Weltwirtschaft

Harter Schlag gegen den Dollar: Russland fordert Rubel für sein Gas

Lesezeit: 2 min
24.03.2022 11:59  Aktualisiert: 24.03.2022 11:59
Russland will Gas an "unfreundliche Staaten" künftig nur noch gegen Rubel verkaufen, der in der Folge schon gestiegen ist. Doch die Folgen sind weiter reichend.
Harter Schlag gegen den Dollar: Russland fordert Rubel für sein Gas
Wladimir Putin am Dienstag bei seiner Rede zum achten Jahrestag der Wiedervereinigung der Krim mit Russland.(Foto: dpa/Pool Sputnik/AP | Sergei Guneyev)
Foto: Sergei Guneyev

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Russische Gaslieferungen sollen nach dem Willen des russischen Präsidenten Wladimir Putin künftig in Rubel abgerechnet werden. Die Zahlungsmethode für Lieferungen in "unfreundliche Staaten" solle auf Rubel umgestellt werden, hatte er am Mittwoch angekündigt. Die genauen Details der Umsetzung würden die Regierung und Notenbank in Moskau innerhalb einer Woche klären. Der Energiekonzern Gazprom sei angehalten worden, die Verträge entsprechend zu ändern.

Auf der russischen Liste der "unfreundlichen Staaten" stehen die Länder, die Sanktionen gegen Firmen und Individuen verhängt haben. Darunter sind die USA, die Mitglieder der EU, Großbritannien, Japan, Kanada, Norwegen, Singapur, Südkorea, die Schweiz und die Ukraine. Nicht auf der Liste der "unfreundlichen Staaten" finden sich Länder wie China, Israel, die Türkei, Serbien und Bosnien sowie ganz Südamerika.

WER KAUFT DAS GAS?

Hauptabnehmer russischen Erdgases sind europäische Länder. Rund 40 Prozent seines Gases bezieht Europa aus Russland. Die 200 bis 800 Millionen Euro pro Tag dafür werden vor allem in Euro und Dollar bezahlt. Daten von Ende Januar zufolge wurden 58 Prozent der Gazprom-Lieferungen nach Europa und in weitere Länder in Euro abgerechnet. Deutschland deckt rund 55 Prozent seines Bedarfs mit Lieferungen aus Russland. Die Europäische Union ist uneins in der Frage, ob sie den russischen Energiesektor sanktionieren kann oder nicht. Die Bundesregierung bremst die Debatte um einen Stopp für russische Energielieferungen nach Europa, weil ansonsten eine Rezession drohe.

WAS WÄREN KURZFRISTIGE AUSWIRKUNGEN VON PUTINS PLAN?

Der russische Rubel setzte seine Erholung vom Vortag fort. Der Dollar notierte am Donnerstag zur russischen Währung mehr als zwei Prozent schwächer bei 95,65 Rubel. Zu Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine war die Devise auf ein Rekordtief gefallen.

Auch die Energiepreise waren direkt nach Verkündung von Putins Plan angezogen: Der europäische Erdgas-FutureTRNLTTFMc1 hatte sich zeitweise um bis zu 31 Prozent auf 130 Euro je Megawattstunde verteuert. Auch am Donnerstag stiegen die Preise an.

WAS STEHT HINTER PUTINS PLAN?

Eine ganze Reihe von Staaten hat gegen Russland wegen des Einmarsches in die Ukraine Sanktionen verhängt, etwa gegen die Zentralbank, einzelne Personen, Organisationen, den Finanzsektor und Unternehmen. Die USA, Großbritannien und Kanada haben Energieimporte verboten. Würde sich Russland das Gas in Rubel bezahlen lassen, könnte es die Sanktionen teilweise umgehen. Fast alle russischen Gaslieferverträge lauten dem Beratungsunternehmen "Rystad" zufolge derzeit auf Euro oder Dollar.

KANN RUSSLAND DEN PLAN UMSETZEN?

Es sei unwahrscheinlich, dass Russland die bestehenden Verträge einseitig ändern kann, sagen Rechtsexperten. "Verträge werden zwischen zwei Parteien geschlossen, und sie lauten in der Regel auf US-Dollar oder Euro. Wenn also eine Partei einseitig sagt: 'Nein, Sie werden in dieser Währung zahlen', dann gibt es keinen Vertrag", sagt Tim Harcourt, Volkswirt an der 2University of Technology" in Sydney.

Juraprofessorin und Beraterin für Flüssiggasgeschäfte Susan Sakmar betont, es sei nicht klar, wie ernsthaft diese Forderungen seien. Zudem würde die Umsetzung lange dauern. Aber die Preise für Erdgas und der Kurs des Rubels seien bereits nach Putins Ankündigung gestiegen und er könne sie weiter hoch halten. "Das liegt in seinem Interesse." Ähnlich sieht es Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank: "Russland dreht uns (bislang) nicht den Gashahn ab. Aber es könnte den Preis, den wir dafür zahlen, deutlich heraufschrauben." Es komme darauf an, mit welchen Rubel-Beträgen die Euro-Beträge in den Verträgen ersetzt würden.

Claudio Galimberti von Rystad hält es für möglich, dass Russland neue Verträge aufsetzt für Zahlungen in Rubel, aber dafür müssten die betroffenen Staaten Rubel in ihren Zentralbankbeständen halten oder diesen auf dem Markt kaufen.

WAS KÖNNTEN LANGFRISTIGE FOLGEN SEIN?

Einigen Staaten wie Russland, China und dem Iran ist die Dominanz des US-Dollar im Welthandel ein Dorn im Auge. Der Dollar könnte in der Folge an Einfluss verlieren, würde der Plan Russlands aufgehen. Russland würde aber Probleme bekommen, seine Auslandsschulden zu bedienen, wie Liam Peach von Capital Economics betont.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Russland spielt für China die Rolle des Juniorpartners

Der Ukraine-Konflikt hat Russland und China näher zusammengeführt. Die guten Beziehungen sind für China vorteilhaft, für Russland...

DWN
Finanzen
Finanzen Ratingagentur: Topbonität der Schweiz bei schwerer Finanzkrise in Gefahr

Die Rating-Agentur Scope warnt, dass die Schweiz ihre Top-Bonität bei einer schweren Finanzkrise verlieren könnte. Der Zusammenschluss...

DWN
Politik
Politik Verbrennerverbot: EU-Kommission will nun doch E-Fuel-Autos erlauben

Die EU-Kommission unterbreitet Deutschland beim Verbrennerverbot einen Kompromissvorschlag. Demnach sollen Autos, die nur mit E-Fuels...

DWN
Finanzen
Finanzen Bankenkrise: Allianz-Tochter Pimco schreibt mit CS-Bonds Millionenverluste

Die Bankenkrise zieht nun auch den größten Vermögensverwalter in Mitleidenschaft. Die Allianz-Tochter Pimco muss durch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen PCK Raffinerie: Wie Polen Schwedt die kalte Schulter zeigt

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat gerade ein sehr wichtiges Urteil in der Frage der Treuhandverwaltung der PCK Raffinierie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gastgewerbe startet mit Umsatzplus, bleibt aber noch hinter 2019-Niveau zurück

Hotels, Bars und Restaurants konnten zum Jahresbeginn ein Umsatzplus verbuchen. Bereinigt durch saisonale Effekte bleibt der Umsatz des...

DWN
Finanzen
Finanzen Drohende Bankenkrise: Westliche Notenbanken lancieren Dollar-Notversorgung

Die Notfall-Übernahme der Credit Suisse kann die Nervosität an den Finanzmärkten nicht lindern - im Gegenteil. Große westliche...