt wird.

Im vergangenen Jahr exportierte Marsa el-Hariga durchschnittlich 196.000 Barrel pro Tag, während die Rohöllieferungen aus dem Ölhafen im Januar 2022 durchschnittlich 194.000 Barrel pro Tag betrugen, wie Argus-Tracking-Daten zeigen.

Am Ölmarkt haben sich die starken deutlichen Preisschwankungen am Donnerstag fortgesetzt. Nach kräftigen Aufschlägen am Vortag gaben die Preise im Mittagshandel wieder spürbar nach, wobei sie die Verluste aus dem frühen Handel weiter ausgeweitet haben. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent wurde zuletzt zu 92,84 US-Dollar gehandelt. Das waren 1,97 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 2,10 Dollar auf 91,56 Dollar.

„Die Ölpreise sind seit Tagen äußerst volatil“, kommentierte Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank das Handelsgeschehen. Am Erdölmarkt wirkten zuletzt gegenläufige Kräfte. Preisdruck kam aus dem Iran. Dessen Unterhändler Ali Bagheri Kani hatte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter von Fortschritten in den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm gesprochen. Sollte über das von den USA aufgekündigte Abkommen eine Einigung erzielt werden, könnten US-Sanktionen wegfallen, die unter anderem die iranischen Ölexporte betreffen. Die vage Aussicht auf zusätzliches Erdöl belastet die Preise.

Allerdings bleibt auch die Ukraine-Krise ein beherrschendes Thema. Zuletzt gab es widersprüchliche Meldungen zu russischen Truppenbewegungen in der Grenzregion. Nach Einschätzung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gibt es bisher keine Anzeichen für einen Rückzug russischer Truppen oder eine Deeskalation der Lage. Ein ranghoher Beamter des Weißen Hauses sagte vielmehr, dass Russland in den „zurückliegenden Tagen“ rund 7000 zusätzliche Soldaten in die Nähe der ukrainischen Grenze gebracht habe. Russland hatte dagegen am Dienstag mitgeteilt, dass nach Manövern mit dem Abzug von Truppen begonnen worden sei, was zeitweise für Erleichterung an den Finanzmärkten sorgte.

Russland ist einer der größten Ölförderer der Welt. Sollte die Ukraine-Krise eskalieren, befürchten Fachleute Auswirkungen auf die Versorgung mit russischem Erdöl. Unklar bleibt, ob der Brent-Ölpreis bald die 100-Dollar-Marke knackt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...