Der größte Hersteller von Nutzfahrzeugen in Europa, der US-Autobauer Ford, hat am Freitag in seinem Werk in der nordwesttürkischen Provinz Kocaeli damit begonnen, die ersten vollelektrischen Transporter der Marke "E-Transit" auszuliefern. Wie das Unternehmen in einer Erklärung mitteilt, haben die Kunden bereits mehr als 5.000 Exemplare bestellt. Deswegen läuft die Herstellung gleich zu Beginn mit voller Auslastung.
Damit macht Ford einen wichtigen Schritt, um sein Modell "Transporter" zu elektrifizieren. Die Strategie sieht vor, dass der E-Transit bis 2024 durch vier weitere neue vollelektrische Modelle der Transit-Familie ergänzt wird. Ford will beim Verkauf von Nutzfahrzeugen bis 2035 Klimaneutralität erreichen. "Dies ist ein großer Transformationsschritt am Standort Kocaeli, hin zu einem bedeutenden Zentrum zur Herstellung von elektrifizierten Ford-Nutzfahrzeugen für europäische Märkte", sagte der Vertreter von Ford, Hans Schep.
"Wir verstehen den Fertigungsbeginn als echten Meilenstein und wir sehen, dass wir eine zunehmend relevante Rolle in der Elektrifizierungsstrategie von Ford einnehmen", sagte Güven Özyurt, General Manager von Ford Otosan, der türkischen Tochter von Ford, die das Werk betreibt. "Wir glauben, dass mit der Elektrifizierung des legendären Transit-Modells ein wichtiger technologischer Schritt erfolgt ist und dass sich Ford Otosan zu einer zentralen Produktionsbasis für elektrifizierte Nutzfahrzeuge in Europa entwickeln kann", fügte der Manager hinzu.
Wie sehr Ford auf die Türkei als Produktionsstandort für E-Nutzfahrzeuge setzt, wird auch an den Investitionsvolumina deutlich, die der US-Autobauer in das Otosan-Werk gesteckt hat: So haben die US-Amerikaner zwei Milliarden Euro in das Werk investiert. Zusätzlich haben sie die Anzahl der Beschäftigten auf rund 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhöht. Ziel ist die generelle Steigerung der Produktionskapazität, auch hinsichtlich des "Ford Transit Custom" der nächsten Generation - eines Kleintransporters, der seit der zweiten Hälfte 2012 angeboten wird.
Darüber hinaus rüstet Ford bei der Produktion von E-Batterien auf. So hat der Hersteller eine Absichtserklärung mit dem türkischen Industriekonglomerat Koç Holding und dem südkoreanischen Batterie-Produzenten SK On Co unterzeichnet, um ein neues Gemeinschaftsunternehmen zu gründen. Die Partner wollen die größte EV-Batterieanlage in Europa errichten. Die Produktion soll bereits Mitte des Jahrzehnts mit einer jährlichen Kapazität von voraussichtlich 30 bis 45 Gigawattstunden starten.
Ford plant größte E-Batteriefabrik in Europa
Wenn die Unternehmen tatsächlich ihr Projekt umsetzen, dann wäre das neue Batterie-Werk bis zu dreimal leistungsfähiger als die neue Fabrik in Thüringen, die gerade der chinesische Produzent CATL baut. Mit einer jährlichen Leistung von 14 Gigawattstunden soll dieser Betrieb sogar die größte E-Batteriefabrik Europas werden. Dafür haben die Chinesen gerade die zweite Teilgenehmigung erhalten. Die Investitionsvolumina liegen hier bei 1,8 Milliarden Euro. In der zweiten Jahreshälfte soll die Herstellung beginnen. Insgesamt werden hier 2.200 Arbeitsplätze geschaffen.
Allerdings existiert die neue Fabrik für E-Batterien, die Ford und seine Partner in der Türkei hochziehen wollen, zunächst nur in den Köpfen der Verantwortlichen. Bis es erst soweit ist, werden noch Jahre vergehen. In jedem Fall verspricht die erste Auslieferung von E-Transportern, die der US-Autobauer in Kocaeli gerade in Angriff genommen hat, ein lukratives Geschäft. Denn der Markt für E-Nutzfahrzeuge wird zwischen 2020 und 2028 pro Jahr um 41,1 Prozent regelrecht explodieren. Das haben die Analysten des "Marketsandmarkets" (MAM) errechnet. Die Fachleute sagen, dass die Autobauer 2020 129.000 E-Nutzfahrzeuge ausgeliefert haben. In den kommenden sechs Jahren sollen es mehr als zwei Millionen sein.