Wirtschaft

Schwellenländer beteiligen sich nicht an Russland-Sanktionen

China und viele andere Schwellenländer wollen den Handel mit Russland fortsetzen. Auf den Ausschluss Russlands aus dem Swift-System scheinen sie vorbereitet zu sein.
01.03.2022 12:14
Lesezeit: 2 min
Schwellenländer beteiligen sich nicht an Russland-Sanktionen
Russlands Präsident Wladimir Putin am 4. Februar zu Besuch beim chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping. (Foto: dpa) Foto: Alexei Druzhinin

Während die westlichen Regierungen die Sanktionen gegen Russland wegen des Einmarsches in der Ukraine verschärfen, suchen Moskaus Verbündete in den Schwellenländern nach Möglichkeiten, Handel und Finanzierung mit Russland fortzusetzen. Zwar agieren die anderen Mitglieder der ehemaligen BRIC-Gruppe - Brasilien sowie die Milliardenvölker Indien und China - aus Angst vor Sanktionen vorsichtig.

Aber als Folge des Ausschlusses russischer Banken bei Swift deuten sich die Anfänge eines parallelen Finanzsystems in der Welt an, das auch die Vorherrschaft des US-Dollars im Welthandel brechen könnte. Die Weigerung der großen Schwellenländer, die Politik der USA und der EU zu unterstützen und Russland zu isolieren, verdeutlicht die tiefe globale Kluft, die Europas größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg hinterlässt.

CHINA FÜHRT DEN WIDERSTAND AN

Chinesische Unternehmen und Banken suchen nach Möglichkeiten, die Auswirkungen der Sanktionen auf ihre Beziehungen zu Russland zu begrenzen. Dadurch dürfte die Abwicklung von Transaktionen in Yuan auf Kosten des Dollars zunehmen. Die westlichen Beschränkungen, die darauf abzielen, Russland aus dem globalen Finanzsystem auszuschließen, könnten also die Handelsbeziehungen zwischen Moskau und Peking noch vertiefen. Bereits nach den ersten Sanktionen nach der russischen Annexion der Krim hatten deutsche Firmen gewarnt, dass russische Unternehmen verstärkt Partner in China suchen.

Die Abwicklung von Transaktionen ohne Swift kein großes Problem sei, da Russland und China bereits vor fünf Jahren mit der Ent-Dollarisierung begonnen hätten, sagt Deng Kaiyun, Leiter der Handelskammer von Zhejiang. "Die Abwicklung von Transaktionen in Yuan und Rubel ist bei den großen Banken inzwischen normal... Wir Geschäftsleute haben uns bereits daran gewöhnt", sagte Deng und fügte hinzu, dass der Yuan bei den Russen immer beliebter werde.

Auch in Indien, wo die Sorge um die Aufrechterhaltung der russischen Düngemittellieferungen wächst, gibt es nach Angaben von Regierungs- und Bankkreisen den Plan, russische Banken und Unternehmen dazu zu bewegen, im Rahmen eines Tauschsystems Rupien-Konten bei einigen wenigen staatlichen Banken für die Abwicklung des Handels zu eröffnen. Das Land versorgt sich in Russland zudem mit Waffen. Aber auch Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro kündigte an, sein Land werde in dem Konflikt neutral bleiben - und nicht dem westlichen Kurs folgen.

SANKTIONEN ERHÖHEN DIE BEDEUTUNG DES YUAN

Lange hatte auch die Bundesregierung gemahnt, man müsse bei dem Ausschluss Russlands aus dem westlichen Finanzabwicklungssystem Swift auf die Folgewirkungen achten - dann hatte sie wegen des öffentlichen Drucks eingelenkt. Nun zeigt sich ganz praktisch: Die Sanktionen veranlassen russische und chinesische Unternehmen dazu, Konten bei chinesischen Banken zu eröffnen, die Tochtergesellschaften in Russland haben, sagte ein in Moskau ansässiger Anwalt, der chinesische Unternehmen vertritt. "Swift ist nicht das einzige Zahlungssystem. Wenn Sie diesen Kanal blockieren, müssen die Geschäftsleute Alternativen finden", sagte der Anwalt, der nicht namentlich genannt werden wollte. Bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2021 wurden 28 Prozent der chinesischen Exporte nach Russland in Yuan abgewickelt, verglichen mit nur zwei Prozent im Jahr 2013.

