Finanzen

Wie bewerten Ökonomen die Finanz-Sanktionen gegen Russland?

Der Westen hat neben dem Swift-Ausschluss Russlands auch harte Sanktionen gegen die Notenbank in Kraft gesetzt. Dazu die Einschätzungen verschiedener Ökonomen.
28.02.2022 11:04
Lesezeit: 2 min
Wie bewerten Ökonomen die Finanz-Sanktionen gegen Russland?
Ausgewählte russische Finanzinstitute werden aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift ausgeschlossen. (Foto. dpa) Foto: James Arthur Gekiere

Am Wochenende hatte der Westen scharfe Finanzsanktionen gegen Russland verhängt. Die Europäische Union (EU) setzte Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft. Sie umfassen ein Verbot von Transaktionen mit dem Finanzinstitut. Zudem werden alle Vermögenswerte der Bank in der EU eingefroren. Die russische Zentralbank reagierte unter anderem mit einer drastischen Zinsanhebung auf 20 Prozent.

Außerdem beschlossen Deutschland, die Vereinigten Staaten und andere westliche Verbündete einen Ausschluss ausgewählter russischer Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift.

Die Einschätzungen von Ökonomen im Überblick:

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank

"Russland wird nicht nur durch die Finanzsanktionen, sondern auch durch die am Freitag beschlossenen Exportbeschränkungen getroffen. Diese gelten für Ausrüstungen von Ölraffinerien, Flugzeugteile, Halbleiter etc. Da die Beschränkungen auf Hightech-Exporte abzielen, dürften sie der Wirtschaft Russlands langfristig beträchtlich schaden, auch weil sie die ökonomische Entwicklung jenseits des Energiesektors behindern. Wir erwarten, dass die russische Wirtschaft in eine Phase schmerzhaft niedrigen Trendwachstums eintreten wird."

Thomas Gitzel, Chefredakteur VP Bank

"Der Ausschluss russischer Banken aus dem Zahlungssystem Swift bleibt nicht ohne wirtschaftliche Folgen für den europäischen Bankensektor. Der Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungsverkehr bedeutet, dass diese Finanzinstitute ihre Verbindlichkeiten gegenüber ihren europäischen Gläubigern nicht mehr begleichen können. (...) Harte Sanktionen, die Russland wirklich treffen, gibt es für Europa nicht zum Nulltarif. Je weiter Russland sanktioniert wird, desto deutlicher werden die wirtschaftlichen Folgen für die europäischen Staaten und auch für die USA. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn es zu einem Stopp russischer Gaslieferungen käme."

Analysten US-Investmentbank JPMorgan

"Das Design dieser Sanktionen besteht darin, der russischen Wirtschaft erheblichen Schaden zuzufügen und gleichzeitig den Fluss russischer Öl- und Erdgasexporte aufrechtzuerhalten. Diese Sanktionen werden mit ziemlicher Sicherheit treffen und Russland dürfte auf eine tiefe Rezession und die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen zusteuert. (...) Während der Schaden für Russland sehr wahrscheinlich erscheint, ist es ungewiss, ob die russischen Exporte weiter möglich sein werden. Die unmittelbare Frage ist, ob die westlichen Verbündeten tatsächlich Ausnahmen für Energiezahlungen durchsetzen können. Energiezahlungen werden schwer zu identifizieren sein."

Neil Shearing, Chefvolkswirt Capital Economics

"Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Auswirkungen auf die globalen Lieferketten insgesamt relativ gering sein werden, aber der Ausschluss einiger russischer Banken aus dem Swift-System bedeutet, dass der Handel zwischen Russland und Europa außerhalb des Energiesektors wahrscheinlich einbrechen wird. Angriffe auf die Infrastruktur, die Gas nach Westeuropa transportiert, könnten die Preise weiter in die Höhe treiben und den Inflationsdruck erhöhen. Und die zusätzlichen Sanktionen könnten zu Vergeltungsmaßnahmen Russlands führen, was die Energieimporte nach Westeuropa einschränken könnte."

Holger Schmieding, Chefvolkswirt Berenberg Bank

Die Sanktionen können jedoch das Risiko erhöhen, dass Russland Energie- und andere Rohstofflieferungen nach Europa einschränkt, wenn Russland die Erlöse aus solchen Verkäufen nicht verwenden kann. (...). Die Sanktionen dürften Russlands Wirtschaft und damit seine Fähigkeit, sich sein überdimensioniertes Militär im Laufe der Zeit leisten zu können, schwächen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft ASML Energieversorgung: Der Strommangel bedroht Europas Technologievorsprung
26.10.2025

ASML ist das Rückgrat der globalen Chipproduktion – doch der Konzern kämpft mit einem paradoxen Problem: Es fehlt an Strom. Während...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ruhestand aufschieben: So regelt man die Weiterbeschäftigung
26.10.2025

Auch unbefristete Arbeitsverträge haben in den meisten Fällen ein natürliches Ablaufdatum: das Erreichen des Renteneintrittsalters. Aber...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kompetenzen der Zukunft: Mit diesen Fähigkeiten sichern Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit
26.10.2025

Die Arbeitswelt verändert sich rasanter denn je. Unternehmen, die auf Kompetenzen der Zukunft setzen, sichern sich nicht nur Talente,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China setzt Europa unter Druck: Billigimporte stellen globalen Handel und Sicherheit auf die Probe
26.10.2025

Der europäische Markt steht vor wachsenden Herausforderungen durch den massiven Zustrom importierter Waren aus China. Zwischen Logistik,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Von Bier bis Cola - viele Getränke werden teurer
26.10.2025

Nach Ankündigungen von Brauereien könnte es erstmals seit mehreren Jahren wieder zahlreiche Preiserhöhungen bei Bier geben. Krombacher...

DWN
Panorama
Panorama Abbrecherquote steigt weiter: Immer mehr verlassen die Schule ohne Abschluss
26.10.2025

Die Zahl derjenigen, die nicht wenigstens mit einem Hauptschul- oder vergleichbarem Zeugnis die Schule verlassen, steigt weiter. Woran das...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz Arbeitsmarkt: Warum die KI auch Manager ersetzt
26.10.2025

Roboter übernehmen nicht mehr nur Fließbänder, sondern auch Schreibtische. Die künstliche Intelligenz dringt tief in Büros, Management...

DWN
Politik
Politik Peter Vesterbacka: Wenn Deutschland wie Estland wäre, hätte es 600 Einhörner
25.10.2025

Europa gilt zunehmend als unentschlossen, überreguliert und kraftlos – Begriffe, die sich in den vergangenen Jahren eingebürgert haben,...