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Die Rubel-Rally nimmt zum Wochenschluss erneut an Fahrt auf. Der Euro verbilligt sich in der Spitze um knapp drei Prozent auf 79,11 Rubel. Die russische Währung notiert damit so hoch wie seit Juli 2020 nicht mehr. Auch zum Dollar ist der Rubel weiter auf Erholungskurs. Die US-Währung fällt um 1,5 Prozent auf 74,58 Rubel.
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In den Tagen nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs war der Rubel gegenüber dem Dollar stark eingebrochen. Die Sanktionen des Westens ließen die russischen Währung vorübergehend auf das Rekordtief von 121,5 Rubel pro Dollar sinken, was Erinnerungen an die russische Finanzkrise im Jahr 1998 weckte.
Doch seitdem hat sich das Blatt zugunsten Russlands gewendet. Der Rubel ist zuletzt deutlich gegenüber dem Dollar gestiegen und notiert wieder so hoch vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine. Am Donnerstag schloss er in Moskau bei 75,75 pro Dollar. Dies ist ein Anstieg um mehr als 60 Prozent gegenüber dem Rekordtief von Anfang März.
Die Sanktionen des Westens gegen Russland haben sich weitgehend als zahnlos erwiesen, da das Ausland weiterhin russisches Öl und Erdgas importiert und damit den Rubel stützt. Auch wenn die Sanktionen gegen Russland bestehen bleiben, rechnet Bloomberg Economics damit, dass das Land in diesem Jahr fast 321 Milliarden Dollar mit Energieexporten verdienen wird - mehr als ein Drittel mehr als 2021.
Die rasche Erholung des Rubels ist ein Erfolg für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Für die Politiker ist es ein gutes PR-Instrument, wenn sie sagen, dass die Sanktionen keine Wirkung haben. Und es wird dazu beitragen, die Auswirkungen auf die Inflation zu begrenzen", zitiert Bloomberg Guillaume Tresca, Senior-Stratege für Schwellenländer bei Generali Insurance Asset Management.
Doch einige Analysten sagen, dass die jüngste Rallye des Rubels nicht nachhaltig sei. Die Handelsvolumina in der russischen Währung liegen auf dem niedrigsten Stand seit etwa einem Jahrzehnt. US-Finanzministerin Janet Yellen forderte die Abgeordneten im US-Kongress am Mittwoch auf, keine Schlüsse aus der Erholung des Rubels zu ziehen.
Als Reaktion auf die Sanktionen des Westens hat Russland eine Reihe von Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, die unter anderem das Einfrieren von Vermögenswerten ausländischer Investoren und die Aufforderung an russische Unternehmen umfassen, 80 Prozent der von ihnen gehaltenen Fremdwährungen in Rubel umzutauschen.
In der postsowjetischen Geschichte Russlands ist der Rubel-Dollar-Kurs ein wichtiger Wirtschaftsindikator. Als die Hyperinflation Anfang der 1990er Jahre ausbrach, wurde der Kurs von den zahlreichen Wechselstuben übertragen. Er zeigte damals den Zusammenbruch des Rubels. Die Regierung strich drei Nullen, doch nach der Zahlungsunfähigkeit Russlands im Jahr 1998 stürzte der Rubel erneut ab.
Während der Krise 2008 verkaufte Russland Milliarden von Dollar, um die Talfahrt des Rubels zu verlangsamen und einen Ansturm auf die Banken zu vermeiden. Elvira Nabiullina, die Gouverneurin der russischen Zentralbank, beschloss 2014, dieses Risiko einzugehen, als die Sanktionen wegen der Krim-Annexion und der Einbruch des Ölpreises sie dazu veranlassten, ein System flexibler Wechselkurse zuzulassen.
Heute profitiert Russland davon, dass andere Staaten sein Öl und Gas kaufen. Auf diese Weise erhält Russland einen Leistungsbilanzüberschuss - das heißt, dass das Land mehr exportiert, als es importiert, wodurch die Währung des Landes tendenziell aufwertet. Dies ist der Hauptgrund, warum die Finanzsanktionen gegen Russland fehlgeschlagen sind.
"Ein Leistungsbilanzüberschuss sollte eigentlich eine weitere Quelle der Stabilität für den Rubel sein", sagt Brendan McKenna, ein Stratege bei Wells Fargo Securities LLC. "Wenn die Energiepreise hoch bleiben und die großen Importeure russischer Energie und Rohstoffe weiter einkaufen, sollte die Leistungsbilanz einen Überschuss aufweisen."
"Da sich die russische Wirtschaft und der Finanzsektor an ein neues Gleichgewicht aus Kapitalkontrollen, kontrollierten Preisen und wirtschaftlicher Autarkie anpassen, ist es nicht überraschend, dass sich einige der inländischen Märkte stabilisieren", sagt Elina Ribakova und Benjamin Hilgenstock, Ökonomen am Institute of International Finance.
Zudem ist es Russland vorerst gelungen, einen Zahlungsausfall abzuwenden. Am Mittwoch hat das Land erstmals Zahlungen für zwei Fremdwährungsanleihen nicht in Dollar, sondern in Rubel geleistet. Da der Westen seine Devisenreserven im Wert von rund 300 Milliarden Dollar beschlagnahmt hat, will Moskau dies auch künftig so handhaben.