Dang Congyu, Analyst bei Founder Securities, schreibt, die Swift-Sanktionen gegen Russland seien "ein Meilenstein, der den Prozess der Ent-Dollarisierung beschleunigen wird". Obwohl es schwierig sei, Swift kurzfristig zu ersetzen, sei die Entwicklung auf lange Sicht sehr vorteilhaft für die Globalisierung des Yuan. Die Bemühungen, unabhängiger vom Dollar zu werden, sind dabei nicht auf den Handel beschränkt.

Die Investmentfirma Caderus Capital etwa erklärte, sie arbeite an der Förderung grenzüberschreitender Investitionen zwischen Russland und China. Geschäftsführer Andrei Akopian begrüßte auch den Schritt der russischen Zentralbank, die Investitionen in Yuan-Anlagen zu erhöhen, als "den besten Weg, um die Popularität des chinesischen RMB unter russischen Investoren zu steigern".

Der Yuan machte im Juni 2021 immerhin bereits 13,1 Prozent der Devisenreserven der russischen Zentralbank aus, verglichen mit nur 0,1 Prozent im Juni 2017. Die Dollarbestände sanken von 46,3 Prozent auf 16,4 Prozent.

Allerdings: Viele chinesische Unternehmen leiden derzeit unter dem schwankenden Rubel und der Nichteinhaltung von Handelsverträgen. "Jeder konzentriert sich im Moment auf die Aufrechterhaltung oder den Abbau bestehender Geschäfte. Niemand spricht über neue Geschäfte. Das höre ich von allen Seiten, auch von chinesischen Kunden", sagte ein Anwalt, der nicht namentlich genannt werden wollte. Und Han-Shen Lin, Senior Advisor bei The Asia Group und ehemaliger Banker, warnt davor, dass chinesische Banken wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland einer strengeren Prüfung unterzogen werden könnten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Heinz Nixdorf und der Wandel der deutschen Computerindustrie
08.04.2025

Das größte Computermuseum der Welt in Paderborn trägt seinen Namen. Der Grundstock für die Sammlung wurde mit Rechen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Handelskrieg: Optionen für das große Geld schwinden – Rezession droht
08.04.2025

Innerhalb von nur zwei Tagen haben die globalen Märkte einen dramatischen Verlust von 5,4 Billionen Dollar erlitten. Während die großen...

DWN
Politik
Politik Ukraine Krieg: Selenskyj bestätigt erstmalig ukrainische Truppenpräsenz in russischer Region
08.04.2025

Dies ist das erste Mal seit Beginn der russischen Invasion vor mehr als drei Jahren, dass Selenskyj öffentlich die Anwesenheit...

DWN
Politik
Politik Stillstand im Bundestag: Union und SPD streichen Sitzungswoche – aus Furcht vor der AfD?
08.04.2025

Die Sitzungswoche des Bundestags für diese Woche wurde auf Betreiben von Union und SPD gestrichen – mitten in Krisenzeiten und während...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump-Zölle: Europäischen Aktienmärkten droht dreimonatiger Bärenmarkt
08.04.2025

Die europäischen Aktienmärkte stehen angesichts der jüngsten Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, neue Zölle auf Handelswaren...

DWN
Politik
Politik Koalitionsverhandlungen vorm Abschluß? US-Zölle drücken aufs Tempo - Ist die schwarz-rote Koalition bald Realität?
08.04.2025

Schlussspurt bei Union und SPD: Stehen die Gespräche vor einem möglichen Abschluß? Nicht zuletzt angesichts der internationalen Lage und...

DWN
Politik
Politik Migration: Während der Koalitionsverhandlung stoppt das Innenministerium plötzlich die Aufnahme der UN-Flüchtlinge
08.04.2025

Für die Umsiedlung schutzbedürftiger Flüchtlinge wurde ein vorläufiger Aufnahmestopp verhängt. Deutschland hatte jährlich 6550...

DWN
Politik
Politik Handelskrieg: Was können Unternehmer und Verbraucher jetzt tun?
08.04.2025

Nüsse horten? Jeans bunkern? In Motorräder investieren? Der sich anbahnende Handelskrieg macht vielen Angst. Doch davon sollte man sich...