Deutschland

Hoffnungen Deutschlands "auf Sand gebaut": Katar kann nicht Habecks Retter in der Not sein

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck verkündete jüngst eine Energiepartnerschaft mit Katar. Das Emirat nimmt ihm jedoch den Wind aus den Segeln – und kritisiert die Energiewende.
07.04.2022 09:00
Lesezeit: 1 min
Hoffnungen Deutschlands "auf Sand gebaut": Katar kann nicht Habecks Retter in der Not sein
Ende März stattete der deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten einen, inzwischen zunehmend als eher fruchtlos gewerteten, dreitägigen Besuch ab. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Infolge des Bemühens der Bundesregierung, unabhängiger von Gaslieferungen aus Russland zu werden, begab sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kürzlich nach Katar und vereinbarte dort laut Medienberichten eine "langfristige Energiepartnerschaft" mit dem Kleinstaat am Persischen Golf, der als einer der weltweit größten Exporteure von Flüssigerdgas (LNG) gilt. Daniel Böhm, Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) im mittleren Osten, reiste Habeck nach. Das ernüchternde Fazit seiner Reisereportage: Die Hoffnungen Deutschlands seien "auf Sand gebaut".

So habe Katars Energieminister Saad al-Kaabi laut Böhm auf einer Politikkonferenz in der katarischen Hauptstadt Doha beteuert, dass das Emirat, selbst wenn es wolle, keine großen Mengen an Gas nach Europa liefern könne. "Unsere Kapazitäten sind mehrheitlich in langfristigen Verträgen in Asien gebunden", äußerte sich al-Kaabi dazu laut NZZ. Das erlaube es dem Land "leider nicht, kurzfristig größere Mengen abzuzweigen und nach Europa umzuleiten."

Vor Journalisten, Experten und Industrievertretern habe al-Kaabi zudem Habecks Narrativ einer vereinbarten Energiepartnerschaft dementiert: "Wir haben bloß zugesagt, die Diskussionen der letzten vier Jahre wiederaufzunehmen, um zu sehen, wie wir möglicherweise zusammenarbeiten können." Böhm verweist darauf, dass das Land – das die russische Invasion der Ukraine zwar verurteilt, sich aber nicht an den Sanktionen gegen Moskau beteiligt – sich alle Optionen frei halte.

Schließlich sei "Katars Staatsfonds mit 19 Prozent am Rosneft-Konzern" beteiligt und das Emirat wohl der Überzeugung, es brauche mehr als nur einen Freund in der Außenpolitik. Die europäische Großprojekt der Energiewende sähe man in Katar indes kritisch. Es sei ja gut, wie die NZZ al-Kaabi zitiert, wenn man von der Energiewende spräche und in Zukunft auf Nachhaltigkeit setze – dabei solle man jedoch nicht vergessen, dass man bis dahin Gas als Brückentechnologie brauche.

Die Zusammenarbeit mit Europa erschwere auch der Umstand, dass Katar es dort mit verschiedenen privaten Abnehmern zu tun hätte, die meist kurzfristige Geschäfte tätigen würden, während man in Asien eher mit Staatsunternehmen zusammenarbeite und dementsprechend langfristig planen könne. Auch europäische Experten, so NZZ-Reporter Böhm, würden wissen, dass die "Unabhängigkeit von Moskau eine Illusion" sei.

Selbst, wenn es jetzt noch ein Umdenken in der EU-Energiepolitik gäbe, so sein Resümee, würde es jedoch noch Jahre dauern, bis der europäische Gasbedarf ohne Russland-Lieferungen gedeckt werden könnte. Die Antwort auf die Frage, wie die Bundesregierung den Spagat zwischen dem Gasbedarf im Inland und den zunehmend lauter werdenden Rufen nach einem Embargo auf russisches Gas im Ausland schaffen soll, dürfte jedenfalls nicht am Persischen Golf liegen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie im Fokus: Googles TPU-Pläne verschärfen den KI-Wettbewerb
28.11.2025

Der Wettbewerb um die leistungsfähigsten KI-Chips gewinnt rasant an Dynamik, da große Technologiekonzerne ihre Strategien neu ausrichten...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up Etalytics: KI als digitaler Dirigent für die Industrieenergie
28.11.2025

In Deutschlands Fabriken verpuffen gewaltige Mengen Energie. Mit einer eigenen KI, die das System kontrolliert, gelingen Etalytics...

DWN
Finanzen
Finanzen Bullenmarkt im Blick: Steht der globale Aufwärtstrend vor einer Wende?
28.11.2025

Die globalen Aktienmärkte erleben nach Jahren starken Wachstums wieder mehr Unsicherheit und kritischere Kursbewegungen. Doch woran lässt...

DWN
Politik
Politik Milliarden-Etat für 2026: Bundestag stemmt Rekordhaushalt
28.11.2025

Der Bundestag hat den Haushalt für 2026 verabschiedet – mit Schulden auf einem Niveau, das zuletzt nur während der Corona-Pandemie...

DWN
Politik
Politik Zu wenige Fachkräfte, zu viele Arbeitslose: Deutschlands paradoxer Arbeitsmarkt
28.11.2025

Deutschland steuert auf fast drei Millionen Arbeitslose zu, doch das eigentliche Problem liegt laut Bundesagentur-Chefin Andrea Nahles...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bleibt im November bei 2,3 Prozent stabil
28.11.2025

Auch im November hat sich die Teuerungsrate in Deutschland kaum bewegt: Die Verbraucherpreise lagen wie schon im Vormonat um 2,3 Prozent...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Koalition erzielt Kompromisse bei Rente, Autos und Wohnungsbau
28.11.2025

Nach langen Verhandlungen haben CDU, CSU und SPD in zentralen Streitfragen Einigungen erzielt. Die Koalitionsspitzen verständigten sich...

DWN
Politik
Politik Zeitnot, Lücken, Belastung: Schulleitungen schlagen Alarm
28.11.2025

Deutschlands Schulleiterinnen und Schulleiter stehen nach wie vor unter hohem Druck: Laut einer Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE sind...