Finanzen

Wochenausblick: Achterbahnfahrt des Dax dürfte weitergehen

Eine erhöhte Volatilität dürfte den deutschen Aktienmarkt auch in der laufenden Woche bestimmen.
14.03.2022 17:00
Aktualisiert: 14.03.2022 17:01
Lesezeit: 2 min

Die im Zuge des Krieges in der Ukraine zuletzt aufgetretenen starken Schwankungen am deutschen Aktienmarkt dürften sich in der neuen Woche aufgrund der ungewissen geopolitischen Situation fortsetzen. Wie sich die Krise auf die Konjunktur und damit auf die Unternehmensgewinne auswirkt, ist noch ungeklärt. Immer mehr Experten fürchten aber das Risiko einer Stagflation - einer lahmenden Wirtschaft bei gleichzeitig steigender Inflation.

Die hohe Nervosität der Anleger angesichts der russischen Angriffe auf das Nachbarland belegten die Kurskapriolen das Dax in der Vorwoche: Am Montag, sackte das wichtigste deutsche Börsenbarometer zunächst um fünf Prozent ab, drehte nachmittags ins Plus und schloss doch wieder deutlich im Minus. Am Mittwoch schnellte der Dax dagegen um acht Prozent nach oben. Es war prozentual der fünftstärkste Anstieg in seiner Geschichte. Am Donnerstag ging es wieder um rund drei Prozent abwärts und am Freitag sieht es nach einem Kursgewinn von rund zwei Prozent aus.

"Kurzfristig liegt das Aktienmarktrisiko in der Nachrichtenlage, daher sollte die Volatilität weiterhin hoch bleiben", glaubt Analyst Sven Streibel von der DZ Bank. Die möglichen Auswirkungen auf die Konjunktur, insbesondere in Europa und Deutschland, seien schwer zu prognostizieren. Die jüngsten Sprünge nach oben zeigten aber auch, dass der Anleger-Optimismus nicht verloren gegangen sei. "Investoren sind derzeit schlicht überfordert mit der Lage und fordern daher nachweislich erhöhte Risikoprämien für Aktieninvestments", so Streibel.

Mittelfristig sieht der DZ-Bank-Experte allerdings ein stattliches Aufwärtspotenzial für den Dax, da derzeit von keinem realwirtschaftlich nachhaltigen Konjunktureinbruch oder Gewinnrückgang der Unternehmen ausgegangen werde. Von einer Beilegung der Ukraine-Krise würde der deutsche Aktienmarkt aufgrund seiner global-zyklischen Ausrichtung noch mehr profitieren als der US-Markt, prognostiziert Streibel.

Langfristig sieht Streibel jedoch Belastungen von der angekündigten Zinswende in den USA und der in Aussicht gestellten für die Eurozone. "Der Krieg treibt die Rohstoffpreise, insbesondere Öl, und sorgt zusätzlich für weitere Verwerfungen bei den internationalen Lieferketten. Die ohnehin schon hohe (US-) Inflationsdynamik dürfte hierdurch weiter gefestigt werden und somit die Notenbanken, allen voran die Fed, zu einer restriktiveren Geldpolitik veranlassen", betonte der DZ-Bank-Analyst.

Er empfiehlt den Anlegern in der jetzigen Situation, Ruhe zu bewahren und , ihre Investments breit zu streuen: "Ein über Regionen und Sektoren breit diversifiziertes Portfolio ist und bleibt der beste Schutz vor krisenbedingten Schwankungen, ohne auf Renditechancen verzichten zu müssen."

Auch Jens Herdack von der Weberbank beschäftigte sich mit der Frage, ob Investoren im aktuellen Umfeld investiert bleiben oder zunächst einmal an den Rand zurücktreten und Kasse machen sollen. Um die Risiken zu reduzieren, präferiert er Investitionen in den US-Aktienmarkt, da die Auswirkungen der Russland-Sanktionen dort weniger deutlich spürbar sein sollten und der US-Dollar als typische Krisenwährung stark bleiben dürfte.

"In diesem unsicheren Umfeld versucht die Europäische Zentralbank EZB, die von ihr avisierte Normalisierung ihrer Geldpolitik trotz Gegenwind vorsichtig fortzusetzen", verwies der Weberbank-Analyst auf jüngste Äußerungen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Diese habe zwar ein schnelleres Ende der Anleihekaufprogramme angekündigt, dies aber als eine Normalisierung der Geldpolitik interpretiert.

Spannend werde, wie die EZB auf einen möglichen weiteren Anstieg der Inflation in Europa reagiere, so Herdack. "Mit der angestrebten Normalisierung der Geldpolitik sollten Anleger weiterhin vorsichtig agieren und ihre Depots nicht mit zu lang laufenden Anleihen versehen", empfahl er und verwies auf das Risiko weiterhin steigender Renditen einhergehend mit entsprechenden Kursverlusten.

Aus Konjunktursicht könnten am Dienstag die ZEW-Konjunkturerwartungen aus Deutschland, die EU-Industrieproduktion sowie die US-Erzeugerpreise interessant werden. Am Mittwoch dürften die Anleger auf die US-Einzelhandelsumsätze, vor allem aber auf Neuigkeiten von der Sitzung der US-Notenbank achten. Am Donnerstag stehen unter anderem die Zinsentscheidung der Bank of England, die EU-Verbraucherpreise, der Philadelphia-Fed-Index und die US-Industrieproduktion auf der Agenda.

Unternehmensseitig dürfte es in der neuen Woche deutlich ruhiger werden, nachdem die Quartalsberichtssaison nahezu vorbei ist. Einige wenige Unternehmen wie Hypoport, Deutz und Talanx werden noch über ihre Geschäftsentwicklung im Vorjahr berichten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs schließt über 24.000 Punkten: Erholung geht am Freitag weiter
05.12.2025

Der deutsche Aktienmarkt legt zum Wochenschluss spürbar zu und der Dax überschreitet eine wichtige Schwelle. Doch der Blick richtet sich...

DWN
Politik
Politik Putin in Indien: Strategische Unabhängigkeit in der neuen Weltordnung
05.12.2025

Indien empfängt den russischen Präsidenten mit allen protokollarischen Ehren und stellt damit gängige westliche Erwartungen an globale...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Handwerkskunst aus Deutschland: Pariser Luxus-Modehäuser vertrauen auf die Stickerei Müller
05.12.2025

Die Stickerei Müller aus Franken fertigt für große Modehäuser wie Balenciaga und Yves Saint Laurent. Auf schwierige Jahre nach der...

DWN
Politik
Politik Rentenpaket im Bundestag: Folgen für Rentner und Beitragszahler
05.12.2025

Der Bundestag hat das Rentenpaket mit knapper, aber eigener Mehrheit durchgesetzt und eine Koalitionskrise verhindert. Doch hinter den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Auftragseingang in der deutschen Industrie steigt unerwartet kräftig
05.12.2025

Unerwartet starke Impulse aus der deutschen Industrie: Die Bestellungen im Verarbeitenden Gewerbe ziehen an und übertreffen Prognosen...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie stabil: Analystenkommentar von Bank of America bewegt Rüstungsaktien
05.12.2025

Am Freitag geraten deutsche Rüstungsaktien in Bewegung: Ein US-Großbank-Analyst sortiert seine Favoriten neu. Welche Titel profitieren,...

DWN
Politik
Politik Neuer Wehrdienst: So soll das Modell ab 2026 greifen
05.12.2025

Ab 1. Januar soll der neue Wehrdienst starten: mit Pflicht-Musterung, frischer Wehrerfassung und ehrgeizigen Truppenzielen. Die Regierung...