Deutschland

Teure Rohstoffe setzen deutsche Baubranche unter Druck

Die Baubranche in Deutschland klagt über steigende Rohstoffpreise. Doch aus der Krise ergeben sich für einige auch neue Chancen.
09.04.2022 09:56
Lesezeit: 2 min

Preissteigerungen auf den Rohstoffmärkten, die nicht zuletzt am Krieg in der Ukraine liegen, zwingen die deutsche Bauwirtschaft zu Konsequenzen. Dazu gehören nach Einschätzung des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB) die verstärkte Nutzung heimischer Rohstoffe, die häufigere Wiederverwendung von Baumaterialien und eine Diskussion um Freihandelszonen. «Der russische Angriff auf die Ukraine hat deutlich mehr Auswirkungen auf die deutsche Bauwirtschaft, als man das vermutet hat», sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa der Deutschen Presse-Agentur.

«Über die Abhängigkeit von den fossilen Rohstoffen wie Kohle und Öl waren wir uns alle ungefähr im Klaren. Aber wir stellen auch fest, dass wir in der Bauwirtschaft erheblich abhängig sind von Materiallieferungen aus Russland, der Ukraine und Belarus», so der Verbandsgeschäftsführer. «Fast 40 Prozent des auf Baustellen in Deutschland verbauten Stahls kommt direkt oder als Grundprodukt aus diesen drei Ländern.» Die Preise für Stahl, aber auch für Holz und für das im Straßenbau wichtige Betumen seien deutlich gestiegen. «Wir stellen fest, ähnlich wie bei der Energieversorgung: Wir müssen unabhängiger werden von den Produkten aus Russland», sagte Pakleppa.

Dazu gehöre zum Beispiel, mehr über die Nutzung heimischer Rohstoffe nachzudenken. «Wir haben vieles bei uns im Land, es wird aber ungern abgebaut», kritisierte der Verbandsgeschäftsführer. «Welcher Landrat hat Lust, eine Gips- oder Sand- und Kiesgrube in seinem Gebiet zu bewilligen? Darüber werden wir mehr sprechen müssen.»

Dringend nötig sei auch eine neue Diskussion über Freihandelszonen der demokratischen Länder. «Wir brauchen große Freihandelszonen, damit wir bei Konflikten mit Russland - und China - in Zukunft weniger verletzlich und anfällig sind.» Darüber hinaus sei die Wiederverwendung von Baumaterialien nicht nur aus Klimaschutzaspekten, sondern auch zur Kosteneinsparung ein großes Thema, sagte Pakleppa.

Ähnlich sieht das der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. «Die aktuelle Krise kann auch zu einer Beschleunigung mit Blick auf die Entwicklungen beim nachhaltigen Bauen führen», sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Tim-Oliver Müller. Wichtig sei es, sich Gedanken darüber zu machen, welche Rohstoffstrategie sowohl in Deutschland als auch in Europa verfolgt werden sollte.

«Die Frage ist: Wo können wir Abhängigkeiten reduzieren, die heute bestehen und uns jetzt in diese Lage gebracht haben.» Dazu gehöre auch das Thema, wie sich Baustoffkreisläufe anders organisieren ließen. «Zum Beispiel über Recycling», sagte Müller. Die Krise könne aber auch dazu führen, die Baustoffforschung so zu intensivieren, dass vielleicht Alternativen für den ein oder anderen Baustoff gefunden würden. «Das wird momentan zu wenig gefördert, auch von der öffentlichen Hand.»

Pakleppa sieht auch beim Thema mineralische Bauabfälle, etwa Beton und Steine, noch Potenzial. Nur der kleinste Teil davon werde wiederverwendet. «Da haben wir richtig Luft nach oben.» Allerdings gebe es das Problem, dass Recyclingbaustoffe von Bauherren noch viel zu selten nachgefragt würden - wegen des Vorurteils, sie seien schlechter als neue Baustoffe. «Hier muss die öffentliche Hand viel mehr Vorbildfunktion übernehmen», verlangte Pakleppa. Notwendig sei außerdem eine Kennzeichnung der Recycling-Baustoffe als Bauprodukt. «Dann gibt es diese Vorurteile nicht mehr.»

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Wirtschaft am Limit: Arbeitgeber fordern radikale Reformen!
24.02.2025

Bürokratie, hohe Abgaben und Fachkräftemangel setzen Unternehmen unter Druck. Ohne schnelle Maßnahmen droht der Standort Deutschland an...

DWN
Politik
Politik Wahlsieger Merz: Trotz Wermutstropfen Rambo-Zambo
23.02.2025

Der CDU-Chef bringt den Vorsprung aus den Umfragen ins Ziel: Die Union gewinnt die Bundestagswahl. Doch ein wichtiges selbstgestecktes Ziel...

DWN
Politik
Politik Historisches Debakel für die SPD: Scholz' Tage sind gezählt
23.02.2025

Trotz Widerstands innerhalb seiner Partei wollte er es noch einmal versuchen – und ist kläglich gescheitert. Die kürzeste Amtszeit...

DWN
Politik
Politik Erwartungen verfehlt: FDP erleidet mit Lindner herbe Wahlniederlage
23.02.2025

Die FDP bleibt unter den eigenen Erwartungen und hat sich von der Krise in der Ampel-Koalition nicht erholt. Parteichef Lindner und seine...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: Union gewinnt vor AfD, Fiasko für die SPD - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...