Deutschland

Wegen höherer Kontogebühren: Kunden klagen gegen deutsche Banken

Vor einem Jahr hatte der Bundesgerichtshof die Rechte der Kunden bei Kontogebühren gestärkt. Doch der Ärger hält an, sogar die Bafin greift nun ein.
20.04.2022 07:25
Lesezeit: 2 min

Bankkunden sind verärgert, die Finanzaufsicht Bafin beschäftigt sich mit «auffällig» gewordenen Kreditinstituten und Verbraucherschützer klagen: Ein Jahr nach dem Bankgebühren-Urteil des Bundesgerichtshofs sorgt die Umsetzung der Entscheidung in der Praxis für Streit. Banken und Sparkassen wiederum klagen über zusätzlichen Aufwand.

Der BGH hatte am 27. April 2021 entschieden, dass Kreditinstitute bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Geldhäuser müssen daher nachträglich um Zustimmung zu aktuellen Gebühren bitten. Zudem können Bankkunden Gebühren zurückfordern, die Institute ohne explizite Einwilligung erhoben haben.

Einige Geldhäuser weigern sich jedoch, zu Unrecht erhobene Gebühren zurück zu zahlen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) erhob daher Ende vergangenen Jahres Klagen gegen Gebührenerhöhungen von zwei Sparkassen. Dem haben sich in beiden Fällen bislang jeweils mehrere hundert Verbraucher angeschlossen und damit deutlich mehr als die für Musterfeststellungsklagen nötigen mindestens 50 Betroffenen.

Nach Angaben des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) gingen zwischen Juni 2021 und Februar 2022 bei Verbraucherzentralen mindestens 3200 Beschwerden im Zusammenhang mit dem BGH-Urteil ein. In weiteren 4600 Fällen holten sich Verbraucher Rat bei den Experten.

In manchen Fällen wird Kunden, die Entgelte zurückforderten, auch das Konto gekündigt oder damit gedroht. Aus Sicht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist dies ein «dreister und unseres Erachtens rechtswidriger Versuch», Bankkunden davon abzuhalten, ihre Rechte durchzusetzen. Allein die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg klagt aus unterschiedlichen Gründen im Zusammenhang mit der Umsetzung des BGH-Urteils gegen insgesamt fünf Kreditinstitute. In bislang zwei Fällen blitzten die Verbraucherschützer vor dem Landgericht Stuttgart ab (Az. 2 U 34/22)/ (Az.35 O 135/ 21 KfH) und legten Berufung ein.

Auch die Finanzaufsicht beobachtet die Umsetzung des Urteils nach eigenen Angaben sehr genau. «Mit Instituten, die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Urteils auffällig geworden sind», führe sie Aufsichtsgespräche, erklärt die Behörde.

Bereits im vergangenen Oktober hatte die Aufsicht die Geldhäuser gemahnt, sie sollten das Urteil der Karlsruher Richter beachten, «alle notwendigen Schritte umgehend einleiten und dabei fair mit ihren Kundinnen und Kunden umgehen». Erstattungsverlangen der Kunden sollten zeitnah umfassend geprüft und zu Unrecht erhobene Gebühren und Entgelte umgehend erstattet werden. Es stehe den Kunden zu, Erstattungsansprüche geltend zu machen. «Die Ausübung dieses Rechts kann daher keine unmittelbare Kündigung der Geschäftsverbindung zur Folge haben.»

Der Ärger von Bankkunden ist nach wie vor groß, wie auch aus aktuellen Zahlen der Bafin hervorgeht: Allein im ersten Quartal 2022 gingen rund 750 Beschwerden bei der Behörde im Zusammenhang mit dem Gebührenurteil ein. Im vergangenen Jahr waren es bereits rund 1980 Beschwerden. Dabei ging es vor allem um die Erstattung von Kontoführungsentgelten. Verbraucher beschwerten sich aber auch über die Vorgehensweise einiger Institute bei der Vereinbarung neuer AGBs. Teilweise hätten sich Kunden unter Druck gesetzt und zur Zustimmung genötigt gefühlt.

Banken und Sparkassen wiederum beklagen, dass «die Einholung der Zustimmung von Kunden im Massengeschäft mit einem enormen zusätzlichen Aufwand für beide Vertragsparteien verbunden ist». Auch seien es viele Kunden gar nicht gewohnt, auf das Vertragsänderungsangebot reagieren zu müssen, erläuterte die Deutsche Kreditwirtschaft, der Dachverband der fünf großen Bankenverbände in Deutschland. «Kreditinstitute müssen daher in etlichen Fällen bei ihren Kunden nachfassen.»

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Open Source: Warum Gemeinschaftsprojekte die Basis für Innovation bilden

Was einst als Nischenphänomen engagierter Entwickler begann, ist heute ein globales Innovationsökosystem, das von Freiwilligen,...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie KI im Fokus: Wie Künstliche Intelligenz das Gesundheitswesen günstiger machen könnte
22.10.2025

Künstliche Intelligenz verändert das Gesundheitswesen und könnte Diagnosen schneller und kostengünstiger machen. Besonders in der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrie: Was hinter dem Misstrauen gegenüber der Merz-Regierung steckt
22.10.2025

Die deutsche Industrie steht vor einem Nervenzusammenbruch: Energiepreise, Bürokratie und globale Konkurrenz rauben ihr die Perspektive....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktienmarkt: Warum die nächste Rekordrally näher ist als der Crash
22.10.2025

Nach den Kursstürzen an den Börsen herrscht Unruhe, doch die Panik bleibt aus. Während regionale US-Banken wanken und Investoren über...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Chipkrise durch Nexperia-Lieferstopp: VW warnt vor möglichen Engpässen
22.10.2025

Die Krise um den Chip-Zulieferer Nexperia spitzt sich zu. VW schließt kurzfristige Engpässe nicht mehr aus.

DWN
Immobilien
Immobilien Preisdynamik am Mietmarkt: Mietanstieg auf Immobilienportalen schwächt sich ab
22.10.2025

Die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt ist hoch, doch die Preisdynamik verlangsamt sich. Was ist die Ursache? Der Experte des Kiel Instituts...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis auf Rekordniveau: Warum Anleger jetzt vorsichtig sein sollten
22.10.2025

Der weltweite Goldhandel boomt wie nie zuvor. Doch hinter glänzenden Preisen lauern Risiken: Gold kann entweder Sicherheit oder Rendite...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sanierungsfall Webasto: Rettungsplan für den Autozulieferer scheint in trockenen Tüchern
22.10.2025

Der Rettungsplan für den Automobilzulieferer Webasto steht: Der für seine Autodächer und Standheizungen bekannte Zulieferer hat seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus im Wandel: Exklusive Erlebnisse lösen materiellen Besitz als Statussymbol ab
22.10.2025

Der Luxusmarkt steht vor einem Wandel. Trotz steigender Vermögen der Superreichen schrumpfen traditionelle Segmente, während sich...